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Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition)

Titel: Das Erbe der Töchter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Hall
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aussprechen«, gab sie zurück.
    »Du gibst ihm den Laufpass?« Edward machte eine Bewegung mit dem Ellbogen.
    Cari ließ die Speisekarte sinken. »Ich habe mehr als einmal versucht, es ihm vor meiner Abreise nach Italien schonend beizubringen. Und dann habe ich ihn von Italien aus angerufen …«
    »Manche Menschen weigern sich einfach zuzuhören.« Edward winkte den Ober herbei, der ihre Bestellung aufnahm.
    Kurz darauf kam er mit dem Wein zurück und füllte ihre Gläser.
    »Glaubst du, meine Mutter war auch so?«, fragte Cari Edward, als der Ober wieder gegangen war. Schließlich hatte Tasmin immer stur darauf beharrt, dass es für Cari nicht nötig sei, etwas über ihre Familie zu wissen, und war für keine Argumente zugänglich gewesen. »Hat sie früher jemals auf etwas gehört, was ihr nicht in den Kram gepasst hat?« So hatte sie Cari beispielsweise nie zugehört, wenn diese mit ihr über die Partys, die Drogen und ihren Tanz am Abgrund sprechen wollte.
    Edwards Miene verdüsterte sich. »Sie hatte immer, hm, sagen wir mal, sehr feste Ansichten«, räumte er ein. »Über bestimmte Themen hat sie mit sich reden lassen, über andere nicht.« Bei diesen Worten sah er traurig aus. Vermisste er Tasmin? Oder dachte er dabei an etwas Bestimmtes?
    »Wie beispielsweise die Beziehung zu ihrer Mutter?«, schlug Cari vor.
    Edward nahm die Brille ab, legte sie zusammen und steckte sie in die Jackentasche. »Ein gutes Beispiel«, pflichtete er bei. »Aber ich habe es nicht für meine Aufgabe gehalten, dies zu kommentieren, Cari. Ich würde mir niemals anmaßen, mich in eine Beziehung zwischen Mutter und Tochter einzumischen.«
    Cari nahm einen Schluck von ihrem Wein – einem roten, fruchtigen Carcassonne. Edward verstand sich auf Wein. Und auf Restaurants. Dieses war klein und gemütlich, ohne dass man sich eingeengt fühlte. Die Tische standen weit genug auseinander, um eine gewisse Privatsphäre zu garantieren, und der Ober hielt sich stets in der Nähe auf, wahrte aber dennoch einen angemessenen Abstand. Mit der schlichten Innenausstattung in Weinrot und Creme erinnerte es entfernt an ein französisches Bistro.
    »Und was ist mit der Beziehung zwischen Vater und Tochter?«, fragte Cari. »Was war mit Tasmin und Richard?« Noch nie hatte sie sich über diese Dinge mit Edward unterhalten. Aber sie wollte wissen, was sich da abgespielt hatte. Edward hatte es schließlich miterlebt. Er hatte ihre Mutter bereits als Achtzehnjährige gekannt. Aurelia hatte erzählt, wie eng die Beziehung zwischen Tasmin und Richard gewesen war, wie abgöttisch Tasmin ihren Vater geliebt hatte, der in ihren Augen ohne Fehl und Tadel gewesen war. Aber was war zwischen den beiden geschehen, nachdem Aurelia fortgegangen war?
    Edward blickte sie eindringlich an. »All diese Fragen kann dir doch sicherlich das Tagebuch deiner Mutter beantworten«, sagte er freundlich.
    »Ach, komm schon, Edward!« Er wich ihr aus, darüber waren sie sich beide im Klaren. Das Tagebuch ihrer Mutter enthielt nur einen kleinen Teil der Geschichte. Zudem hatte Cari mit der Lektüre so gut wie aufgehört. Sie war sich nicht sicher, ob sie noch mehr wissen wollte, denn eigentlich wusste sie schon genug. Manchmal tat die Wahrheit weh. Und manchmal hatte Cari das Gefühl, auf die Folter gespannt zu werden. Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt, wenn sie in Tasmins Aufzeichnungen las, und das war ihr oft zu viel.
    Bevor Edward etwas entgegnen konnte, brachte der Ober die Vorspeisen – Miesmuscheln für Cari und Jakobsmuscheln für Edward. Sie wollte Edward begreiflich machen, wie schwer ihr die Lektüre von Tasmins Tagebuch gefallen war. Wie jeder Absatz sie in die Welt ihrer Mutter versetzt hatte – eine Welt, von der sie vor Tasmins Tod keinerlei Vorstellung gehabt hatte. Dass es manchmal einfach zu schmerzhaft war, um weiterzulesen.
    Edward breitete die Serviette über seinen Schoß. »Mir ist nicht ganz klar, was genau du wissen willst«, bemerkte er.
    Das wusste Cari auch nicht. Alles war wohl zu viel verlangt. »Du hast ihn doch gekannt?«, fragte sie. »Du hast Richard gekannt, meinen … Großvater?«
    »Nicht besonders gut.« Er spießte eine Muschel und ein Rucolablatt auf und tunkte die Gabel in die Soße. »Ich habe ihn nur ein paar Mal kurz vor seinem Tod getroffen.« Als er die Gabel zum Mund führte, hielt er inne. »Du weißt offenbar von seinen Problemen?«
    Welche meinte er? Seine zahllosen Affären? Seine Unfähigkeit, Arbeit zu finden? Die

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