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Das Fest der Schlangen

Das Fest der Schlangen

Titel: Das Fest der Schlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Dobyns
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hatte, stapften sie noch weiter und hofften, er werde sie wiederfinden. Gegen halb fünf stellten sie die Suche für diese Nacht ein. Um acht wollten sie wieder anfangen, wenn Carl bis dahin nicht anderswo gefunden würde. Um fünf lag Woody wieder zu Hause im Bett.
    Um halb sieben rief Jill Franklin an. »Frühstück?« Ihre Stimme klang vergnügt und herzlich.
    Grunzend bahnte Woody sich seinen Weg zurück zur Sprache. »Gern.«
    »Um sieben im Brewster Brew?«
    »Das lässt sich machen. Übrigens habe ich schlechte Nachricht.« Woody schwieg kurz; ihm graute vor dem, was er jetzt sagen würde. »Hercel McGartys Mom wurde gestern Abend ermordet.«
    Jill zog zischend die Luft durch die Zähne ein und antwortete nicht sofort. »Der arme Junge. Das tut mir so leid.«
    »Es wird noch schlimmer. Sein Stiefvater hat es getan. Und Hercel hat es mit angesehen. Seine Schwester übrigens auch.«
    »Mr. Krause? Wie furchtbar.«
    »Wollen Sie immer noch frühstücken gehen?«
    »Natürlich.« Aber die Fröhlichkeit in ihrem Ton war verschwunden. »Wo ist Hercel jetzt?«
    »Draußen bei Bernie und Barton Wilcox. Sie haben die Schafe –«
    »Ich kenne die beiden. Ich habe mal einen Artikel über sie für die Times & Advertiser geschrieben.«
    Wenig später, als Woody auf Brewster zufuhr, überholte ihn ein Pressehubschrauber. Das brachte nicht seine beste Seite zum Vorschein. Geier , dachte er. Tatsächlich war schon einer gelandet, und fünf Übertragungswagen standen vor dem Polizeirevier. Woody dachte an Baldo Bonaldo, den er am Dienstag gesehen hatte, wie er mit einer Nackenspoiler-Perücke mit dunklen Ponyfransen aus der Bibliothek gekommen war. Vielleicht sollte ich mir das Ding ausborgen , dachte Woody, damit die Reporter mich nicht erkennen.
    Als Woody die Water Street hinauffuhr, sah er einen TV -Truck vor dem Brewster Brew, und die fünf Personenwagen gehörten vermutlich Reportern. Er wollte da nicht hinein.
    Aber als er den Fuß vom Gas nahm, kam eine Gestalt zwischen den geparkten Autos hervor und winkte. Jill Franklin. Woody bremste so plötzlich, dass Ajax vom Rücksitz rutschte. Er stieß die Tür auf, und Jill sprang herein. Sie hatte eine Papiertüte in der Hand.
    »Wow. Sie sollten den Laden › Brewster Zoo ‹ nennen. Ich habe zwei schwarze Kaffee, Creamcheese und drei Bagels.«
    »Wieso drei?«
    »Einen für Ajax. Fahren wir runter zum Strand. Sie sehen müde aus. Die Säcke unter Ihren Augen haben schon ihre eigenen kleinen Säcke.«
    »Vielen Dank.«
    »Ich finde sie nett.«
    Er sah sie überrascht an, und sie lächelte. Er wollte zurücklächeln und spürte, wie seine Wangen knarrten. Charmant wie ein Zementblock , dachte er und richtete seine Aufmerksamkeit auf die Straße. Auf der Fahrt zum Strand erzählte er, was sich in der Nacht ereignet, und auch, was er von Peggy Summers erfahren hatte. Jill machte schmale Augen, als strahlten diese Neuigkeiten in einem grellen Licht. Ihre Bestürzung nahm zu, und als Woody ihr von Hercel berichtete, kamen ihr die Tränen. Er musste daran denken, wie er bei ihren ersten Begegnungen versucht hatte, ihr Informationen vorzuenthalten. Jetzt kippte er ihr alles in den Schoß. Aber es war schlimmer, denn er sah den Schmerz in ihrem Gesicht, als wären seine Worte ein Gift, das er in ihren Körper pumpte.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich sollte das alles für mich behalten. Es ist mir zuwider, und ich sollte daran gewöhnt sein. Ich stopfe Ihnen übles Zeug in den Kopf.«
    Jill wischte sich mit dem Handrücken über die Augen und runzelte die Stirn. »Ich kann schon selbst entscheiden, was ich aushalte und was nicht. Haben Sie sich an solche Sachen wirklich gewöhnt?«
    Etwas bewegte sich am Straßenrand. Woody drehte den Kopf zur Seite und dachte, es wäre ein Kojote, doch es war nur eine stöbernde Hauskatze. Ich brauche eine Pause , dachte er.
    »Vielleicht habe ich inzwischen Schwielen«, sagte er. »Man sieht schlimme Sachen, das gehört zum Job. Ich gewöhne mich hoffentlich niemals vollständig daran, aber meine Sorge ist, dass es so, wie es mich berührt, auch andere Leute berühren kann. Das Gift, meine ich. Das ist eines der Dinge, die mit Susie passiert sind.« Woody lachte betrübt. »Sie hat irgendwann aufgehört, mich zu fragen, ob ich einen schönen Tag gehabt hätte.«
    Jill kraulte Ajax’ Ohren. »Da brauchen Sie sich meinetwegen keine Sorgen zu machen.«
    Woody machte ein zweifelndes Gesicht. Die Sonne stand noch tief am Himmel, und sie schaute

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