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Das Erbe des Greifen

Titel: Das Erbe des Greifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl A. DeWitt
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die Augen geschlossen. Das Gras um sie herum war voller Blut und zeigte die Spuren eines Kampfs, doch von den Kronoks war weit und breit nichts zu sehen. Der Bolzen des Scharfschützen steckte noch immer im linken Auge des Priesters, dessen Kopf Meliande aber offenbar vom Rumpf getrennt hatte.
    »Seid Ihr wohlauf, Sera?«, fragte Hendriks mit zögerlicher Stimme. Im ersten Moment fürchtete er, Meliande wäre tot, so still saß sie da, doch dann hob sich ihre Brust unter einem mächtigen Atemzug, und sie öffnete die Augen.
    »Ja«, sagte sie, während sie sich langsam erhob. »Es geht mir gut.«
    Hendriks’ Augen suchten nach möglichen Verletzungen, doch ihre Rüstung schien intakt zu sein, nur etwas Blut an einem ihrer Schwerter zeugte davon, dass sie einen Kampf gefochten hatte. Sie wirkte sehr erschöpft.
    »Was ist geschehen?«, fragte Hendriks.
    Meliande antwortete nicht sofort. Sie bückte sich und säuberte die blutige Klinge im Gras, dann stieß sie die Schwerter wieder zurück in die Scheiden. Einer der Männer brachte ihr das Pferd, und sie saß auf.
    »Ein Kronok kam heran«, begann sie zögernd. »Er forderte mich zum Zweikampf. Ich gewann. Die anderen Kronoks nahmen den toten Kameraden auf und ritten davon.« Sie sah auf den Priester herab. »Der hier schien mit dem Sterben Schwierigkeiten zu haben, er zuckte noch, als ich ihn erreichte, und fast schien es mir, als wolle er sich wieder erheben, also war ich ihm dabei behilflich, zu seinem Gott zu finden.«
    Hendriks nickte, mehr um zu zeigen, dass er ihre Worte vernommen hatte, als dass er deren Sinn verstand.
    »Wie war es Euch möglich, den Kronok zu besiegen?«, fragte er verwundert.
    »Ich habe im Kampf betrogen und Magie benutzt. Es ist eine alte Kunst, wenn man es Kunst nennen will … ein Duell so zu bestreiten galt schon immer als unehrenhaft.«
    »Auch wenn es gegen einen Kronok ging?« Hendriks schüttelte entschieden den Kopf. »Gegen eine solche Kreatur ist nichts unehrenhaft, das einem einen Vorteil bringt!«
    Ein flüchtiges Lächeln huschte über ihre Lippen.
    »Seht Ihr«, sagte sie dann etwas munterer, »das habe ich mir auch gedacht.« Sie löste ihren Wasserschlauch vom Sattel und trank gierig. Danach sah sie den Hauptmann an.
    »Ich glaube, die Göttin hat meine Gebete erhört.« Ihre Stirn legte sich in Falten. »Zwei oder drei von ihnen hätte ich noch erschlagen können, aber spätestens dann wären meine Kräfte versiegt. Es war ein wahres Wunder, Hauptmann.«
    Hendriks nickte ernst.
    »Von solchen Wundern können wir noch mehr gebrauchen.«
     
    »Ich verstehe, was Ihr meint, mein Freund«, sagte Lamar nachdenklich. »Wenn man auf Wunder angewiesen ist, kann die Lage kaum rosig sein, nicht wahr?«
    »Genau. Aber Gleiches gilt auch für die Magie«, meinte der alte Mann. »Sie hat es so an sich, dass man dann auf sie zurückgreift, wenn nichts anderes mehr helfen mag. Doch weder Magie noch Wunder sollten jemals leichtfertig verwendet werden.« Er lachte leise. »Von den Freunden war es Argor, der am wenigsten von Wundern und Magie hielt. Seiner Meinung nach war beides nur dann nötig, wenn der Meißel schon im Stein festsaß.«
    »Oder der Karren, im Dreck steckte«, meinte Lamar lachend.
    »Auf jeden Fall war es nichts, was man zu häufig benutzen sollte!«, stimmte der alte Mann ihm zu. »Zuerst denken, danach handeln, dann braucht man keine Wunder. Das war Argors Meinung … nur vergaß er, dass man nicht immer an alles denken kann …«

 
Der Reif des Wassers
     
    Am Nachmittag des gleichen Tages brach Argor auf, um sich eine Armbrust zu kaufen. Es fiel ihm nicht schwer, die Taverne »Zum Blauen Ruder« zu finden, auch wenn im Lauf der Zeit die Farbe von dem Erkennungszeichen über der Tür abgeblättert war. Die Sera Leonora hatte Recht, dachte Argor, als er von Weitem den heruntergekommenen Bau musterte, vertrauenswürdig sah das Wirtshaus wahrlich nicht aus. Auch der kleine Laden dieses Berosch war alles andere als einladend, nicht viel mehr als eine windschiefe Bude, die sich an die linke Außenwand der Taverne lehnte. Mehr Sorge bereitete Argor der kaum drei Schritt breite Weg, der am dunklen Wasser des Hafens entlang zum Wirtshaus führte. Der Weg war nicht gerade schmal, aber Argor war das Wasser schon immer unheimlich gewesen. Verstohlen griff er unter sein Wams und tastete dort nach der ledernen Tasche, die Knorre ihm anvertraut hatte. Er fischte den Armreif heraus und musterte ihn skeptisch. Es war nicht mehr

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