Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe des Vaters

Das Erbe des Vaters

Titel: Das Erbe des Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
Vom Netzwerk:
Schlag gestorben. Hat zu üppig gelebt. Ich hab nie von einem Mann gehört, der an gebrochenem Herzen gestorben ist. Die meisten haben ja nicht mal ein Herz.«
    Caleb arbeitete seit drei Monaten bei der Speditionsfirma Broadbent. Aber das tägliche Einerlei und die Gleichförmigkeit seiner Arbeit langweilten ihn, und er hatte Mühe, sich wieder ins Zuhause seiner Kindheit einzufügen. An das Gefühl unbändiger Freiheit, das er bei seiner Entlassung aus dem Militärdienst empfunden hatte, konnte er sich kaum noch erinnern. Im Büro bei Broadbent herrschten weiterhin Einschüchterung und Schikane. Während Loman und Cottle, sein Kumpan, Pickering das Leben zur Hölle machten, schauten Caleb, Goddard und McAuley weg und hielten den Mund. Caleb versuchte, sich einzureden, daß ihn das Ganze nichts angehe, daß er nicht für Pickering verantwortlich sei, daß er die gleiche Geschichte im Internat und beim Militär oft genug erlebt habe, aber es begann sich ein Unbehagen zu regen, das er nicht abschütteln konnte. Er fragte sich plötzlich, ob sein Nichtstun ihn nicht zu Lomans Komplizen machte. Abends nach der Arbeit hatte er stets einen bitteren Geschmack im Mund, den nur ein, zwei Bier im Pub wegspülen konnten. Im Innern wußte er, daß diese Arbeit, die Mr. Daubeny ihm da verschafft hatte, nicht das Richtige war und er sich etwas anderes würde suchen müssen. Aber zuerst mußte er wissen, was er eigentlich wollte.
    Anfang Juli wurde Mr. Strickland, der Bürovorsteher, krank. »Er hat in der Kantine ein Käsebrot mit sauren Gurken gegessen«, berichtete McAuley grinsend, »und lief blau an. Sie mußten ihn mit dem Krankenwagen wegkarren.« Ein Mr. Wicksteed aus der Firmenfiliale in Hertfordshire sprang für Mr. Strickland ein. Gleich von seinem ersten Arbeitstag an begann ein anderer, kälterer Wind in der Firma zu wehen. Der Mann entpuppte sich als der sprichwörtliche neue Besen. Rechnungen und Kostenvoranschläge wurden genauestens überprüft, jede Abrechnung wurde Posten für Posten nachgerechnet. Es wurde still im Büro, und eine neue Gewissenhaftigkeit machte sich breit.
    Einmal, als Caleb abends nach der Arbeit im Pub mit Goddard Billard spielte, sagte dieser unvermittelt: »Loman ist ziemlich kleinlaut geworden.«
    Caleb setzte zu seinem nächsten Stoß an. »Du meinst, keine Gummibänder und Schreibfedern mehr?«
    »Ach, ich glaube, deswegen wird er sich keine grauen Haare wachsen lassen.« Goddard spielte seine Kugel, die weit daneben ging. »Mist!« Er richtete sich auf. »Es geht um das andere Zeug. Er hat dir doch bestimmt ein kleines Angebot gemacht, oder nicht? Damit du die Klappe hältst.«
    Caleb erinnerte sich. Loman hinter Stapeln alter Pappkartons und Kisten lauernd. Du liest doch gern? Er fragte sich, ob Loman sich bei der Wahl seiner kleinen Geschenke an der jeweiligen Vorliebe des Empfängers orientierte. Eine Erstausgabe für einen Bücherwurm, eine Pelzstola oder eine silbernes Schmuckstück für einen Mann, der eine Geliebte aushielt.
    »Er klaut das Zeug also aus den Transportern. Bruchschäden kommen ja immer mal vor …«
    »Und manchmal geht das eine oder andere einfach verloren.« Goddard trank einen Schluck von seinem Bier. »Ich wette, daß ein paar von den Packern mit ihm gemeinsame Sache machen. Einer behauptet, er hätte eine Vase fallen lassen oder so was, dann schmuggelt Loman sie raus und verhökert sie. Die Firma zahlt dem Kunden eine Entschädigung, und Loman und seine Kumpel teilen sich den Gewinn. Es wäre natürlich Stricklands Aufgabe gewesen, die Bruchschäden zu überprüfen, aber er hat’s nie getan. Aber der Neue, der ist nicht so großzügig.« Goddard lachte. »Mir tut der arme Hund beinahe leid.«
    Eine Woche nach Mr. Wicksteeds Ankunft wurden drei Transportarbeiter entlassen. In der ganzen Firma wurde getuschelt: Die Polizei werde hinzugezogen … Man habe Mr. Strickland aus seinem Krankenbett gerissen und gezwungen, eine Aussage zu machen … Doch das Leben ging weiter wie zuvor. Loman kam jeden Morgen zur Arbeit wie immer, und nach einigen ereignislosen Tagen entspannte sich die Atmosphäre wieder.
    Eines Montag morgens jedoch saßen nur Cottle, Goddard und McAulay an ihren Schreibtischen, als Caleb ins Büro kam. Pickering und Loman fehlten. Die Stimmung war gedrückt, keiner sprach, alle saßen tief über ihre Arbeit gebeugt.
    »Ist jemand gestorben?« fragte Caleb, als er sich setzte.
    »Sie haben Pickering rausgeschmissen«, sagte

Weitere Kostenlose Bücher