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Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Das Erwachen: Dunkle Götter 1

Titel: Das Erwachen: Dunkle Götter 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael G. Manning , Jürgen Langowski
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gerade von meinen neuen Kräften bei unserer letzten Begegnung furchtbar verängstigt worden.
    Es war an der Zeit, den Herzog aufzusuchen. Ich zog den Mantel meiner Mutter hervor, der das Wappen der Camerons trug. Das Kleidungsstück hing locker herab und war an den Seiten offen, sodass ich es mir leicht überwerfen konnte, auch wenn ich offenbar ein Stück größer war als Elena. Sie musste dennoch eine große Frau gewesen sein, denn mir war der Wappenrock höchstens eine Handbreit zu kurz. Zuletzt legte ich einen Gürtel an und ging hinaus, um mit James Lancaster zu sprechen.
    Er befand sich in seinem Zimmer, Genevieve leistete ihm Gesellschaft. Sie kamen mir wie zwei Leute vor, die gerade ein Geheimnis miteinander geteilt hatten. James winkte mir, die Tür zu schließen. Dann blieb ich vor ihm stehen.
    »Ich bin auf Bitten meiner Mutter hier«, sagte ich.
    Genevieve brach in Tränen aus. Es kam so plötzlich und unerwartet, dass ich nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte. Sie sprang auf und nahm mich sofort in die Arme. In den sechzehn Jahren, die ich lebte, und in den elf Jahren, an die ich mich tatsächlich erinnern konnte, hatte ich noch nie gesehen, dass Marcs Mutter auf diese Weise die Fassung verloren hätte. Ja, sie hatte gelacht und war manchmal wütend geworden, hatte sich mitunter auch Sorgen gemacht … aber so leidenschaftlich hatte sie noch nie geweint. Noch schlimmer, sie hielt mich fest, wie sie es eigentlich nur bei ihren Kindern oder ihrem Gemahl hätte tun sollen.
    Nervös schlang ich die Arme um sie und klopfte ihr leicht auf den Rücken. Gleichzeitig sah ich den Herzog fragend an, der jedoch nur nickte, um mir zu bedeuten, dass alles in Ordnung sei. Nach einem Moment gab mich Genevieve wieder frei und kehrte zu ihrem Sitzplatz zurück. Sie schniefte allerdings immer noch, und ihr Gesicht war rot und verweint.
    »Als du mit diesem Kleidungsstück eingetreten bist, war ich vollkommen sicher«, erklärte James. »Ich habe sie vor mehr als sechzehn Jahren das letzte Mal gesehen, aber du bist deiner Mutter sehr ähnlich, auch wenn du den Farbton von deinem Vater hast.«
    »Dann kanntet Ihr sie also?«, fragte ich.
    »Allerdings. Deinem Vater bin ich mehrmals in Albamarl begegnet, wo er dem König diente. Deine Mutter kannte ich sogar noch besser, denn sie wuchs auf der Burg Cameron auf, die keine zwanzig Meilen entfernt liegt. Dort habe ich Ginny kennengelernt.« Liebevoll blickte er zu Genevieve hinüber.
    Das verwirrte mich, und ich glaube, er sah es mir an. Genevieve beantwortete meine unausgesprochene Frage. »Ich bin dort gewesen, um meine Schwester Sarah zu besuchen. Deine Großmutter.« Ihre Augen waren noch immer feucht. Ich brauchte einen Augenblick, um das Gehörte zu verdauen. Wenn Genevieve die Schwester meiner Großmutter war, dann war sie die Tante meiner Mutter und also … meine Großtante. Wir waren miteinander verwandt !
    »Aber das bedeutet ja …«
    »Deine Mutter war meine Nichte, ja, und du bist mein Großneffe.« Dann war die feste Umarmung also doch kein so grober Verstoß gegen die guten Sitten gewesen. Mir fiel aber noch etwas anderes ein.
    »Demnach ist Marc doch mein …« Was das Berechnen der verschiedenen Verwandtschaftsgrade betraf, war ich noch nie sehr gut gewesen. Glücklicherweise befand ich mich aber in der Gesellschaft zweier Amateur-Genealogen. Adlige lernten so etwas, sobald sie alt genug waren, um sprechen zu können.
    »Dein Vetter zweiten Grades«, beendete sie den Satz für mich. Ich hätte wohl noch einige Zeit gebraucht, es mir selbst zusammenzureimen. Zuerst fragte ich mich, ob ich dadurch auch mit den Lancasters verwandt sein müsse, aber das traf nicht zu. Mit Marcus war ich lediglich über seine Mutter verwandt, die vor der Heirat mit James eine Drake gewesen war.
    »Wie gut kanntet Ihr meine Mutter?«, fragte ich, sobald wir wieder bei diesem Thema waren.
    »Sehr gut«, antwortete Genevieve. »Sie war meine einzige Nichte. Als sie mir mitteilte, sie wolle das alte Zuhause ihrer Familie besuchen, wäre ich gern ebenfalls dorthin gereist, doch James und ich mussten in jener Woche in Albamarl anwesend sein. Ich hätte mich gefreut, dich … und sie zugleich zu sehen.« Beinahe wäre sie wieder zusammengebrochen, doch nun schöpfte sie tief Luft und fasste sich. »Sie war so jung und voller Leben. Als sie beschloss, sich dem Geschlecht von Illeniel zu widmen und die Gelübde abzulegen, war ihr Vater so wütend, dass ich schon dachte, er werde

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