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Das Erbe des Blutes - Roman

Titel: Das Erbe des Blutes - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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doch faszinierend Ästhetisches, wie sie da so beleuchtet auf den Regalen in ihren Glasbehältern standen. Wie eine albtraumhafte Apotheke. Jetzt wusste er, was die berühmt-berüchtigten britischen Künstler - aus seiner voreingenommenen Sicht alles Scharlatane und Wichtigtuer - inspiriert hatte. Kühe zu zerstückeln und einzuwecken war nichts Neues.
    Nigel liebte neue Entdeckungen wie diese, versteckte Orte, an denen die Vergangenheit Londons bewahrt wurde. In diesem Fall sogar wortwörtlich. Wieder einmal wurde die Uhr zurückgedreht, und er tauchte immer tiefer in
die Atmosphäre der damaligen Zeit ein. Eine Welt voller Krankheiten, barbarischer Behandlungsmethoden und Experimente. Eine Welt an der Zeitenwende.
    Es ermutigte ihn, dass es einen Ort wie diesen gab. Eine jahrhundertealte Sammlung anatomischer und chirurgischer Artefakte, anhand derer die Geschichte der modernen Chirurgie aufs Anschaulichste wiedergegeben wurde. Nur in London, dachte er. Nur in dieser traditionsverhafteten Stadt konnte es einen Ort geben, an dem die Öffentlichkeit konservierte Gebärmütter, die Glieder von Neugeborenen und kleine Faultiere in Reih und Glied besichtigen konnte. Er sah sich um und vermutete, dass die meisten Besucher hier wohl Medizinstudenten waren, vielleicht befanden sich auch ein paar Kunststudierende darunter, die mit äußerster Konzentration ihre Skizzen anfertigten.
    Er hatte sich ohnehin schon länger als beabsichtigt in einem Teil des Museums aufgehalten, wo frühe chirurgische Instrumente ausgestellt wurden, und war entsetzt über den gräßlichen Anblick. In makabren Bildern hatte er sich die Schmerzen ausgemalt, die sie wohl bei den unbetäubten Patienten ausgelöst haben mochten. Nigel hatte erwartet, einige rostige Skalpelle und künstliche Skelette zu sehen. Stattdessen hatte er ein paar plüschig dekorierte Räume betreten, die den Eindruck vermittelten, als wären sie eine Mischung aus einer grauenerregenden Kunstinstallation und dem Set eines Cronenberg-Films.
    Er fragte sich, wer wohl die Leute gewesen sein mochten, deren Organe hier ausgestellt wurden, wessen Leber, Herz und Nieren man unsterblich gemacht hatte. Vielleicht hatten Grabräuber sie John Hunter gespendet, jenem Pionier der Chirurgie des 18. Jahrhunderts, dessen Sammlung dies
hier war. Nigel wusste, dass diese Menschen ihren Lebensunterhalt damit verdienten, indem sie Leichen an medizinische Fakultäten zum Sezieren und Studieren verkauften, je frischer, desto besser.
    Er warf einen Blick in die Broschüre, die er am Eingang mitgenommen hatte. Fairbairns Skelett befand sich im Zwischengeschoss.
    Weiter oben, wo es weniger überfüllt war, gab es weitere Ausstellungsstücke. Dort wurde die Geschichte der modernen Chirurgie noch detaillierter erzählt. Nigel ließ den Blick durch den Raum schweifen, bis er an einem Glaskasten hängen blieb, in dem ein Skelett ausgestellt war.
    Als er näher kam, konnte er sehen, dass es sich um das unansehnliche Skelett eines hochgewachsenen Mannes handelte, in etwa Fosters Größe. Die Augenhöhlen waren riesige dunkle Einbuchtungen; der Brustkorb wirkte breiter als jeder andere Teil des Körpers, abgesehen von den Schultern.
    Nigel suchte den Schaukasten nach einer Beschreibung ab und entdeckte eine kleine Inschrift unten neben den Füßen des Skeletts.
    »Eke Fairbairn. Mörder«, las er. »Die Sezierung hingerichteter Krimineller wurde im Jahre 1832 gesetzlich verboten. Im Fall außergewöhnlicher Umstände erteilten der Innenminister und die Familie des Hingerichteten jedoch ihre Zustimmung, dass sein Körper dem Royal College of Surgeons zu Studienzwecken übergeben wurde. Seither stand Fairbairns Skelett im Museum.«
    Nigel richtete sich auf und betrachtete die Knochen des riesigen Mannes genauer. Er war kein medizinischer Experte, aber er konnte an einigen Körperteilen Brüche und Risse erkennen, so am rechten Schien- und Schlüsselbein.
Der Kopf wirkte deformiert. Aber war das ein Wunder angesichts der Tatsache, dass das Skelett seit hundertfünfundzwanzig Jahren in diesem Schaukasten stand und in dieser Zeit wahrscheinlich mehrfach herausgenommen und bewegt worden war? Wahrscheinlich ein Fall von ganz normaler Abnutzung. Er erinnerte sich vage daran, dass in den Zeitungsberichten, die er am Vortag gelesen hatte, von einem Hinken die Rede war. Der Beklagte hatte unsicher gestanden, und irgendetwas war mit seinem Arm nicht in Ordnung gewesen, ein Hinweis auf eine in der viktorianischen Zeit

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