Das Experiment
Sully gewesen, der sie so sehen konnte, hätte sie nicht den Mut gehabt, den Zweiteiler anzuziehen.
„Ich habe einige Badehosen auf das Bett gelegt, die dir passen könnten“, sagte sie. „Was gibt es zu trinken?“
Er lächelte und drehte sich zu ihr, in einer Hand ein Tütchen mit Knabbergebäck. Sein Lächeln erstarrte und verschwand. Er hatte die Prellungen in ihrem Gesicht und an den Armen gesehen, aber jetzt sah er zum ersten Mal, wie Auger ihren ganzen Körper zugerichtet hatte. Auch wenn die Stellen längst nicht mehr so dunkel verfärbt waren wie noch ein paar Tage zuvor, erinnerten sie schmerzhaft daran, was Ginny über sich hatte ergehen lassen müssen.
„Ich werde wohl ewig bedauern, dass ich diesen Kerl nicht umgebracht habe“, sagte er leise.
Ginny lief rot an und verschränkte abwehrend die Arme vor dem Bauch.
„Mach das nicht“, sagte er und zog ihre Arme weg vom Körper.
„Ich wollte …“
Er legte seine Hände um ihr Gesicht. Sie stand bewegungslos da und sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Sie wusste, dass er sie küssen würde. Es war, als hätten sie seit dem Moment darauf gewartet, als er an der Hütte angeklopft und aus dem Regen ins Trockene gekommen war.
„Sully …“
„Schhhht“, machte er leise und strich mit dem Daumen vorsichtig über die Verletzung auf ihrer Unterlippe. „Ich möchte dir nicht wehtun.“
„Ich bin zäh, weißt du noch?“
Außerdem wirst du mir spätestens dann wehtun, wenn du mich verlässt.
Er atmete langsam ein und senkte seinen Kopf. Ihre Lippen waren weich und voller Verlangen. Er fuhr mit den Händen durch ihr Haar, zog sie näher an sich heran und fühlte das Zögern und schließlich das Akzeptieren einer Frage, die noch nicht ausgesprochen worden war und von der er nicht wusste, ob er sie stellen konnte.
Sullivan machte als Erster einen Rückzieher. Er stöhnte leise auf. „Verzeih mir, Ginny, das hätte ich nicht machen dürfen.“
Sie sah ihn verwundert an, dann schüttelte sie den Kopf und ging aus der Küche.
Sully wollte sie zurückrufen, aber er wusste nicht, was er sagen sollte. Verdammt, ja, er wollte mit ihr schlafen. Mehr als alles andere. Aber er war einmal nachlässig geworden und hätte beinahe Ginnys Leben auf dem Gewissen gehabt. Er blieb so lange in der Küche stehen, bis er sicher sein konnte, dass sie im Pool war. Einer der Wachmänner tauchte kurz an der Ecke des Hauses auf, woraufhin Sully beruhigt nach oben ging, um sich umzuziehen. Er wusste, dass sie im Moment in Sicherheit war.
Ginny hatte versucht, eine Bahn zu schwimmen, aber es war ihr zu anstrengend. Stattdessen hielt sie sich am Beckenrand auf und ließ sich vom Wasser treiben. Das kühle Wasser war ein angenehmer Kontrast zur unerträglichen Hitze, doch je länger sie im Pool blieb, umso stärker wurde ihr die Umgebung bewusst.
Es war die Stille, die ihr auffiel. Kein Auto, kein Flugzeug, keine Polizeisirenen. Nicht einmal die Stimmen anderer Leute. Nur das Plätschern des Wassers am Rand des Pools war zu hören, begleitet von einem leisen Summen, wenn die Klimaanlage im Haus sich einschaltete.
„Ginny, komm bitte einen Moment aus dem Wasser.“
Sie sah auf und entdeckte Sully, der mit einer kleinen Plastikflasche in ihrer Höhe neben dem Pool stand.
„Sonnenschutzcreme.“
Sie legte eine Hand auf ihren Arm, der bereits heiß war.
„Oh, stimmt ja.“ Sie hob ihre Hand und ließ sich von ihm aus dem Wasser ziehen.
„Autsch, der Betonboden ist ja kochend heiß“, rief sie und sprang von einem Fuß auf den anderen.
Sully warf ein Handtuch auf den Boden. „Stell dich da drauf“, sagte er.
Dankbar trat sie auf den Frotteestoff, der die Hitze zurückhielt.
„Es dauert nicht lange“, meinte Sully. „Ich muss allerdings das Oberteil aufmachen, damit ich deine Schultern eincremen kann.“
Sie nickte und drückte ihr Oberteil mit beiden Händen an sich. Im nächsten Moment legten sich seine Hände auf ihre Schultern und begannen, die Lotion zu verreiben.
Es war ein Reflex, der sie zusammenzucken ließ, aber er entging Sully nicht. Sofort hörte er auf.
„Tut mir Leid, Ginny. Vielleicht solltest du das besser selbst machen, anstatt mit dem Gefühl von Männerhänden auf deiner Haut klarzukommen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein, sei nicht albern. Es war nur ein Reflex. Die Creme ist kalt, weiter nichts.“
Er wusste, dass sie log, aber es machte ihn nur noch vorsichtiger, was das Abschweifen seiner Gedanken
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