Das erste Buch der Traeume
eine Privatklinik für drogenabhängige Millionärskinder«, flüsterte ich Grayson zu.
»Ist auch so ähnlich«, sagte Grayson. »Nur dass man hier reichlich Drogen und Alkohol bekommt.«
»Meine Mutter wäre begeistert«, sagte ich.
»Ja, bestimmt.« Grayson rieb sich über die Stirn. »Sie ist ein bisschen anders als andere Mütter, oder?«
»Ja, auch schon gemerkt? Übrigens schön, dass du wieder mit mir sprichst.« Auf der Fahrt hierhin hatte er nämlich nur mürrisch vor sich hin gestarrt. Als ich zu ihm ins Auto gestiegen war, hatte er sich ein »Hallo« abgerungen, ansonsten war kein Wort über seine Lippen gekommen.
Jetzt zuckte er mit den Schultern. »So oder so kann ich es ja nun nicht mehr ändern. Du bist hier, obwohl ich dich davor gewarnt hatte.«
»Ja«, sagte ich zufrieden. Vorhin im Auto war ich so müde gewesen, dass ich Angst gehabt hatte, neben dem schweigenden Grayson einfach einzuschlafen. Diese nächtlichen empirischen Studien und das Möbelrücken hatten mich eindeutig geschlaucht. Aber jetzt war ich wieder einigermaßen wach und bereit, ein paar Geheimnisse zu lüften.
Ein äußerst gestresst wirkender junger Mann hatte uns die Tür geöffnet und mit den Worten: »Die Party der jungen Leute findet im Pool-Haus statt«, durch einen seitlichen Korridor geschickt. Laut Grayson handelte es sich bei dem Mann um den Privatsekretär von Arthurs Vater, der heute Abend ebenfalls eine kleine Party schmiss. (Also der Vater, nicht der Sekretär.) Wobei »klein« bei den Hamiltons vermutlich in anderen Relationen zu verstehen war.
Der »kleine« Pool zum Beispiel war mindestens fünfzehn Meter lang und das Poolhaus drumherum größer als alles, in dem ich bisher gewohnt hatte. Das viele Glas wirkte ein wenig beängstigend. Auf keinen Fall durfte man hier drinnen anfangen, mit Steinen zu werfen. An der Kopfseite des Raumes gab es eine Bar, so gut bestückt, dass sie auch in einem Pub hätte stehen können. Der Pool war wunderschön beleuchtet, aber obwohl das Wasser wirklich einladend aussah, schwamm niemand darin. Na ja, vielleicht kam das ja noch. Es war ziemlich voll hier, und mehrere Leute tanzten so nah am Poolrand, dass sie vermutlich früher oder später einfach hineinfallen würden und schwimmen mussten .
Die Stimmung war jedenfalls bestens. Ich überlegte beim Anblick einiger Mädchen mit engen Kleidern und Schuhen mit hohen Absätzen kurz, ob ich mir underdressed vorkommen und deswegen einen kleinen Minderwertigkeitskomplex zulegen sollte, aber dann entdeckte ich, Gottseidank, noch einige andere in Jeans und T-Shirt und atmete auf. Für meine Verhältnisse war ich nämlich schon ziemlich aufgebrezelt: Das dunkelblaue T-Shirt war tief ausgeschnitten, und die neue Jeans, die ich an einem von Papas großzügigen Tagen in Zürich gekauft hatte, saß perfekt. Außerdem trug ich Lipgloss, Wimperntusche, Mums Concealer und eine kleine Haarspange mit einem silbernen Schmetterling, die ich von Mia geschenkt bekommen hatte, weil sie ihr zu kitschig war.
»Da drüben sind Arthur und Jasper«, sagte ich. Ich musste fast schreien – die Mischung aus Partymusik und Stimmengewirr in einem Gebäude mit so viel Glas war akustisch gesehen eine Katastrophe. »Warum hält Jasper seinen Daumen in die Höhe und grinst so eigenartig?«
»Weil er denkt, dass ich ein Wunder vollbracht und dich gegen den Widerstand deiner Mutter hergebracht habe«, erwiderte Grayson, während Arthur und Jasper sich einen Weg durch die Tanzenden bahnten und auf uns zukamen. »Du kannst einfach nein sagen.« Er packte mich am Arm und sah mich eindringlich an. »Hörst du, Liv, sag einfach nein.«
»Wozu denn?«, fragte ich, aber da hatten Arthur und Jasper uns schon erreicht.
»Die kleine Liz! Mit offenen Haaren und ohne Brille. Wow!« Jasper strahlte mich an. »Super gemacht, Grayson!«, sagte er dann und hob seine Hand, wohl, damit Grayson abklatschen konnte. Aber Grayson grinste nur ein wenig gequält. Und er hatte seine Hand immer noch fest um meinen Unterarm gelegt.
»Wie schön, dass es doch geklappt hat, Liv«, sagte Arthur. Ohne Schuluniform sah er noch besser aus als sonst, wenn das überhaupt ging. Eine klassische Michelangelo-Statue, nur nicht nackt, sondern in Jeans und einem enganliegenden schwarzen Poloshirt.
»Ich hatte aber doch ge…«, begann ich, aber Grayson fiel mir ins Wort.
»Es war nicht einfach, ihre Mutter zu überreden«, sagte er und drückte dabei meinen Arm noch ein bisschen fester. »Ich
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