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Das Feuer der Wüste

Titel: Das Feuer der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Winter
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Sonnenbrille?«
    Der Junge nickte ernst.
    »Also gut.« Ruth nahm die Brille vom Ständer, bezahlte den Händler und reichte sie an den Jungen weiter.
    Der setzte die Brille sofort auf und strahlte. »Danke, Miss.«
    »Gern geschehen.«
    Der Junge sah zur Sonne. »Ich muss jetzt los«, bemerkte er.
    »Alles Gute für dich«, sagte Ruth, aber der Junge schüttelte den Kopf.
    »›Alles Gute‹ sagt man nur, wenn man sich nie wiedersieht. Aber wir sehen uns bald wieder.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Ruth. »Weil ich der Geist der weißen Frau bin?«
    »Nein, weil Sie einen Stein um den Hals tragen, der Sie zu uns zieht. Einen Sehnsuchtsstein. Der führt den Menschen immer zu demjenigen zurück, der ihn ausgesandt hat.«

Dreizehntes Kapitel
    R uth sah dem Jungen einen Moment lang hinterher, dann wandte sie sich an Horatio. »Was machen wir nun? Am liebsten wäre mir, wir würden ihn zu seinem Stamm begleiten. Wenn wir uns beeilen, könnten wir vielleicht sogar mit dem Dodge fahren, den Jungen einfach mitnehmen.«
    Als Horatio nicht antwortete, wurde Ruth plötzlich zappelig. Sie riss an seinem Hemdsärmel. »Los doch, worauf warten Sie noch? Der Junge entwischt uns, wenn wir nicht gleich handeln. Mein Gott, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen! Warum habe ich ihn überhaupt gehen lassen?«
    »Wir wissen doch gar nicht, ob er wirklich noch heute zu seinem Stamm geht. Immerhin gibt es hier morgen ein Altstadtfest mit vielen Verkaufsständen. Ich nehme an, er wollte uns loswerden. Morgen ist er sicher noch da.«
    »Ja, vielleicht«, gab Ruth zu und beruhigte sich etwas. Dass sie noch einen Tag in Lüderitz bleiben konnten, kam ihr sehr zupass. Immerhin konnte sie so ihre Verabredung mit Henry einhalten, mit dem sie sich am Mittag treffen wollte. Wenn sie es sich recht überlegte, war es wirklich besser, den Jungen zunächst allein gehen zu lassen. Er würde sie ankündigen, sodass der Stamm sich auf ihre Ankunft vorbereiten konnte und womöglich nicht dachte, es kämen Feinde.
    Henry. Ruth unterdrückte einen Seufzer. Es verging fast keine Minute, in der sie nicht an ihn dachte. Sie konnte es kaum erwarten, ihn zu sehen, mit ihm zu sprechen, aber das musste Horatio nun wirklich nicht wissen. »Na gut«, erwiderte sie schließlich nur. »Dann fahren wir eben morgen in die Namib. Und jetzt? Was machen wir jetzt? Es sind noch zwei Stunden bis zum Mittag. Sollen wir noch einmal ins Archiv gehen?«
    Horatio schüttelte den Kopf. »Ich nicht, Ruth. Ich … Ich habe einen Termin. Es ist wichtig.«
    »So? Was ist das für ein Termin?«
    Horatio winkte ab. »Oh, ich muss da noch etwas nachprüfen.«
    »Was denn, Herrgott?«
    Horatio wollte nach Ruths Hand greifen, entschied sich aber auf halber Strecke dagegen. »Ich kann es Ihnen noch nicht sagen. Ich weiß noch zu wenig. Spekulationen helfen uns nicht, wir brauchen Fakten. Und die muss ich beschaffen. Deshalb der Termin.«
    »Sie orakeln herum wie ein Schamane in der Wüste.«
    »Tut mir leid.«
    »Mir auch.«
    »Dann bis später.«
    »Mal sehen.«
    »Bye.«
    »Ja. Bye bye. Stay well. «
    Ruth sah Horatio nach, als er um die nächste Ecke bog. Sie fühlte sich alleingelassen, irgendwie ausgesetzt und merkte, wie sich ihre Gedanken verloren. Auf einmal merkte sie auf. Ein schwarzer Pick-up fuhr die Straße entlang und nahm offensichtlich denselben Weg wie Horatio. In der Hoffnung, die Marke des Bakkies zu erkennen, trat Ruth einen Schritt vor. Aber sie wusste auch so, dass es sich um einen Chevy handelte. »Ich bin zu viel mit Schwarzen zusammen, ich fange langsam auch schon an, Gespenster zu sehen«, murmelte sie. »In einer Stadt wie Lüderitz wird es nicht nur einen schwarzen Chevy geben.«
    Über sich selbst verärgert löste sie den Blick von der Straßenecke und schaute sich um. Ihr Blick blieb an einer jungen Frau hängen, die am Arm eines hochgewachsenen Mannes über den Gehsteig schritt. Sie trug eine enge weiße Hose, die in Knöchelhöhe abschloss, Ballerinas und dazu eine blau-weiß karierte Bluse und eine Sonnenbrille, die ihr halbes Gesicht bedeckte. Ruth war auf der Stelle fasziniert. Die Frau wirkte weiblich und jung und hübsch und fröhlich, so, wie auch Ruth gern sein wollte. Zumindest manchmal, und jetzt, da sie Henry Kramer kannte, öfter als je zuvor.
    Sie sah der Frau nach, lächelte und fasste einen Entschluss.
    »Die Stadt scheint einen ganz besonderen Reiz auf dich auszuüben. Einen Reiz, der auch dich reizvoller denn je macht.« Henry Kramer

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