Das Fest
Emily war das denn?«, erkundigte sich Luther.
»Emily Underwood.«
Er ließ eine Dose mit Keksen fallen und keuchte: »Nein!«
Nora interessierte sich auf einmal sehr für den Inhalt der letzten Einkaufstüte.
»Das kann nicht sein, Nora!«, stieß er hervor. »Du hast nicht Mitch Underwood eingeladen. Nicht hierher, in unser Haus. Das ist nicht wahr. Nora, bitte sag, dass es nicht wahr ist!«
»Wir sind in einer verzweifelten Lage.«
»Aber doch nicht so verzweifelt!«
»Ich mag Emily.«
»Sie ist eine Hexe, und das weißt du auch. Du magst sie? Wann hast du dich denn das letzte Mal mit ihr zum Mittagessen verabredet, oder zum Frühstück oder Kaffeetrinken oder zu sonst irgendwas?«
»Wir brauchen Partygäste, Luther.«
»Mitch der Megaschwafler ist kein Gast, sondern ein Windbeutel. Eine Riesenladung heiße Luft. Die Leute wechseln die Straßenseite, wenn sie die Underwoods sehen, Nora! Warum wohl?«
»Sei lieber dankbar, dass sie kommen.«
»Sie kommen, weil kein normaler Mensch sie jemals zu einem gesellschaftlichen Anlass einlädt. Die haben doch nie etwas vor!«
»Reich mir den Käse.«
»Das Ganze ist ein Scherz, oder?«
»Mitch wird sich gut mit Enrique verstehen.«
»Keine zehn Pferde werden Enrique jemals wieder in die Vereinigten Staaten bringen, wenn er sich erst einmal mit Underwood unterhalten hat. Der hasst doch alles und jeden — die Stadt, den Staat, Demokraten, Republikaner, Unabhängige, die Luft, die er atmet —, es gibt nichts, was ihm in den Kram passt. Mitch ist der größte Langweiler dieser Erde. Er wird sich betrinken und dann so laut vor sich hin palavern, dass man ihn noch zwei Blocks weiter hört.«
»Er kommt, Punkt. Gewöhn dich an den Gedanken, Luther. Da du gerade vom Trinken sprichst — ich hatte keine Zeit, Wein zu besorgen. Das musst du übernehmen.«
»Ich setze keinen Fuß mehr vor die Tür.«
»O doch. Ich sehe noch keinen Frosty auf dem Dach.«
»Ich habe beschlossen, ihn nicht aufzustellen.«
»Und ob du ihn aufstellst!«
Erneut klingelte das Telefon. Nora stürzte sich darauf. »Wer ist das denn jetzt schon wieder?«, murmelte Luther. »Schlimmer kann es ja wohl nicht mehr kommen.«
»Blair!«, rief Nora. »Hallo, mein Schatz.«
»Lass mich mal ran«, brummte Luther. »Dann schicke ich die beiden zurück nach Peru.«
»Ihr seid in Atlanta, großartig«, sagte Nora. Pause. »Wir stehen gerade in der Küche und bereiten alles für die Party vor.« Pause. »Wir sind auch schon ganz aufgeregt und können es kaum erwarten, Liebling.« Pause. »Natürlich mache ich Karamell-Marshmallow-Törtchen, das ist doch dein Lieblingsnachtisch.« Sie warf Luther einen entsetzten Blick zu. »Ja, mein Schatz, wir holen euch um sechs am Flughafen ab. Alles Liebe.«
Luther sah auf seine Uhr. Punkt drei.
Nora legte auf und verkündete: »Ich brauche zwei Pfund Karamell und ein Glas Marshmallowcreme.«
»Ich habe genug damit zu tun, den Baum fertig zu dekorieren — da muss noch mehr Schmuck dran«, wehrte Luther ab. »Ich werde ganz gewiss nicht mit dem Mob da draußen kämpfen.«
Nora kaute ein paar Sekunden lang an einem ihrer Fingernägel, was bedeutete, dass sie die Lage abwog und ihm gleich einen ausgeklügelten Plan unterbreiten würde.
»Pass auf, wir machen Folgendes«, sagte sie schließlich. »Bis vier Uhr schmücken wir den Baum und das Haus. Wie lange brauchst du für Frosty?«
»Drei Tage.«
»Um vier fahre ich in die Stadt und erledige die letzten Einkaufe, während du Frosty auf das Dach bringst. Und in der Zwischenzeit gehen wir unser Adressbuch durch und rufen alle Leute an, die wir jemals kennen gelernt haben.«
»Dann erzähl bloß keinem, dass die Underwoods kommen.«
»Sei still, Luther!«
»Geräucherte Forelle mit Mitch Underwood — das wird die heißeste Party der Stadt.«
Nora legte eine Weihnachts-CD von Frank Sinatra ein, und während der folgenden zwanzig Minuten bewarf Luther den Baum der Trogdons mit noch mehr Schmuck, während Nora Kerzenständer und Keramikweihnachtsmänner verteilte und den Kaminsims mit Stechpalm- und Mistelzweigen aus Plastik dekorierte. Lange Zeit sagte keiner von beiden ein Wort, dann brach Nora das Schweigen mit einer weiteren Anweisung. »Die Kisten da können wieder zurück auf den Dachboden.«
Unter all den Dingen, die Luther an Weihnachten hasste, gab es eine Aufgabe, die er am meisten fürchtete — die Kisten mit dem Dekorationsmaterial über die ausklappbare Leiter vom Dachboden zu holen und
Weitere Kostenlose Bücher