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Das erste Buch der Traeume

Das erste Buch der Traeume

Titel: Das erste Buch der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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drehte den Schalter ungerührt weiter auf, bis der Sternenhimmel aus lauter Supernovas bestand und das Kino in gleißend helles Licht getaucht war. »Meine Freunde und ich sind in einer halben Stunde wieder weg. So über den Daumen gepeilt.«
    »Verdammte Scheiße«, murmelte der Mann und begann hektisch, seine Klamotten in Ordnung zu bringen. Es dauerte nur ein paar Sekunden, dann kam er die Treppe hinabgestürmt, das Hemd noch nicht mal ganz zugeknöpft. Ich machte nicht schnell genug den Weg frei, und prompt erwischte er mich mit der Wucht einer einfahrenden S-Bahn an der Schulter. Wenn Henry mich nicht aufgefangen hätte, wäre ich hingefallen.
    »Rüpel«, sagte ich. Auch wenn ich den Grund für seine Eile verstand, musste er mich ja nicht gleich als Prellbock benutzen.
    »Meinst du mich?« Henry lachte leise und strich mir das Haar aus der Stirn, bevor er mich losließ. Ich bemühte mich, ganz normal weiterzuatmen. Er sollte auf keinen Fall merken, wie sehr mich seine Nähe aus dem Konzept brachte.
    Die arme Frau brauchte ein bisschen länger, bis sie sich wieder vollständig angezogen hatte. Als sie schließlich mit hochrotem Kopf die Treppe hinabkam, hielt sie den Blick angestrengt auf den Boden gerichtet.
    »Wie schön, Sie mal wieder zu sehen, Mrs Kelly«, sagte Arthur und deutete eine Verbeugung an, als sie an uns vorbeischoss. Trotz High Heels legte sie ein olympiareifes Tempo vor. »Und grüßen Sie doch bitte Ihren Mann von mir, falls er auch auf der Party sein sollte.«
    Mrs Kelly stöckelte den Gang entlang, als habe sie nichts gehört.
    »Das war gemein«, sagte Henry.
    »Sir Braxton hätte ja auch auf sie warten können«, sagte ich mitleidig.
    »Tja.« Arthur schloss die Tür zum Korridor und dimmte das Licht wieder. »Gentlemen sind eben vom Aussterben bedroht, wie meine Großmutter immer sagt. Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja.« Er lächelte mich an. »Und – was hältst du von unserem Kino?«
    Sofort war ich wieder bei der Sache. »Es ist toll«, sagte ich vorsichtig und streichelte über den weichen Samtstoff einer Sessellehne. Und weswegen waren wir nun hier?
    »Ich könnte uns einen Horrorfilm aus den Fünfzigern von nebenan holen«, schlug Arthur vor. Er stand immer noch neben der Tür, die Hände in den Hosentaschen. »Die sind zwar kein bisschen gruselig, aber wenn man meinem Vater Glauben schenken will, cineastisch unheimlich wertvoll. Was magst du am liebsten, Liv? Zombies, Geister, Vampire …?«
    »Oder vielleicht Dämonen?«, setzte Henry hinzu.
    War das das Stichwort? Ging es jetzt endlich los mit dem Lüften der Geheimnisse? Ich setzte wieder mein Unschuldslamm-Lächeln auf. »Wir können doch jetzt keinen Film gucken – ihr habt da oben fünfzig Gäste.«
    »Ich schätze, mittlerweile sind es locker siebzig«, sagte Arthur mit einem Schulterzucken. »Aber die kommen auch ohne mich klar. Das hier ist wichtiger.«
    Etwas rumpelte gegen die Tür.
    »Ah, unsere Drinks.« Arthur öffnete die Tür, und Jasper stolperte herein, beladen mit Gläsern, mehreren Flaschen, einem Eimer mit Eiswürfeln und zwei Orangen, die er mit schiefgelegtem Kopf zwischen Ohr und Schulter fixiert hatte. Sein Gesicht wurde halb von einem Büschel Minze verdeckt, das quer in seinem Mund steckte und hinunterfiel, als er anfing zu sprechen. Henry konnte es gerade noch auffangen, bevor es auf den Boden plumpste.
    »Ich hab kein Tablett gefunden, also dachte ich, ich mixe das Zeugs einfach hier unten zusammen«, erklärte Jasper, während er versuchte, alles andere vorsichtig auf einem der Sitze abzustellen. »Und? Habt ihr sie schon gefragt?«
    »Nein«, gab Arthur zurück. »Das wollten wir eigentlich ganz langsam und behutsam anfangen.«
    »Was gefragt?« Ich sammelte die Orangen ein, die auf dem schwarzen Teppichboden davongekullert waren.
    »Na, ob du bei unserem … Spiel für Anabel einspringst«, erwiderte Jasper. »Was natürlich nur geht, wenn du noch Jungfrau bist. Deshalb sollten wir das auch gleich als Erstes klären: Bist du noch Jungfrau?«
    Was bitte ging ihn das denn an? Ging’s noch?
    »Ach, halt die Klappe, Jas«, sagte Henry, während mir das Unschuldslamm-Lächeln aus dem Gesicht kippte.
    »Wieso denn?« Jasper krauste verständnislos seine Stirn. »Was nutzt es, wenn wir ihr stundenlang versuchen zu erklären, worum es geht, und sich dann herausstellt, dass sie ohnehin nicht in Frage kommt? Ich habe neulich erst wieder gelesen, dass Mädchen ihr erstes Mal im Durchschnitt mit fünfzehn

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