Das Erbe Ilvaleriens (Die Chroniken von Vanafelgar) (German Edition)
kannte sie nicht und deren Frauen höchstens vom flüchtigen Sehen auf dem Markt oder anderswo in Schwarzenberg. Nur drei der Seeleute an Bord waren von ihrem Mann fest angestellt. Die anderen waren Heuermänner, die mit vielen Kapitänen fuhren. Sie verdienten weniger als die Angestellten und hatten schlechtere Kojen auf dem Schiff. Manche fuhren auch nicht immer zur See. Wenn sie eine gute Anstellung an Land fanden, arbeiteten sie dort. Doch als Heuermann war deutlich mehr zu verdienen. Die Hälfte der Heuer erhielten die Familien der Männer schon bei der Abfahrt der Schiffe ausbezahlt. So kam es dann auch oft vor, dass ein Mann, wenn er in Geldnöten war oder Schulden durch das Glücksspiel hatte, als letzten Ausweg auf einem Schiff anheuerte. Helgar, der Steuermann, war der Letzte, der vor ihrem Mann und Sohn das Schiff verließ, er winkte ihr zu, als er über die Planken und dann zu seiner wartenden Frau ging. Nimara kannte sie gut. Helgar war auch der, der am längsten von allen Angestellten zusammen mit Elgar die Meere befuhr. Seine Frau lächelte sie an, bevor sie ihren Mann in die Arme schloss.
Nun waren nur noch Aldan und ihr Mann an Bord des Schiffes. Sicher hatten sie als die Eigner noch einiges zu tun. Es musste auch noch die Liegegebühr entrichtet werden. Eben kam auch schon der erste Zollmann des Barons und schickte sich an, an Bord zu gehen. Die Hafengebühr musste ein Schiff sofort nach dem Anlegen entrichten. Bevor dies nicht getan war, durften auch keine Waren von Bord gebracht werden, darauf achteten die Zöllner penibel. Kaum war dieser oben angekommen, erkannte sie den Haarschopf ihres Sohnes. Mit flinken Schritten kam Aldan über die Planken zu ihr hinuntergelaufen. Sie schloss ihn in die Arme und freute sich, dass sie ihn wiederhatte. Jetzt erst sah sie, wie sehr er gewachsen war.
Aldan würde dieses Jahr seinen achtzehnten Geburtstag feiern und war eigentlich schon mehr ein Mann als ein Junge. Fast wehmütig sah sie ihn an. »Endlich seid ihr wieder bei mir«, sagte sie, noch immer überwältigt von der Wiedersehensfreude, die sie empfand. Dann kam Elgar zusammen mit dem Zöllner vom Schiff herunter und sie fielen sich in die Arme.
» Ich freue mich schon auf ein gutes Essen«, sagte Aldan, während seine Eltern sich noch in den Armen lagen. Nimara erschrak. Sie hatte überhaupt nicht mit dem Eintreffen ihrer Lieben gerechnet und infolgedessen auch nichts vorbereitet. Heute Abend hatte es nur Brei und Trockenäpfel zum Abendessen geben sollen, wenn die anderen Kinder mit dem Holz nach Hause kamen.
» Dann muss ich schnell noch auf den Markt«, sagte sie, »denn ich habe nicht mit euch gerechnet.«
Elgar wollte seine Frau jedoch so schnell nicht mehr aus seinen Armen lassen. Er meinte, dass sie doch auch gemeinsam in eine der Schenken der Stadt gehen konnten.
Nimara protestierte heftig. »Ihr ward sicher oft genug in Schenken, wenn ihr hier seid, essen wir gemeinsam zu Hause.« Die Männer sahen ein, dass hier kein Widerspruch mehr möglich war, und freuten sich auf ihr Heim. Doch zuerst mussten sie noch einige Dinge erledigen. Da Nimara die Männer aus dem Lager zum Holzschlagen ausgeschickt hatte, musste das Schiff bewacht werden, bis diese wieder zurück waren. Das Ausladen der Fracht sollte ohnehin erst am nächsten Tag beginnen. Dann wären auch die Heuermänner zurück, Elgar hatte sie für den nächsten Morgen wieder bestellt. Das Löschen der Fracht würde einige Tage in Anspruch nehmen. Das Schiff sollte schnell wieder auslaufen, schließlich hatte er viele neue Aufträge in den Städten Maladans erhalten. Doch würde er diese Reise von einem anderen Kapitän fahren lassen – er konnte es sich nun leisten, ein Jahr lang in Schwarzenberg zu bleiben. Er freute sich schon darauf, Nimara diese Neuigkeit zu erzählen.
Die Taru-Trea
Schwarzenberg, 10. Tag des 1. Monats 2515
Tankrond stapfte hinter Elimir her, dem Flickschuster, danach folgten seine Cousins. Den Schluss ihres Zuges bildete Folimir, der Bruder Elimirs. Beide arbeiteten für seinen Onkel Elgar. Nimara hatte sie ausgesandt, Holz an den Schwarzen Bergen zu sammeln. Zu beiden Seiten der Straße lag ein feiner Schneehauch über dem Land. Tankrond hatte den Eindruck, dass dieser immer dichter wurde, je weiter sie vorankamen. Während er in Schwarzenberg noch als matschiger, dünner Brei auf den Straßen lag, war er hier draußen schon deutlich mehr. Sie hatten zwei Handkarren dabei, die von Ferlon und Arumar
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