Das Erbe des Greifen
Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Wo hast du all diese Dinge her?«
»Wir fanden sie in einem Raum der alten Börse. Beliors Soldaten haben sie dort verstaut, hatten sie doch die Anweisung, alles, was ihnen an seltsamen Gerätschaften unter die Finger kommt, zu sammeln. Es gibt dort ganze Körbe voll von ihnen, weshalb ich mir dachte, es könnte nicht schaden herauszufinden, wozu sie dienen.«
»Hhm«, meinte Elyra mit einem zweifelnden Blick auf das Sammelsurium an Gegenständen. Im Korb lagen mehrere Kästchen, die keine Öffnung hatten, dünne und dickere Fäden aus Metall, runde, ovale und rechteckige Teile aus grauem, schwarzem und grünen Glas, Dinge, die aussahen, als würde man sie an den Händen tragen, Stirnreifen mit seltsam geschliffenen Gläsern in einem merkwürdigen Gestell, Armreifen mit sonderbaren Verzierungen … Elyra schwirrte der Kopf allein schon vom bloßen Hinsehen. Es war ihr daher nur recht, wenn nicht sie, sondern Astrak die Zeit und die Geduld dafür aufbrachte, dieses ganze Zeug zu untersuchen. »Schon etwas herausgefunden?«
»Das ein oder andere«, erwiderte Astrak bescheiden. »Jedenfalls mehr als Beliors Leute. Ich habe einen der Gefangenen befragt, und der sagte mir, dass sich bislang noch keiner von ihnen so richtig mit dem Kram beschäftigt hat.«
»Wie viele Gefangene haben wir denn bis jetzt?«
»So viele, dass sie ein Problem darstellen. Es sind inzwischen gut und gerne an die siebenhundert, wobei ein Fünftel von ihnen mehr oder minder schwer verletzt ist. Ich finde es jedenfalls erstaunlich, wie viele die Flut überlebt haben. Vater sagt allerdings, dass ihn das keineswegs wundern würde. Er meint, Menschen könnten erstaunlich zäh sein. Auf jeden Fall fressen die Gefangenen uns schon jetzt die Haare vom Kopf.« Er legte das Zeitgerät in den Korb zurück und runzelte die Stirn. »Ich sprach mit Lentos, der bei den Gefangenen Wache gehalten hat, und der gab zu Bedenken, dass es sich bei ihnen fast ausschließlich um Veteranen handelt, die uns auch ohne Waffen mühelos überwältigen könnten.« Er rieb sich gedankenverloren die Nase. »Die Frage ist nur, warum sie es bisher noch nicht versucht haben. Stattdessen sitzen sie einfach nur da und scheinen bester Laune zu sein.« Er schüttelte verständnislos den Kopf. »Sag, würdest du gute Laune haben, wenn du gefangen genommen worden wärest?«
»Ich glaube wohl eher nicht«, beschied ihm Elyra schmunzelnd.
»Eben. Also muss es einen Grund für ihre Fröhlichkeit geben, den wir nicht kennen. Denn ich könnte jedenfalls nicht nur so dasitzen und nichts tun. Mag natürlich sein, dass die Leute auch einfach nur erleichtert sind, nicht mehr die Stadt durchforsten zu müssen. Schließlich hat fast jeder Tag mehrere von ihnen das Leben gekostet. Sag, hast du schon einmal von diesen Priestern des Darkoth gehört?«
»Nur wenig. Ich weiß, dass Darkoth ein Gott ist, der mit meiner Herrin seit Anbeginn der Zeit im Streit liegt. Einem seiner Priester bin ich allerdings noch nicht begegnet.«
»Es müssen üble Schurken sein, die das Ende der Welt predigen und dass man Macht, Gier und alle anderen niederen Gelüste ausleben soll, um zu sich selbst zu finden. Vater meint, sie tun nichts anderes, als Anarchie und Chaos zu fördern.«
»Aufstand und Unordnung.« Elyra streckte sich und stemmte ihre Hände in die Hüften. »Sag, hat einer dieser Priester überlebt? Ich würde mich gern einmal mit einem von ihnen unterhalten.«
»Ich glaube nicht, denn dann hätten sie wahrscheinlich schon versucht, dich zu töten. Ich hörte, dass sie so ein- bis zweimal die Woche von Lindor verlangten, ihnen einen seiner Soldaten herauszugeben, den sie der Blasphemie für schuldig befanden.« Astrak schüttelte den Kopf. »Stell dir das mal vor. Du bist weitab deiner Heimat in einer Stadt, in der dich ein Schluck verdorbenen Wassers in ein Ungeheuer verwandeln kann, musst genau diese verfluchte Stadt durchforsten und dabei gegen Ungeheuer und seltsame Magien kämpfen … und dann wirst du auch noch diesem dunklen Gott geopfert! Und sollte danach noch irgendetwas von dir übrig sein, wird es an die Kronoks verfüttert! Drei Jahre lang haben sie das ausgehalten, obwohl gut ein Fünftel ihrer Leute auf diese Weise starben, bevor wir überhaupt das erste Mal von ihnen gehört haben. Ist das nicht unglaublich! Ich versuche mir das vorzustellen, denke mir aber immer nur, dass ich das niemals ertragen hätte! Vielleicht sind sie also
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