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Das Experiment

Das Experiment

Titel: Das Experiment Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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erschöpft, war aber gleichzeitig innerlich völlig ruhig. Zum erstenmal seitMonaten spürte sie nicht mehr jene vage, nagende Beklemmung. Obwohl sie wußte, daß ihr Leben in Unordnung geraten war, war sie fest entschlossen, es zu ändern, und glaubte zu wissen, wo sie ansetzen mußte.
    Sie ging ins Badezimmer und nahm ein ausgiebiges Bad, etwas, was sie schon so lange nicht mehr getan hatte, daß sie sich gar nicht mehr an das letzte Mal erinnern konnte. Nach dem Bad schlüpfte sie in einen weiten Jogginganzug und bereitete sich das Abendessen zu.
    Nach dem Abendessen trat Kim an das Fenster im Salon und blickte zum Labor hinüber. Wann Edward wohl herüberkommen würde?
    Kims Blick wanderte zu den schwarzen Baumsilhouetten weiter. Sie standen völlig reglos da, wie hinter Glas, immer noch regte sich kein Lüftchen. Der Sturm, von dem sie bei ihrer Ankunft geglaubt hatte, er würde gleich losbrechen, war im Westen hängengeblieben. Aber dann sah Kim den ersten Blitz, gleich darauf war in der Ferne ein dröhnender Donner zu hören.
    Kim ging ins Zimmer zurück und setzte sich so, daß sie Elizabeths Porträt sehen konnte. Sie ließ ihre Gedanken schweifen und dachte darüber nach, ob sie vielleicht den Beruf wechseln sollte, ob sie überhaupt den Mut haben würde, dieses Risiko einzugehen. Wirtschaftliche Gründe konnte sie nicht als Vorwand benutzen, dazu war ihre Erbschaft zu groß. Es wäre eine große Herausforderung, besonders wenn sie daran dachte, vielleicht einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Die Verlockung war groß.
    Eine der unerwarteten Folgen von Kims Bemühungen, Dokumente aus dreihundert Jahren zu sortieren, war die Erkenntnis, wie wenig ihre Familie für die Gemeinschaft getan hatte. Die riesige Menge von Papieren und die geschmacklose Burg waren die beiden größten Vermächtnisse. Unter ihren Vorfahren hatte es nie Künstler, Musiker oder Schriftsteller gegeben. Trotz all ihres Geldes hatten sie keine Kunstsammlungen aufgebaut, keine Bibliotheken oder Philharmonien gestiftet. Tatsächlich hatten sie überhaupt keinen Beitrag zur Kultur geliefert, es sei denn, Unternehmertum war in sich selbst eine Kultur.
    Um neun Uhr hatte Kims Erschöpfung ihren Höhepunkt erreicht. Einen Augenblick lang überlegte sie, ob sie noch einmalins Labor gehen sollte, tat den Gedanken aber dann ebenso schnell wieder ab. Wenn Edward hätte reden wollen, wäre er herübergekommen. Statt dessen schrieb sie ihm einen Zettel und klebte ihn im Bad an den Spiegel. Auf dem Zettel stand schlicht: Ich werde um fünf Uhr aufstehen, dann können wir reden.
    Nachdem sie mit der Katze kurz aus dem Haus gegangen war, ging Kim zu Bett. Sie versuchte gar nicht erst zu lesen und dachte nicht einmal daran, ein Schlafmittel zu nehmen. Binnen weniger Minuten schlief sie tief.

 
Kapitel 20
     
Dienstag, 4. Oktober 1994
     
    Ein erschreckend lauter Donnerschlag riß Kim aus den Tiefen eines Traumes. Das Haus vibrierte noch von dem ungeheuren Lärm, als ihr bewußt wurde, daß sie kerzengerade im Bett saß. Sheba hatte auf den Schrecken mit einem Satz vom Bett reagiert und hielt sich darunter versteckt.
    Es regnete in Strömen, und Kim sprang aus dem Bett, um die Fenster zu schließen. In diesem Augenblick traf ein Blitzstrahl den Blitzableiter auf einem Burgturm und tauchte das ganze Gelände im bläuliches Licht.
    Kim sah etwas Erstaunliches. Eine gespenstische, spärlich bekleidete Gestalt rannte über den Rasen, und obwohl Kim sie nur den Bruchteil einer Sekunde lang gesehen hatte und deshalb ihrer Sache nicht sicher war, glaubte sie doch, daß es Eleanor gewesen war.
    Kim zuckte zusammen, als dicht auf den Blitz ein neuer Donnerschlag folgte. Ohne auf das Dröhnen in ihren Ohren zu achten, versuchte sie in der Dunkelheit etwas zu erkennen, was freilich im dichten Regen unmöglich war.
    Sie rannte zu Edwards Schlafzimmer hinüber, denn sie war überzeugt, keiner Halluzination zum Opfer gefallen zu sein; irgend jemand war dort draußen.
    Sie mußte es Edward sagen. Zu Kims Überraschung war die Tür geschlossen. Sie klopfte. Als keine Reaktion kam, klopfte sie noch einmal, diesmal lauter, und öffnete die Tür.
    Edward lag mit ausgestreckten Armen und Beinen auf dem Rücken. Er trug nur seine Unterwäsche. Ein Hosenbein hing noch an seinem Bein, das andere über der Bettkante. Sie schüttelte ihn leicht, aber er wachte nicht auf. Kim schüttelte ihn heftiger, und als auch das keine Wirkung zeigte, wurde sie unruhig. Es war, als

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