Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
willst.«
Whenda sah zu Turgos. »Dann ist es vielleicht besser, wenn wir die Stadt wieder verlassen und uns weiter auf die Suche nach unseren Heilkräutern begeben.« Turgos nickte und auch der Mann schien ihr ungefragt zuzustimmen, denn auch er nickte mit dem Kopf.
» Wenn ihr Heiler seid, dann würde ich euch bitten, schnell mit mir nach Hause zu kommen. Denn meine jüngste Tochter hat einen schlimmen offenen Fuß, vielleicht habt ihr ja ein Mittel dagegen?«
Whenda und Turgos wussten, dass es nun besser war, wenn sie der Aufforderung des Mannes folgten. Sie wollten auf keinen Fall, dass er annahm, dass an ihrer Geschichte etwas nicht stimmte. Whenda hatte Heilkräuter bei sich, die ihrer Reise die nötige Legitimität verleihen sollten, wenn es einmal erforderlich wurde. Aber sie fragte den Mann sogleich, ob er sie auch bezahlen könne . Hätte sie dies nicht getan, dann wäre dies erst recht ein Grund zur Aufmerksamkeit für ihn geworden.
» Ich habe nicht viel, aber ein Essen und etwas Brot, das ihr mit auf den Weg nehmen könnt, wenn ihr weiterzieht, sollte doch dafür ausreichen, dass ihr einen Blick auf meine Tochter werft. Ihr sollt sie ja nicht gleich heilen«, fügte er noch schnell hinzu. Er sagte dies in einem Ton, als ob er gar nicht damit rechnete, dass sie dies vermochten. Nachdem sie eingewilligt hatten, legte er schnell sein Netz zusammen und ging vor ihnen her. Der Weg seinem Haus ließ Turgos wieder an der Verwaltung der Stadt zweifeln. Hätte er es nicht mit seinen eigenen Augen gesehen, so hätte er niemandem geglaubt, der ihm von so einem heruntergekommenen Ort berichtet hätte.
Im Haus des Tomur
Meerburg, 29. Tag des 3. Monats 2514
Sie gingen durch ein Labyrinth von Gassen, an die sich weitere kleinere Gässchen anschlossen, durch die an manchen Stellen gerade noch ein schlanker Mann zu schlüpfen vermochte. Der Dreck und Unrat, der hier überall herumlag, sprach Bände über die Gewohnheiten der Bewohner Meerburgs.
» Wie können Menschen nur so leben?«, fragte er ungehört von ihrem Führer Whenda, als diese ihm nahe war. Doch sie zog nur die Augenbrauen hoch. Der Gestank wurde immer unerträglicher, denn die Essensabfälle, die die Menschen einfach vor ihre Häuser kippten, stanken in der Sonne. Wie muss es hier wohl erst im Sommer riechen, fragte sich Turgos. Dann konnte man es sicher überhaupt nicht mehr hier aushalten. Immer weiter führte sie der Mann durch die engen Gassen, in denen sogar das Tageslicht ausgesperrt zu sein schien, so dicht wie die Häuser an manchen Stellen krumm zueinander aufragten und dieses aussperrten. Alles war hier verkommen und auch die Stadtbewohner waren immer ärmlicher anzusehen, wenn es dafür überhaupt noch eine Steigerung gab.
Nun hielt der Mann auf den niederen Eingang eines Hauses zu, das direkt neben einem größeren, welches einst einmal schön gewesen sein musste, angebaut war. Verwundert bemerkte Turgos, dass das große Haus sogar noch einige brüchige Ornamente aufwies, die es einst geschmückt hatten. Der Mann drehte sich zu ihnen um, sah, wie Turgos das Nachbarhaus betrachtete, und meinte, dass es einst seiner Familie gehört habe.
»Und wieso ist es heute nicht mehr in deinem Besitz?«, wollte Turgos gleich erfahren.
» Es wurde uns, also dem Vater meines Großvaters, vom damaligen Thain genommen.«
Turgos wartete auf eine weitere Erklärung.
»Der Thain brauchte das Haus, um irgendjemanden darin unterzubringen. Ich glaube es war eine seiner Geliebten, wie mein Großvater sagte. Doch verzeih, wenn ich die Geschichte nicht mehr richtig zusammenbekomme. Als er sie mir erzählte, war ich noch ein Kind, er starb, als ich zwölf war. Also, der Thain brauchte das Haus, das bis dahin schon sehr lange im Besitz unserer Familie war. Und zwar schon so lange, dass sich niemand mehr daran erinnerte, wie lange das war, hatte mein Großvater gesagt. Dessen Vater hat damals 40 Silberstücke als Miete für ein Jahr erhalten. Doch dann starb der Thain und sein Sohn weigerte sich, uns das Haus, nachdem das Jahr um war, wieder herauszugeben. Er erklärte es einfach zu seinem Besitz.«
Turgos sah, dass der Mann es als gegeben hinnahm und keinen Verlustschmerz mehr um das Familienanwesen zu haben schien.
»Habt ihr nie versucht, es zurückzubekommen?«, wollte Whenda wissen.
Der Mann lächelte sie an. »Der Thain ist auch heute noch sehr mächtig, und ich kann mir nicht vorstellen, dass er einem armen Fischer ein Recht einräumt, das er
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