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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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rüschenbesetzten V-Ausschnitt wirklich eine gute Idee gewesen? Sie zog am Saum, vergeblich bemüht, ihre Knie zu bedecken. Sie war eindeutig overdressed. Unbewusst hatte sie etwas Verführerisches ausgesucht.
    Wie üblich fuhr er schnell. Cari lehnte sich zurück und genoss den Blick auf die vorbeieilende Landschaft. Es war noch hell, und sie liebte diese gewundene Küstenstraße nach Lerici, die verlockenden Ausblicke auf den blauen Golf von Genua zwischen Pinien und Jasminbüschen hindurch, die schmiedeeisernen, mit Bougainvilleen oder Glyzinien bewachsenen Tore, die zu am Strand gelegenen Villen mit Pool und Zitronenbäumen führten.
    Allmählich gelang es ihr, sich zu entspannen. Die Stimmung beim Abendessen mit Enrico und Aurelia war unbehaglich gewesen. Die zwei hatten kaum ein Wort gesprochen. Hatte sie den Keil zwischen den beiden noch tiefer getrieben? Sollte sie vielleicht lieber wieder ausziehen?
    Als sie die Beine übereinanderschlug, spürte sie Marcos Blick. Doch sie hatte keine Lust auf Smalltalk und er offenbar ebensowenig. Sie würden später reden.
    Es war verständlich, dass Aurelia nach ihrer Unterhaltung im Labyrinth über Tasmin, Richard und Gail ihren Gedanken nachhing. Wie schrecklich das gewesen sein musste, die beiden in solch einer eindeutigen Situation in der Küche anzutreffen. Der eigene Mann!
    Aber es war wirklich frustrierend. Warum sah ihre Großmutter das nicht ein – hätte sie damals nur ein klein bisschen mehr an sich selbst gedacht und Tasmin von dem Vorfall erzählt, dann hätte Tasmin vielleicht viel früher erkannt, was für ein Mensch ihr Vater wirklich war. Wer weiß? Vielleicht hätte sie dann den Kontakt mit ihrer Mutter nicht abgebrochen. Womöglich wäre sie sogar mit Aurelia nach Italien gegangen … So aber schien die Schuld bei Aurelia zu liegen, und Richard war fein heraus. Meine Güte, dieser Mann hatte wirklich eine Menge zu verantworten!
    Draußen wurde es allmählich dunkel, obwohl der Mond, der immer noch voll war, einen Lichtkegel aufs Meer zauberte. War das ein gutes Zeichen? Was musste Tasmin empfunden haben, als sie nach all den Jahren entdeckte, dass der so abgöttisch geliebte Vater versucht hatte, ihre fünfzehnjährige Freundin zu vergewaltigen? Sie schauderte. Das konnte nicht leicht gewesen sein.
    »Du bist so still.« Marco griff nach ihrer Hand und drückte sie kurz. »War es schwierig wegzukommen?«
    »Überhaupt nicht.« Aurelia war ausgegangen, und Enrico hatte gewirkt, als wolle er allein sein. »Aber warum holst du mich nie direkt am Haus ab?«
    Sein Griff ums Lenkrad wurde fester. Oh, Vorsicht, Minenfeld!, dachte Cari.
    »Ich glaube, das wäre keine gute Idee«, antwortete er. »Vertrau mir!« Er bremste scharf, weil ihnen ein Auto entgegenkam.
    Vertrau mir, vertrau mir … Allmählich hatte Cari diesen Satz oft genug gehört. »Kennst du meine Großmutter?«, bohrte sie. »Ist es das?«
    Er presste die Lippen aufeinander. Sie hatten die Küstenstraße verlassen und fuhren nun bergauf. Marco bewältigte die Haarnadelkurven mit der lässigen Selbstsicherheit eines Menschen, der eine Strecke in- und auswendig kennt. Cari war gespannt. Wieder einmal hatte sie nicht die leiseste Ahnung, wo sie sich befand. Wieder einmal hatte Marco sie ins Unbekannte entführt.
    »Ich kenne sie nicht«, meinte er. »Jedenfalls nicht persönlich. Aber ich habe von ihr gehört.«
    Sie wurde dieses Gefühl nicht los … Hatte es mit Stefano zu tun? Es war doch komisch – das hatte Aurelia auch gesagt –, dass Stefano kurz nach ihrer, Caris, Ankunft verschwunden war.
    Marco bog von der Straße ab und brachte den Wagen auf einem Stück Ödland mit einem kleinen, baufälligen Schuppen abrupt zum Stehen.
    »Sind wir schon da?« Cari hatte nicht unbedingt ein Fünf-Sterne-Hotel erwartet, aber zumindest hätte die Umgebung etwas, nun ja, romantischer sein können.
    Seine schwarzen Augen funkelten. Bisher ging ja alles glatt. Eine kurze Fahrt entlang der Straße der Verführung, und schon waren sie beide in Stimmung.
    »Komm!« Er stieg aus. Diesmal hielt er ihr die Wagentür nicht auf.
    Na toll!, dachte Cari. Wohin kommen? Sie kletterte aus dem Auto und schlug heftig die Tür zu. Marco war bereits meterweit entfernt, bald würde ihn die Dunkelheit verschluckt haben.
    Im Gehen drehte er sich um. »Was ist mit Dan?«, fragte er mürrisch. Sein Gesicht konnte sie zwar nicht sehen, aber sie hörte es an seiner Stimme.
    »Ich habe mit ihm gesprochen.« Sie versuchte ihn

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