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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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befanden. Und wenn ja, ob sie sich schuldig fühle und was sie dagegen tue?
    Mia wollte Florence für diese Fragen gerne ohrfeigen, aber Lottie sagte, ihres Wissens seien alle Nazis der Familie im Zweiten Weltkrieg gefallen, und damit war Florence fürs Erste zufrieden. Mit der Familienzusammenführung und der damit verbundenen Änderung der Wohnsituation schien sie sich arrangiert zu haben. Jedenfalls beschwerte sie sich nicht mehr darüber, weit und breit war kein hysterischer Anfall in Sicht. Fast war ich darüber ein bisschen enttäuscht. Florence hatte mir besser gefallen, als sie die Contenance verloren hatte.
    Natürlich sparte auch Mum wieder nicht mit peinlichen Äußerungen. Praktischerweise wartete sie damit bis zum Mittagessen, damit es auch garantiert alle mitbekamen.
    »Das ist so lieb von dir, dass du Liv heute Abend mit auf diese Party nimmst.« Sie strahlte Grayson an. Es fehlte nur noch, dass sie seine Wange tätschelte. »Ich sage immer, in eurem Alter gehört man an einem Samstagabend nur nach Hause, wenn man vierzig Grad Fieber hat … Ich bin sehr froh, dass Livs Mauerblümchendasein nun ein Ende findet.«
    »Ähm …« Grayson fehlten offensichtlich die Worte. Er warf einen Blick zu mir hinüber, und ich konnte mir ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.
    »Mum, ich glaube, du bist noch nicht auf dem neusten Stand. Bring Grayson nicht in Verlegenheit. Ihm wäre es nämlich lieber, ich würde heute Abend nicht auf diese Party gehen.«
    Ernest legte seinen Suppenlöffel beiseite. »Wie bitte?«
    Grayson schob ein Stück Brot in seinen Mund und murmelte etwas Unverständliches. Er tat mir ein bisschen leid, aber er hatte es ja nicht anders gewollt.
    »Unsinn, Maus«, sagte Mum. »Du hast es doch Grayson zu verdanken, überhaupt auf diese Party eingeladen worden zu sein. Nicht wahr, Grayson?«
    Grayson schluckte. »Na ja, schon, aber es … ich habe … ähm.« Noch ein kurzer Blick zu mir, dann schien er sich zusammenzureißen und fuhr ohne zu stammeln fort: »Diese Partys sind ziemlich wild, es fließt reichlich Alkohol, und weil Liv doch erst fünfzehn ist, dachte ich, wäre es besser, sie bleibt zu Hause …«
    Oh! Das war ja wohl … »In drei Wochen werde ich sechzehn«, sagte ich aufgebracht.
    »Tatsächlich? Du siehst aber nicht so aus.«
    »Grayson!« Ernest bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. Ich ebenfalls. Was sollte das heißen – ich sah nicht so aus?
    »Ich verstehe, worum es ihm geht«, sagte Mum. »Er ist ein verantwortungsbewusster Junge und will Liv nur beschützen«, sie wandte sich an ihren zukünftigen Stiefsohn »Aber das musst du gar nicht, Grayson, Schatz. Du darfst auf der Party einfach Spaß haben – Liv kann wirklich gut auf sich selber aufpassen.« Sie beugte sich zu Ernest hinüber und flüsterte so laut, dass jeder am Tisch sie bestens verstehen konnte: »Zu gut, denke ich manchmal. In ihrem Alter hatte ich schon alles durch: den ersten Alkoholrausch, den ersten Joint, den ersten Sex. Liv ist diesbezüglich eine Spätzünderin. Allmählich mache ich mir wirklich Sorgen, dass sie nach ihrem Vater kommt. Er hat in seinem ganzen Leben nie etwas Leichtsinniges getan. Na ja, doch, er hat mich geheiratet, immerhin.« Sie lachte.
    Ernest stimmte in ihr Gelächter ein, wirkte aber leicht verwirrt, genauso wie sein Bruder Charles, der allerdings erleichtert schien, dass es ausnahmsweise mal nicht um ihn ging.
    »Da hörst du es«, sagte ich zu Grayson. »Meiner Mum können deine Freunde gar nicht gefährlich genug sein. Selbst, wenn sie nachts auf dem Friedhof schwarze Messen abhielten.«
    Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber mir schien, als würde Grayson ein wenig blass werden. Er presste seine Lippen zusammen, schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Ich geh dann mal wieder Möbel rücken.«
    »Wenn Grayson nicht auf Liv aufpassen will, kann ich das übernehmen«, bot Florence an, als Grayson das Esszimmer mit einem letzten finsteren Blick in meine Richtung verlassen hatte. »Ich gehe auch auf Arthurs Party, gleich nach unserem Ballkomitee-Treffen.«
    Ich bekam gar keine Gelegenheit, mich darüber aufzuregen, denn bei dem Wort »Ball« horchte Mum sofort wieder auf. Florence freute sich über das Interesse und begann den Herbstball mitsamt der festlichen Roben in den glühendsten Farben als romantischsten Tag des Jahres zu schildern. Ein absoluter Höhepunkt im Leben eines jeden Frognal-Academy-Absolventen, aber – und an dieser Stelle huschte ein

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