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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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ihre Stimme anschwoll, obwohl sie gerade das hatte vermeiden wollen.
    »Dann versprechen Sie mir, daß Sie Patrick nicht heiraten werden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich verspreche nichts dergleichen.«
    Bunny kniff die Lippen zu einer häßlichen schmalen Linie zusammen. Beide Frauen schwiegen, als der Kellner das Hauptgericht brachte. Unter dem Tischtuch, wo niemand es sah, krampfte Romy die Hände ineinander.
    Als sie wieder allein waren, sagte Bunny: »Und dann wäre da natürlich noch das Kind.«
    Romy hob mit scharfer Bewegung den Kopf. »Danny?«
    Bunny sagte: »Wir machen alle Fehler. Aber es gibt Fehler, die man vergessen kann, meine Liebe, und andere, die sich nicht vergessen lassen .«
    Romy brauchte einen Moment, bevor sie verstand, was Bunny andeutete. Sie spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoß. »Sie glauben, Danny wäre mein Kind?«
    »Ja. Ist es denn nicht so?«
    Das Sprechen fiel ihr schwer. Sie schüttelte den Kopf. »Danny ist der Sohn meines Bruders.«
    Ein spöttisches Lächeln. »Mir ist natürlich klar, warum Sie ein solches Märchen aufrechterhalten wollen. Und mir ist auch klar, daß Patrick es geschluckt hat. Männer können schon sehr naiv sein. Aber ich lasse mich nicht so leicht täuschen. Und ich werde Patrick ohne die geringsten Skrupel die Wahrheit sagen, wenn sie auf dieser Farce bestehen sollten.«
    Es lag ihr auf der Zunge zu sagen: Dann sagen Sie Patrick doch die Wahrheit. Ich habe nichts zu verbergen. Aber, dachte sie, so ganz stimmte das ja nicht.
    Bunny stand auf. »Ich denke, wir verstehen einander.« Sie zog ihre Handschuhe an und ergriff ihre Tasche. Als sie sich zum Gehen wandte, bemerkte sie wie nebenbei: »Ach, und das Steak war zäh, Miss Cole. Sie sollten mit Ihrem Küchenchef sprechen.«
    Am Montag morgen, gerade als Caleb zur Arbeit fahren wollte, klingelte das Telefon. Der Mann am anderen Ende der Leitung teilte ihm mit, daß seine Mutter mit Verletzungen im Krankenhaus lag. Er ließ sich Einzelheiten durchgeben, dann fuhr er zu Reggie und hinterließ diesem eine Liste mit Dingen, die während seiner Abwesenheit erledigt werden mußten, bevor er sich auf den Weg nach Southampton machte.
    Die Station, die er suchte, befand sich in einem von mehreren Fertigbauten, die vom Hauptgebäude abgingen wie Rippen von einer Wirbelsäule. In dem großen Saal standen ungefähr zwanzig Betten an den Wänden aufgereiht. Caleb brauchte nicht lang, um den blonden Kopf seiner Mutter zu entdecken.
    Sie lag mit dem Rücken zu ihm. Leise sagte er ihren Namen.
    Sie drehte sich herum. »Caleb.«
    Ihr Gesicht war von Blutergüssen entstellt, das linke Auge war fast zugeschwollen.
    »Mama«, flüsterte er entsetzt.
    »Ach, es ist nicht so schlimm, Schatz. Es ist lange nicht so schlimm, wie es aussieht.«
    Zwei gebrochene Rippen und eine Schlüsselbeinfraktur , hatte die Schwester gesagt, die ihn in den Saal geführt hatte.
    »Mama«, sagte er, »was ist passiert?«
    »Haben sie es dir nicht gesagt?«
    »Nein. Sie haben nur gesagt, daß du verletzt seiest. Ein Unfall –«
    »Es war kein Unfall.« Er hätte die geflüsterten Worte beinahe überhört.
    Es war kein Unfall . Es dauerte einen Moment, ehe ihm klar wurde, was das hieß. »Das hat dir jemand absichtlich angetan?« fragte er. Als sie nicht antwortete, fügte er hinzu: »Wer war das, Mama?«
    »Das spielt keine Rolle.«
    »Aber natürlich spielt es eine Rolle.« Er hätte ihr dünnes Handgelenkt mit Daumen und Zeigefinger umschließen können. Sie zu schlagen – sie zu verletzen – wäre nicht schwieriger, als ein Kind zu verletzen. »Du hast ihn doch angezeigt?« fragte er.
    »Nein. Und ich werde ihn auch nicht anzeigen.« Ihre Augen waren geöffnet; das eine blitzblau und scharf, das andere ein grotesker Schlitz.
    »Das mußt du aber, Mama.«
    »Nein. Ich muß gar nichts.«
    Ihr Ton brachte ihn zum Schweigen. Er fuhr sich mit den Händen durch das Haar. Ihm war übel. »Aber warum denn nicht?« fragte er schließlich verwirrt.
    »Weil …« Mühsam stemmte sie sich in den Kissen in die Höhe, so daß sie ihm richtig in die Augen sehen konnte. »Weil es mir überhaupt nichts bringen würde, Caleb. Weil ich den Kerl in einem Pub aufgegabelt habe. Weil ich was getrunken hatte. Und weil ich weiß, was sie sagen würden. Sie würden sagen, ich hätte es herausgefordert.«
    Er starrte sie an. Ihre Stimme wurde brüchig, die trotzige Haltung brach in sich zusammen. »Ich wollte nicht, daß sie dich anrufen«, murmelte sie.

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