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Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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bemühte, mit dem Strom zu schwimmen und sich anzupassen, aufgrund ihrer Herkunft immer ein Stück weit Außenseiterin bleiben würde.
    Als sie den Kopf hob, gewahrte er die Furcht in ihren Augen. »Was passiert, wenn die Leute ihm glauben, Caleb?«
    »Dann sind sie alle miteinander Idioten.«
    »Glaubst du mir?« Ihre Stimme schwankte.
    »Natürlich.«
    »Warum? Woher willst du wissen, daß ich die Wahrheit sage?«
    »Weil ich dich kenne«, antwortete er liebevoll. »Ich weiß, was du tun und was du niemals tun würdest. Und ich weiß, daß du so etwas niemals tätest.«
    »Das ist sehr – sehr großherzig von dir.« Ihre Stimme zitterte ein wenig. »Dann haßt du mich nicht mehr?«
    »Dich hassen? O nein, sicher nicht.«
    Sie stand auf. »Danny«, sagte sie. »Es ist Zeit für sein Abendessen.« Auf dem Weg zum Hotel blieb sie stehen und blickte zu ihm zurück. »Ich muß immer daran denken, was ich damals im Pub zu Fitzgerald gesagt habe. Unmittelbar bevor du dich mit ihm geprügelt hast. Ich habe gesagt, wenn es nach mir ginge, würde er Mrs. Plummer nie wiedersehen.« Ihr Blick war voller Angst. »Mindestens fünfzig Leute haben das gehört, Caleb.«
    Caleb blickte ihr nach, als sie davonging. Dann haßt du mich nicht mehr? hatte sie ihn gefragt. O nein. Während er ihr nachschaute, den Schwung ihres Haars wahrnahm und die Grazie ihres Gangs, gestand er sich ein, was er schon seit Monaten wußte: daß er sie immer noch liebte, nie aufgehört hatte, sie zu lieben, sie wahrscheinlich sein Leben lang lieben würde.
    Nach einiger Zeit begann Romy aufzufallen, daß Partys stattfanden, zu denen sie nicht eingeladen wurde, daß die Einladungen zum Abendessen oder zum Cocktail ausblieben. Verschiedene Leute, die sie als Freunde betrachtet hatte, zeigten ihr jetzt die kalte Schulter. Bei Fortnum & Mason bemerkte sie eine Bekannte und winkte. Die Frau wandte sich ab, ohne den Gruß zu erwidern, und begann demonstrativ, sich mit ihrer Begleiterin zu unterhalten.
    Sie war entschlossen, diese Ausgrenzung nicht kampflos hinzunehmen. Sie würde sich nicht verstecken, sie würde sich nicht mit eingezogenem Kopf in ihrem Büro verkriechen und warten, bis die Gerüchte sich wieder legten, bis Johnnie Fitzgerald es müde wurde, Gift zu verspritzen. Sie forderte Gefälligkeiten ein, rief alte Freunde an. Manche speisten sie mit gestammelten Ausreden ab – sie hätten soviel zu tun, seien praktisch bis Weihnachten ausgebucht, absolut absurd, es tue ihnen wirklich leid. Sie mußte sich beherrschen, um nicht mitten im Gespräch den Hörer auf die Gabel zu knallen.
    Im Chanterelle traf sie zufällig Nicholas Thirkettle. Bevor er sich verabschiedete, murmelte er etwas von einer Party in seiner Wohnung in der Portobello Road. »Halb London hat zugesagt«, sagte er. »Sie müssen unbedingt kommen, Romy.«
    Sie kaufte sich ein neues Kleid, jadegrüner Satin mit schwarzer Perlenstickerei auf dem Oberteil, ließ sich beim Friseur das Haar aufstecken und schminkte sich mit großer Sorgfalt. Dann musterte sie sich im Spiegel: Noch einmal die Lippen nachgezogen, kurz eine Locke zurechtgezupft. Fertig.
    Die Party war in vollem Gang, als sie eintraf, ein wogendes Meer von Gästen ergoß sich aus den Gesellschaftsräumen bis in den Korridor und den Vorsaal. Schmuck funkelte an den Hälsen der Frauen, und die Männer lehnten lässig am Türrahmen oder am Klavier und rauchten, während sie mit Blicken Romy folgten, die von Raum zu Raum ging. Ein, zwei Gläser Champagner, um das Selbstvertrauen zu stärken, und sie sprühte. Vom Alkohol, von den Komplimenten und der Musik animiert, plauderte, lachte und flirtete sie.
    Sie war auf dem Weg zum Badezimmer, als sie ihren Namen hörte. Sie blieb stehen. Die Stimmen zweier Frauen drangen aus dem Zimmer, in dem Nicholas die Mäntel der Gäste abgelegt hatte, zu ihr hinaus.
    »… sie die Unverfrorenheit nimmt. Der arme Nicholas hat sie nur aus Höflichkeit eingeladen. Er dachte, sie würde nicht kommen.«
    »Wie unangenehm für ihn.«
    »Er ist ihr mal bei Bunny Napier begegnet, weißt du.«
    »Leih mir doch mal deinen Lippenstift, Kathy. Ich habe meinen anscheinend vergessen.« Pause. Dann, in neugierigem Ton: »Meinst du denn, es stimmt? Daß sie nur hinter dem Geld her ist?«
    »Na ja, Patrick Napier hatte sie jedenfalls schon fest in den Klauen. Er hat noch mal Glück gehabt und ist rechtzeitig abgesprungen. Sie soll früher Zimmermädchen in einem Hotel gewesen sein und hat dann irgend etwas

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