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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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hielt.
    Langweilig war ihr nie. Abends las sie über die Hexenprozesse von Salem und die Puritaner. Außerdem fuhr sie jeden Tag nach Salem, um die Baustelle zu besichtigen. Die Arbeiten gingen unglaublich schnell voran. An der alten Mühle arbeiteten zwar erheblich mehr Handwerker als im Cottage, doch auch damit ging es zügig voran; die Maler begannen schon mit dem Endanstrich, bevor alle Tischlerarbeiten erledigt waren.
    Zu Kims Überraschung war ihr Vater offensichtlich beeindruckt. Für ihn stand allerdings nicht die Restaurierung des schönen, alten Cottage im Vordergrund; vielmehr war er stolz auf sie, weil sie die alte Mühle umbaute und als Labor vermieten wollte. Kim klärte ihn nicht darüber auf, daß sie mit diesem Projekt eigentlich nichts zu tun hatte und es auch nicht ihre Idee gewesen war.
    Immer wenn sie zu dem Anwesen hinausfuhr, stöberte sie auch ein bißchen in den verstaubten Dokumenten herum. Doch sie förderte nichts mehr Interessantes zutage. Am Donnerstag, dem 11. August, faßte sie schließlich den Entschluß, mit dem Brief von Increase Mather nach Boston zu fahren; sie wollte ihn der Harvard University vorlegen.
    Am 12. August ging sie nach der Arbeit zur Ecke Charles Street/Cambridge Street und stieg die Treppen zur MTA-Station hinauf. Allerdings hatte sie nur wenig Hoffnung, das mysteriöse Beweisstück ausgerechnet in der Universität zu finden. Sie konnte sich kaum vorstellen, daß die Uni derlei obskure Exponate über einen so langen Zeitraum aufbewahrte.
    Während sie auf den Zug wartete, war sie kurz davor, ihr Vorhaben wieder abzublasen. Doch dann machte sie sich klar, daß sie gar keine andere Wahl hatte. Sie zwang sich, die Sache durchzuziehen – was auch immer auf sie zukommen mochte.
    Da Edward die Widener-Bibliothek erwähnt hatte, wollte sie ihr Glück zuerst dort versuchen. Sie stieg die breite Treppe hinauf und ging zwischen zwei imposanten Säulen hindurch. Sie war nervös und mußte sich ständig Mut machen, um nicht doch noch einen Rückzieher zu machen. An der Information trug sie ihr Anliegen eher vage vor: Sie bat darum, mit jemandem sprechen zu können, der für die Betreuung sehr alter Objekte zuständig sei. Man schickte sie in das Büro von Mary Custland.
    Mary Custland war eine dynamische Frau Ende Dreißig; sie trug ein modisches, dunkelblaues Kostüm, eine weiße Bluse und einen bunten Schal. Sie entsprach ganz und gar nicht der Vorstellung, die Kim von einer typischen Bibliothekarin hatte. Ihr offizieller Titel lautete »Kustos für seltene Bücher und Manuskripte«. Zu Kims Erleichterung erwies sie sich als eine angenehme und freundliche Frau.
    Kim nahm den Brief aus ihrer Tasche und reichte ihn Mary; dabei erwähnte sie, daß sie eine Nachfahrin des Empfängers sei.
    Als sie gerade zu weiteren Erklärungen ausholen wollte, wurde sie von Mary unterbrochen.
    »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie überrascht. »Da ist ja ein Brief von Increase Mather!« Während sie sprach, ließ sie ehrfürchtig ihre Finger über das Papier gleiten.
    »Das wollte ich Ihnen ja gerade erklären«, sagte Kim.
    »Dann hole ich am besten Catherine Sturburg hinzu«, schlug Mary vor. Sie legte den Brief vorsichtig auf ihre Schreibtischunterlage und griff zum Telefon. Während sie darauf wartete, daß am anderen Ende jemand den Hörer abnahm, erklärte sie Kim, daß Catherine eine Spezialistin für Überlieferungen aus dem siebzehnten Jahrhundert sei und sich insbesondere für Increase Mather interessiere.
    Noch während Kim erzählte, wo sie den Brief gefunden hatte, betrat Catherine das Zimmer. Sie war schon etwas älter, hatte graue Haare und trug eine Lesebrille. Mary machte die beiden Frauen miteinander bekannt und zeigte ihrer Kollegin den Brief.
    Catherine hielt den Brief vorsichtig zwischen ihren Fingerspitzen und begann zu lesen. Jetzt erst wurde Kim bewußt, wie unbekümmert sie im Gegensatz zu den Bibliothekarinnen mit den alten Papieren umgegangen war.
    »Was halten Sie davon?« fragte Mary, nachdem ihre Kollegin den Brief durchgelesen hatte.
    »Er ist auf jeden Fall echt«, erwiderte Catherine. »Das kann ich aufgrund der Handschrift und der Syntax mit Sicherheit sagen. Interessanterweise wird sowohl auf William Brattle als auch auf John Leverett Bezug genommen. Aber um was für ein Beweisstück mag es in dem Brief gehen?«
    »Deswegen bin ich gekommen«, erklärte Kim. »Eigentlich wollte ich nur etwas mehr über meine Vorfahrin Elizabeth Stewart erfahren, doch im

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