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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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überhaupt nichts auszusetzen, nur habe ich das Gefühl, daß dabei im Augenblick Ihre Bedürfnisse zu kurz kommen.«
    »Das ist stark untertrieben«, gab Kim zu.
    »Sie sollten darüber nachdenken, was für Sie gut ist, und entsprechend handeln«, sagte Alice. »Ich weiß, daß das leichter gesagt als getan ist. Sie haben Angst davor, dann seine Liebe zu verlieren. Aber Sie sollten wenigstens ernsthaft darüber nachdenken.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß ich nicht mit Edward zusammenleben sollte?« fragte Kim.
    »Keineswegs«, widersprach Alice. »Mir steht es gar nicht zu, so etwas zu sagen. Das können nur Sie. Aber ich denke, Sie sollten über wechselseitige Abhängigkeit nachdenken.«
    »Glauben Sie, daß es jetzt darum geht?« fragte Kim.
    »Ich möchte nur, daß Sie sich gedanklich damit befassen«, sagte Alice. »Sie wissen, daß Menschen, die in der Kindheit mißhandelt worden sind, dazu neigen, später die Umstände dieser Mißhandlung wiederherzustellen.«
    »Aber Sie wissen, daß ich nicht mißhandelt worden bin«, sagte Kim.
    »Ich weiß, daß man Sie nicht im allgemeinen Wortsinn mißhandelt hat«, sagte Alice. »Aber Sie hatten keine gute Beziehung zu Ihrem Vater. Mißhandlungen können wegen des riesigen Machtgefälles zwischen Eltern und Kind die verschiedensten Formen annehmen.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Kim.
    Alice beugte sich vor und legte die Hände auf die Knie. Sie lächelte gewinnend. »Mir scheint, es gibt da einige Dinge, über die wir sprechen sollten. Unglücklicherweise ist die halbe Stunde, die ich für Sie freimachen konnte, jetzt vorbei. Ich wünschte, ich könnte Ihnen jetzt noch mehr Zeit widmen, aber so kurzfristig war mir das nicht möglich. Ich hoffe, es ist mir zumindest gelungen, Sie zum Nachdenken über Ihre eigenen Bedürfnisse zu veranlassen.«
    Kim stand auf. Ein Blick auf die Uhr ließ sie staunen, wie schnell die Zeit vergangen war. Sie dankte Alice überschwenglich.
    »Wie steht es um Ihre Beklemmung?« fragte Alice. »Ich könnte Ihnen ein paar Xanax geben, wenn Sie meinen, daß Sie sie vielleicht brauchen.«
    Kim schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, aber es geht schon«,sagte sie. »Außerdem habe ich noch ein paar von denen, die Sie mir beim letzten Mal gegeben haben.«
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie einen richtigen Termin vereinbaren wollen«, sagte Alice.
    Kim versprach, sich beim nächsten Mal rechtzeitig anzumelden, und ging. Auf dem Rückweg zum Bahnhof dachte Kim über die kurze Sitzung nach. Sie hatte das Gefühl gehabt, gerade in Schwung zu kommen, als die halbe Stunde vorbei war. Aber Alice hatte ihr eine ganze Menge Stoff zum Nachdenken gegeben.
    Auf der Rückfahrt beschloß Kim, mit Edward zu reden. Sie wußte, daß dies nicht leicht sein würde, weil ihr solche Auseinandersetzungen sehr schwerfielen. Außerdem war Edward im Moment sicher nicht in der Stimmung für ein so emotionsgeladenes Thema. Trotzdem stand für sie fest, daß sie das Gespräch mit ihm führen mußte, ehe alles noch schlimmer wurde.
    Als Kim in ihr Familienanwesen fuhr, sah sie zu dem Laborgebäude hinüber und wünschte sich das nötige Selbstbewußtsein, um gleich hinüberzugehen und von Edward auf der Stelle eine Aussprache zu verlangen. Aber sie wußte, daß sie dazu nicht imstande war, ja sogar, daß sie ein solches Gespräch nicht einmal, falls er am Nachmittag im Cottage auftauchen würde, mit ihm würde führen können, sofern er ihr nicht von sich aus irgendwie das Gefühl vermittelte, daß auch er dazu bereit war. Resigniert fand sie sich damit ab, daß sie wohl Edward die Initiative würde überlassen müssen.
    Aber Kim bekam Edward weder am Freitag abend noch am Samstag zu sehen. Sie entdeckte lediglich ein paar Hinweise darauf, daß er kurz nach Mitternacht nach Hause gekommen und vor Sonnenaufgang wieder weggegangen war. Das Wissen, daß sie mit ihm reden mußte, hing wie eine dunkle Wolke über Kim; ihre Beklemmung wurde immer stärker.
    Am Sonntag morgen beschäftigte Kim sich auf dem Dachboden der Burg damit, Dokumente zu sortieren. Die wenig anspruchsvolle Tätigkeit verschaffte ihr ein gewisses Maß an Trost und lenkte sie für ein paar Stunden von ihrer unbefriedigenden Situation ab. Um Viertel vor eins ließ ihr Magen sie wissen, daß seit dem Frühstück, das aus einer Tasse Kaffee und einer Schale Cornflakes bestanden hatte, viel Zeit vergangen war.
    Auf dem Weg hinüber zum Cottage betrachtete Kim die herbstliche Szene um sich herum. Das Laub an

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