Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)
umschlungen.
»Das ist der romantischste Ort auf der ganzen Welt, Cari«, sagte er.
»Ich weiß.« Mit einem Kuss brachte sie ihn zum Schweigen.
Am nächsten Tag nahm Enrico Cari wie vereinbart nach Genua mit. Er hatte dort etwas Geschäftliches zu erledigen, und Cari wollte nach einem geeigneten Stoff für Carmellas Kleid Ausschau halten. Außerdem hatte sie beschlossen, ein Internet-Café aufzusuchen. Sie hoffte auf eine Nachricht von Dan – alte E-Mails waren sicher auch da, aber vielleicht auch ein paar Zeilen, die ihr verrieten, ob er das, was sie am Telefon gesagt hatte, auch verstanden hatte.
Zum Glück schwieg Enrico die meiste Zeit. Cari war so von den Gedanken an Marco in Anspruch genommen, dass sie keine richtige Unterhaltung hätte führen können. Marco …
Nachdem sie sich geliebt hatten … Sie schloss die Augen und ließ alles noch einmal Revue passieren … Er hatte sich aufgesetzt und den Kopf in die Hände gestützt.
»Was ist los?«, hatte sie gefragt, und all die schönen Gefühle der Leidenschaft und Liebe waren zu einem dicken Knoten der Angst in ihrer Brust zusammengeschrumpft, der sie zu ersticken drohte.
»Wir hätten das nicht tun sollen«, murmelte er.
»Warum nicht?« Wer war denn hier der Feigling?
Cari bemerkte, dass sie stocksteif, mit hochgezogenen Schultern, dasaß. Enrico raste – natürlich – zum Klang klassischer Musik über die autostrada und verbarg, was in ihm vorgehen mochte, hinter seiner Sonnenbrille. Er konnte schließlich auch nicht wissen, was sie dachte. Cari ließ die Schultern fallen und zwang sich zu entspannen.
»Weil ich weiß, dass ich dich verlieren werde«, hatte Marco gesagt.
Der Druck in ihrer Brust ließ ein wenig nach.
»Weshalb denn?«, wollte sie wissen, packte ihn an der Schulter und zwang ihn, sie anzusehen.
»Ach, Cari …« Er streichelte ihr Gesicht.
»Was?« Am liebsten hätte sie ihn angeschrien. Noch mehr Geheimnisse?
»Ich bringe dich jetzt besser nach Hause.«
Und obwohl er ihre Hand nahm, als sie zurück zum Maserati gingen, obwohl er ihr die Wagentür aufhielt und sie zum Abschied vor La Sirena zärtlich küsste und wisperte: » Sogni d’oro , träum süß, meine Liebste«, war Cari immer noch unsicher und verwirrt.
Gegen vier Uhr nachmittags hatte Cari den perfekten Stoff für Carmellas Hochzeitskleid gefunden – scharlachroten Seidenchiffon, stilvoll und doch gewagt. Außerdem erstand sie Crêpe de Chine und Pailletten und riskierte auch die Federn für den Haarschmuck. Er würde der Hochzeitsgarderobe die grenzenlose Eleganz verleihen, die ihr vorschwebte. Sie konnte es kaum erwarten anzufangen.
Im Internet-Café tippte sie ihre Adresse ein. Eine Menge E-Mails von Dan, die sie rasch überflog. Alle aus der Zeit vor dem Telefonat, in denen er ihr seine Liebe beteuerte. Er vermisse sie und sehne sich nach ihrer Rückkehr. Alles würde anders werden. Er hat Recht, dachte Cari düster, es wird tatsächlich alles anders werden.
Zu ihrer Überraschung fand sie auch eine Nachricht von Edward vor. Sie hatte hier in Italien selten an Edward gedacht, aber jetzt wurde ihr bewusst, dass er ihr gefehlt hatte. Er war nicht nur ihrer Mutter, sondern auch ihr ein guter Freund gewesen und seit Tasmins Tod ihre wichtigste Stütze. Vielleicht etwas wegen der Ausstellung? Erwartungsvoll öffnete sie die E-Mail. Und las die Worte mit wachsendem Entsetzen. Sie musste nach Hause.
Sie überflog die Nachricht noch einmal und tippte rasch eine kurze Antwort. Ich versuche, so schnell wie möglich einen Rückflug zu bekommen. Bis bald, Cari.
Die E-Mails von Dan beantwortete sie nicht.
K
apitel 35
Als das Flugzeug in den wolkenlosen Himmel aufstieg, musste Cari beim Blick aus dem Kabinenfenster unweigerlich an den berauschenden Helikopterflug mit Marco denken. Die herrliche Küstenlinie! Dieser wunderbare Tag! Eine Offenbarung … Und nun, nicht ganz zwei Wochen später, verließ sie Italien bereits. Allerdings eher unfreiwillig …
Cari versuchte einen allerletzten Blick auf die Terrassen, Felsen und Buchten des Golfs von Genua zu werfen. Ich werde zurückkehren, versprach sie Ligurien, sobald es möglich ist.
Furchtbare vierundzwanzig Stunden lagen hinter ihr. Zum Glück (obwohl ihr das Wort Glück in diesem Zusammenhang eher unpassend erschien) hatte sie sofort einen Flug bekommen. Wie betäubt hatte sie ihren Koffer gepackt, in Gedanken bei anderen Dingen.
Aurelia hatte mit Bestürzung reagiert – so plötzlich … Nun haben wir uns
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