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Das Festmahl des John Saturnall

Das Festmahl des John Saturnall

Titel: Das Festmahl des John Saturnall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Norfolk
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John Marpot zu. »Steig ab und nimm sie dir.«
    Er stand vor dem Richtblock, drohte Marpot mit der Faust und funkelte ihn an. Er sah, wie Ephraim seinem Herrn mit den kalten blauen Augen etwas zuflüsterte und wie Marpot nickte.
    »Du fürchtest den Biss meiner Axt nicht«, sagte Marpot zu John. »Vielleicht werden deine Gewissensbisse dich eines Besseren belehren.«
    Ephraim flüsterte wieder, und der Mann auf dem Pferd nickte wieder. Dann zeigte Marpot auf Philip.
    »Nehmt ihn.«
    »Nein!«

    John stürzte sich auf den nächstbesten Milizionär. Wenn er nur das Schwert des Mannes zu fassen bekäme. Wenn er es ihm nur entreißen könnte und es Marpot in den Leib stoßen könnte, ihn aufschlitzen wie den armen Phineas ... Doch eine schwere Hand fiel auf seine Schulter. Im nächsten Augenblick krachte ein mächtiger Schlag auf seinen Hinterkopf. Um ihn herum schien sich alles zu drehen und zu verflüchtigen. Er fiel, tiefer und tiefer in die Schwärze.
     
    Frauenstimmen wurden hörbar, flüsterten und murmelten und entschwanden wieder. Wenn er eine festhalten könnte, würde er erwachen. Doch sie entzogen sich. Statt ihrer sah Abel Starling zu ihm herunter.
    »Da sind wir wieder.«
    John schüttelte den Kopf. »Du bist tot. Du bist mein ...«
    »Dämon? Du wusstest, dass es dir nicht bestimmt sein würde, dieses Armband zu tragen, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Diesmal war es nicht aus Zucker, nicht wahr?«
    John wendete den Kopf weg. Doch wohin er auch blickte, immer sah er Abel.
    »Zuerst hattest du ein Auge auf unsere Cassie geworfen. Dann auf Lady Lucy. Ein rechter Herzensbrecher, unser John.«
    »Es gibt dich nicht«, sagte John. »Du bist tot.«
    Abels Miene hatte einen boshaften Ausdruck angenommen. John wollte aufstehen, aber ein schweres Gewicht lastete auf seiner Brust. Das gab es alles nur in seinem Kopf, sagte er sich. Oder in seinem Gewissen. Abel streckte anklagend einen Finger aus.
    »Deshalb hast du Clough zum Teufel gejagt, stimmt’s? Du wolltest sie. Und du hast bekommen, was du wolltest. Du hast ihr unter den Rock fassen können, um es mit Piers’ Worten zu sagen. Aber wer dafür bezahlt hat, das warst nicht du, oder?«
    »Nein«, stöhnte John, während Abels Gesicht langsam verblich. An seiner Stelle erschien ein helles Licht. Eine Kerzenflamme. Dahinter waren blaue Augen zu sehen. Ein sommersprossiges Gesicht.

    »Weißt du, was das ist, John?« Cassie berührte ihre Wangen. »Weißt du noch?«
    »Sünden«, sagte er.
    »So ist es.«
    Sie streckte die Hand mit gespreizten Fingern nach ihm aus. Alle Fingernägel waren schwarz. Er wollte antworten, aber sein Kopf pochte. Eine große Faust drückte ihn in den Boden. Um ihn wuchs die Schwärze, doch er kämpfte mit aller Macht dagegen an. Dann wurde Cassies Gesicht zu Megs Gesicht. Neben Meg erschien Ginny.
    »Philip«, krächzte John. »Wo ist Philip?«
    »Still«, sagte Meg.
    »Was haben sie getan?«, fragte John.
    »Ihr braucht Ruhe«, sagte Ginny.
    »Sagt es mir«, flüsterte er heiser und versuchte sich aufzurichten.
    Er sah sie einen Blick wechseln. Dann sprach Meg.
    »Sie haben ihm eine Hand abgehackt.«
     
    Die Küchenräume sahen aus, als wäre ein Sturm hindurchgefegt. Zerschmetterte Arbeitsbänke und Tische waren an einer Wand aufgeschichtet. Scherben von Schüsseln und Gefäßen bedeckten den Fußboden. Hesekey wendete sich von dem Herd ab, in dem er glimmende Kohlen zu neuem Leben zu entfachen versuchte. Eines seiner Augen war von einer violettschwarzen Schwellung verdeckt. Mit dem anderen sah er John an.
    »Wo ist er?«, fragte John. »Wo ist Philip?«
    Doch Hesekey musste nicht antworten. Ein leiser Schrei hallte den Gang entlang. Mit pochendem Kopf und dem Geschmack von Galle im Mund eilte John hinter Hesekey her und folgte den Schreien zu der Gewürzkammer, wo Gemma, Adam und Alf in einer Ecke kauerten. Zwischen ihnen hockte Philip.
    John erinnerte sich daran, wie seine Mutter hustend auf dem Boden gekauert hatte. Philip wiegte sich vor und zurück, hielt sein Handgelenk umklammert und rang nach Luft. Ein dicker Packen Lumpen, die
um den Stumpf gewickelt waren, triefte vor Blut. John spürte alle Hitze aus seinem Körper entweichen. Er fiel auf die Knie.
    »Gott weiß, wie leid es mir tut, Philip.«
    Philip schüttelte den Kopf.
    »Nicht du.« Dann ergriff eine totenbleiche Gemma John am Arm.
    »Hilf ihm!«, zischte sie.
    John stand auf und stolperte rückwärts. Im Gang traf er auf Simeon. Sie eilten zu Scovells Gemach.
    »Ganz

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