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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment
Autoren: Robin Cook
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nur im Zusammenhang mit der jährlichen Verleihung des Schauspielpreises. Das Clubgebäude sah aus wie die meisten Häuser in Harvard: Es war ein rotes Backsteinhaus mit weißen Verzierungen. Obwohl sich in der oberen Etage ein Restaurant mit dem Namen Upstairs at the Pudding befand, hatte Kimberly das Haus noch nie betreten. Dies sollte ihr erster Besuch sein.
    Als sie wieder normal atmete, öffnete Kim die Tür und betrat das Gebäude. Sie mußte mehrere pompöse Treppen hinaufsteigen, und als sie schließlich die Empfangstheke des Restaurants erreicht hatte, war sie schon wieder leicht außer Atem. Sie erkundigte sich nach der Damentoilette.
    Während sie versuchte, ihr kräftiges rabenschwarzes Haar zu bändigen, sagte sie sich immer wieder, daß sie keinen Grund hatte, nervös zu sein. Schließlich gehörte Stanton Lewis zur Familie. Allerdings hatte er sie noch nie zuvor auf die letzte Minute angerufen und sie bedrängt, »unbedingt« an einem Abendessen teilzunehmen. Es handele sich um einen »Notfall«, hatte er gesagt.
    Obwohl sie immer noch nicht damit zufrieden war, ließ sie schließlich von ihrer Frisur ab und begab sich erneut zum Empfang. Diesmal bat sie den Begrüßungskellner, sie zu Mrs. und Mr. Stanton Lewis zu führen.
    »Die Gesellschaft ist fast komplett«, bemerkte der Kellner. Kim folgte ihm durch das Restaurant und spürte, wie ihre Unsicherheit wuchs. Bei dem Wort »Gesellschaft« war sie zusammengezuckt. Sie überlegte, wer wohl außer Stanton und seiner Frau noch bei dem Essen dabeisein würde.
    Der Kellner führte sie auf eine Terrasse, wo bereits allerhand Gäste auf ihr Essen warteten. Stanton und seine Frau Candice saßen an einem Vierertisch in der Ecke.
    »Tut mir leid, daß ich mich verspätet habe«, entschuldigte sich Kim, als sie den Tisch erreichte.
    »Aber du kommst gar nicht zu spät«, erwiderte Stanton.
    Er sprang auf, schloß sie überschwenglich in die Arme und schien sie gar nicht wieder loslassen zu wollen. Kim versuchte sich aus seiner Umarmung zu befreien. Ihr Gesicht wurde knallrot. Sie hatte das unangenehme Gefühl, daß jeder Gast auf der überfüllten Terrasse sie anstarrte. Als sie Stanton endlich abgeschüttelt hatte, ließ sie sich auf dem Stuhl nieder, den der Diener ihr zurechtgerückt hatte, und wäre am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken.
    Jedesmal wenn sie mit Stanton zusammen war, fühlte sich Kim wie auf einem Präsentierteller. Stanton war zwar ihr Cousin, aber er war völlig anders als sie. Während sie sich für schüchtern, manchmal sogar menschenscheu hielt, strotzte Stanton nur so vor Selbstbewußtsein: Er galt als weltläufiger, äußerst durchsetzungsfähiger und gebildeter Mann. Er hatte eine sportliche Figur, war groß und zwang sich immer zu einer aufrechten Haltung. Jeder sah in Stanton den vollendeten Unternehmer. Und auch Candice war alles andere als ein Mauerblümchen; trotz ihres Lächelns vermittelte sie Kim das Gefühl, gesellschaftlich inakzeptabel zu sein.
    Kim sah sich vorsichtig um und stieß dabei aus Versehen an den Kellner, der ihr gerade eine Serviette auf den Schoß legen wollte. Gleichzeitig baten sie einander um Entschuldigung.
    »Ganz ruhig, Cousine«, sagte Stanton, nachdem der Kellner gegangen war. Dann schenkte er Kim ein Glas Weißwein ein. »Du bist ja ein einziges Nervenbündel.«
    »Du machst mich nur noch nervöser, wenn du an mir herumnörgelst«, zischte Kim und nippte an ihrem Glas.
    »Es ist wirklich komisch mit dir«, bemerkte Stanton beiläufig.
    »Ich werde nie begreifen, warum du immer so schrecklich gehemmt bist – und erst recht nicht, wenn du mit deinen Verwandten in einem Raum voller Leute sitzt, die du nie wiedersehen wirst. Warum trägst du deine Haare eigentlich nicht offen?«
    »Weil meine Haare so störrisch sind, daß ich keinen Einfluß darauf habe, wie sie liegen«, antwortete Kim scherzhaft. Sie wurde nun doch etwas ruhiger. »Im übrigen ist mir völlig klar, warum du dir nicht vorstellen kannst, daß ich mich unwohl fühle. Du bist eben dermaßen von dir überzeugt, daß es für dich unvorstellbar ist, wie jemand ganz anders sein kann als du.«
    »Dann gib mir doch die Chance, dich zu verstehen«, schlug Stanton vor. »Erklär mir zum Beispiel, warum du dich jetzt unwohl fühlst. Mein Gott, deine Hand zittert ja!«
    Kim stellte ihr Glas ab und legte die Hände auf ihre Beine. »Vor allem bin ich nervös, weil alles so schnell gehen mußte«, begann sie. »Nach deinem überraschenden
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