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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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kann man nur so blöd sein und eine Prügelei anfangen?«
    Wenn er sich konzentrierte, würde er aufstehen können, ganz sicher. Und er schaffte es tatsächlich, auf die Beine zu kommen. Als er vorsichtig die schmerzende Seite seines Gesichts berührte, spürte er warmes Blut. »Er ist ein arrogantes, widerliches Schwein«, murmelte er. »Der brauchte mal eine Lektion.«
    »Und du glaubst – du glaubst allen Ernstes –, du hättest ihm die erteilt?«
    Sein Gesicht tat weh, seine Rippen taten weh. Er hoffte, Fitzgerald tat noch einiges mehr weh. »Wenigstens hab ich ihm den Anzug ein bißchen zerknautscht«, sagte er.
    »Und was hat er mit dir gemacht, Caleb? Du schaust ein bißchen schlimmer aus als nur zerknautscht.« Die Arme in die Hüften gestemmt, stand sie vor ihm und schimpfte. Ihr Gesicht war weiß mit einem Stich ins Grünliche.
    »Mir geht’s gut. Nur ein paar Schrammen.« Er versuchte, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Es war schwierig. Als er losgehen wollte, schwankte er und mußte sich an der Hausmauer abstützen.
    »Ach, Mensch!« rief sie ungeduldig. »Los, halt dich an mir fest. Hier, leg den Arm um mich.«
    Sie schleppte ihn ins Marrakesh. In der kleinen Toilette des Klubs tupfte sie sein Gesicht mit einem nassen Taschentuch ab und hielt ihm einen Vortrag über seine Dummheit.
    »Ich frag mich wirklich, was du dir dabei gedacht hast. Dich mit diesem Kerl zu prügeln. Glaubst du vielleicht, ich werde mit Leuten wie Johnnie Fitzgerald nicht fertig? Wenn ja, dann täuschst du dich gewaltig.«
    »Darum geht’s doch gar nicht«, sagte er leise. Er nahm ihre Hand, um sie zu beruhigen. Er sah, wie erregt sie war. Er versuchte, ihr zu erklären, worum es in Wirklichkeit ging, was nicht ganz einfach war, da er es selbst nicht recht verstand.
    »Ich sehe einfach nicht ein, warum du dir so was gefallen lassen sollst. Und genausowenig sehe ich ein, weshalb er mit so was durchkommen soll. Wenn Männer Frauen beleidigen, darf man ihnen das nicht durchgehen lassen. Genausowenig, wenn sie gegen Frauen handgreiflich werden. Man sollte – man sollte die Frauen –«
    »Beschützen?«
    »Genau. Ja. Genau.«
    »Wie ritterlich von dir, Caleb«, sagte sie verächtlich. Sie hielt das Taschentuch noch einmal unter das kalte Wasser. »Kerle wie Johnnie Fitzgerald lassen mich kalt. Ich hab schon Schlimmeres erlebt. Viel Schlimmeres.«
    »Ja«, sagte er, »das hab ich mir schon gedacht.«
    »Wie meinst du das?« fragte sie argwöhnisch.
    »Na ja, du erwartest doch eigentlich gar nicht, daß man dich freundlich behandelt, stimmt’s?«
    Sie preßte ihm das eiskalte Taschentuch mit, wie er fand, unnötig starkem Druck aufs Auge, und er zuckte zusammen und schwieg.
    Nach einer Weile sagte sie unwirsch: »Du wolltest wahrscheinlich nur helfen.«
    Ihm war übel, und er fühlte sich erschöpft. »Und ich habe mich ziemlich blöd angestellt dabei, wie du mir hinreichend klargemacht hast.«
    »Ich verstehe nicht, warum, Caleb. Das ist doch gar nicht deine Art.« Ihre Stimme zitterte. »Und der Kerl hat dich so schwer erwischt.«
    »Romy, mir geht’s gut. Glaub mir.« Sogar lächeln tat weh.
    Als er später mit der Untergrundbahn nach Hause fuhr, musterten die Leute im Waggon ihn voll Mißtrauen und vermieden es, sich neben ihn zu setzen. Immer wieder hörte er Romys Stimme: Ich verstehe nicht, warum, Caleb. Das ist doch gar nicht deine Art . Weil Fitzgerald es verdient hat, sagte er hartnäckig vor sich hin. Gleichzeitig aber gingen ihm Bilder von Romy durch den Kopf. Romy im Regen, mit geröteten Wangen; Romy im goldbraunen Kleid, das die Konturen ihres Körpers durchschimmern ließ, auf Freddie Bartletts Fest; Romy, wie sie ihn geküßt hatte, während die Glocken das neue Jahr eingeläutet hatten. Und Romy, wie sie an der Bar gestanden und Fitzgerald, dieser Dreckskerl, ihr ins Gesicht gefaßt hatte, als wäre sie sein Eigentum.
    Caleb stöhnte laut, und mehrere Leute rückten noch weiter von ihm weg. Er hatte sich doch nicht etwa in sie verliebt? In diese schwierige, kompromißlose kleine Person?
    Der Zug hielt am Bahnhof Hampstead. Seit er im vergangenen Jahr Hals über Kopf aus dem Haus der Talbots geflohen war, wohnte er bei Mrs. Zbigniew zur Untermiete. Er stieg aus und humpelte, so schnell er konnte, die Treppe hinauf. Plötzlich hatte er es eilig, dem Staub und der Düsterkeit des Tunnels zu entkommen.
    Ein paar Tage später wollte Romy gerade in ihr Büro gehen, als Johnnie Fitzgerald aus Mrs. Plummers Zimmer

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