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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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habe, war recht eigenartig. Eine unvollständig ausgefüllte Karte, die allem Anschein nach an dem Objekt befestigt gewesen war. Ich habe eine Kopie für Sie gemacht.« Er reichte Kim das Papier.
    Die Kopie war ziemlich schwer zu lesen, und sie mußte sich etwas zur Seite wenden, um das vom Fenster hereinkommende Licht nutzen zu können. Soweit sie die Schrift entziffern konnte, lautete der Text: Kuriosität von Rachel Bingham, erhalten im Jahre 1691. Das Wort »Kuriosität« erinnerte Kim an die von Mary Custland erwähnte »Fundgrube von Kuriositäten«. Die Handschrift erinnerte sie an Jonathans Brief an seinen Vater. Vor ihrem inneren Auge malte sie sich aus, wie Jonathan Stewart nervös und hastig die Karte bekritzelte, bemüht, möglichstschnell das Arbeitszimmer des Tutors wieder zu verlassen, wo er sich eingeschlichen hatte, um den Namen auf Rachel Bingham zu ändern. Wenn man ihn entdeckt hätte, hätte man ihn vermutlich aufgefordert, das College zu verlassen.
    »Ich habe den Dekan des Lehrstuhls angerufen«, riß Moldavian Kim aus ihren Gedanken. »Er hat mich an einen Herrn namens Carl Nebolsine verwiesen, den Kurator des Warren-Anatomiemuseums. Ich habe ihn angerufen, und er sagte mir, wenn ich das Exponat sehen wolle, müsse ich ins Verwaltungsgebäude kommen.«
    »Heißt das, daß er es hat?« fragte Kim ungläubig.
    »Allem Anschein nach«, nickte Moldavian. »Das Warren-Anatomiemuseum befindet sich im vierten Stock von Gebäude A, schräg gegenüber der Bibliothek. Würden Sie gerne hinübergehen?«
    »Unbedingt«, erwiderte Kim und spürte, wie ihr Puls schneller wurde.
    Moldavian griff nach dem Telefon. »Dann wollen wir sehen, ob Mr. Nebolsine noch drüben ist.«
    Er führte ein kurzes Gespräch, in dessen Verlauf er Kim einmal aufmunternd zunickte. Als er dann auflegte, meinte er: »Sie haben Glück, er ist noch da. Wenn Sie gleich hinübergehen, erwartet er Sie im Museum.«
    »Bin schon unterwegs«, strahlte Kim, bedankte sich bei Moldavian und eilte hinüber zu Gebäude A, einem klassizistischen Bauwerk mit mächtigen dorischen Säulen und einem massiven Ziergiebel. Ein Museumswärter hielt sie an der Tür auf, winkte sie aber weiter, als sie ihren Krankenhausausweis zeigte.
    Im vierten Stock stieg sie aus dem Aufzug. Das Museum, oder das, was hier so bezeichnet wurde, bestand aus einer Reihe von Glaskästen an der linken Wand. Die Kästen enthielten die übliche Kollektion primitiver chirurgischer Instrumente, alter Fotos und pathologischer Proben. Es gab eine ganze Anzahl Schädel, darunter auch einen mit einem Loch in der oberen Stirnpartie, das sich durch die linke Augenhöhle fortsetzte.
    »Das ist ein ganz interessanter Fall«, sagte eine Stimme. Kim blickte auf und sah sich einem Mann gegenüber, der wesentlich jünger war, als sie das bei einem Museumskurator erwartet hätte. »Sie müssen Kimberly Stewart sein. Ich bin Carl Nebolsine.« Sie gaben sich die Hand.
    »Sehen Sie diese Stange dort drüben?« fragte Nebolsine und deutete auf eine etwa eineinhalb Meter lange Stahlstange. »Das ist eine sogenannte Stopfstange. Sie diente dazu, Pulver in ein Loch zu stopfen, das zu Sprengzwecken gebohrt wurde. Und eines Tages, vor mehr als hundert Jahren, ist diese Stange da jenem Mann durch den Kopf gegangen.« Nebolsine deutete auf den Schädel. »Das Erstaunliche ist, daß der Mann das überlebt hat.«
    »Und er hat keinen Schaden davongetragen?« fragte Kim.
    »Nun, es heißt, er sei, nachdem er sich von dem Trauma erholt hatte, nicht mehr besonders umgänglich gewesen, aber das verwundert einen ja nicht, oder?« meinte Nebolsine.
    Kim studierte die anderen Ausstellungsstücke. Ganz in der Ecke entdeckte sie ein paar Bücher.
    »Ich höre, Sie interessieren sich für das Rachel-Bingham-Exponat«, meinte Nebolsine.
    »Ist es hier?« fragte Kim.
    »Nein.«
    Kim sah den Mann an, als ob sie nicht richtig gehört habe.
    »Es ist unten im Lager«, erklärte Nebolsine. »Es kommt nicht oft vor, daß jemand es sehen will, und wir haben bei weitem nicht genug Platz, um alles auszustellen, was wir haben. Möchten Sie es gern sehen?«
    »Sehr gern«, erklärte Kim erleichtert.
    Sie fuhren mit dem Aufzug in den Keller und folgten einem labyrinthartigen Weg, den Kim ungern allein zurückgegangen wäre. Schließlich schloß Nebolsine eine schwere Stahltür auf und knipste das Licht an: einige nackte Glühbirnen, die von der Decke hingen.
    Der ganze Raum war mit verstaubten alten Glaskästen

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