Das fliegende Klassenzimmer.
Mund. »Seit halb zwei Uhr sitz ich auf diesem Stuhl«, sagte er und gab dem Stuhl einen Tritt. »Und jetzt ist’s um vier.
Und alle zehn Minuten sechs Ohrfeigen!«
»Das ist wahrhaftig kein Spaß«, stimmte Matthias zu und nahm die Wäscheleine.
Sie stellten die zwei Realisten Rücken an Rücken und fesselten sie sehr gewissenhaft. »So«, sagte Martin. »Nun gib den Flegeln rasch die Ohrfeigen zurück! Zweieinhalb Stunden sind hundertfünfzig Minuten. Wie viel Ohrfeigen macht das, Kurt?«
»Neunzig Stück«, antwortete Kurt weinend. »Fünfundvierzig Stück für jeden.«
»So viel Zeit gibt’s ja gar nicht«, meinte Matthias. »Ich werde jedem eine einzige Ohrfeige versetzen. Das ist genauso gut, als ob sie von Rudi neunzig kriegten.« Da begann auch noch der andere Realschüler zu heulen.
»Rudi, wo sind übrigens die Diktathefte?«, fragte Martin.
Kreuzkamm deutete in einen Winkel.
»Ich seh sie nicht«, meinte Martin.
»Du musst viel gründlicher hinschauen!«, antwortete Kreuzkamm.
In dem Winkel lag ein Haufen Asche. Etwas verkohltes Papier und ein Zipfel von einem blauen Umschlag waren noch zu erkennen.
»Heiliger Bimbam!«, rief Matthias. »Das sollen unsre Diktathefte sein?«
Kreuzkamm nickte. »Sie haben sie vor meinen Augen verbrannt.«
»Da wird sich dein alter Herr aber freuen«, sagte Martin. Dann nahm er sein Taschentuch, schob die Asche hinein, verknotete das Tuch sorgfältig und steckte die verbrannten Diktathefte in die Hosentasche.
»Das kann ja niedlich werden«, meinte Johnny.
Matthias rieb sich vergnügt die Hände. »Ich stifte eine Urne für die Asche«, erklärte er. »Und wir beerdigen unsre Diktathefte beim Nichtraucher im Garten. Beileid dankend verbeten.«
Martin dachte nach und sagte: »Rudi, du rennst sofort nach Hause! Wenn dein Vater nach den Heften fragt, sagst du, sie wären in der Penne. Und ich würde sie ihm morgen früh in der ersten Stunde übergeben. Ja? Weiter erzählst du nichts. Wir verhauen nur noch schnell die Realschüler auf dem Bauplatz, und dann sausen wir heim. Der schöne Theodor wird uns wohl schon erwarten. Los!«
Sie verließen den Keller. Nur Matthias blieb zurück. Als die andern die Treppen hinaufstiegen, hörten sie zweimal hintereinander einen lauten Knall. Und dann heulten zwei Jungen wie die Schlosshunde.
Im Hof holte Matthias die drei ein. »So, das dürfte genügen«, meinte er. »Die sperren keinen Gymnasiasten wieder ein.«
Kreuzkamm verabschiedete sich an der Haustür. »Vielen Dank übrigens«, sagte er und gab ihnen die Hand. »Macht’s gut!«
»Eisern!«, riefen sie und stürmten um die Ecke. Kreuzkamm befühlte sich vorsichtig seine Backen, schüttelte den Kopf und trabte nach Hause.
Vor dem Baugelände ließ Martin halten. »Johnny«, sagte er, »du rennst zu unseren Leuten und rufst dem Sebastian zu:
>Jetzt dürft ihr siegen!< Ist das klar? Ihr geht also sofort zum Angriff über. Sobald ihr im Handgemenge seid, fallen Matthias und ich dem Gesindel in den Rücken. Ab!«
Johnny lief, als gelte es das Leben.
Matz und Martin spähten durch einen Spalt des Bauzauns.
Sebastian und die anderen hatten sich in die Ecke drängen lassen. Es hagelte Schneebälle. Die Realschüler schrien »Ahoi!« und fühlten sich bereits als Sieger.
»Kannst du Uli entdecken?«, fragte Matthias.
»Ich seh ihn nicht«, sagte Martin. »Achtung, Matz! Über den Zaun!« Sie kletterten hinüber und kamen auf die Sekunde zurecht. Sebastian machte seine Sache gut. Völlig überraschend stießen die Gymnasiasten vorwärts. Die Realschüler wichen vor dem Anprall zurück.
Matthias und Martin rannten über den Platz und schlugen auf die Rücken der weichenden Realschüler los. Manche blieben vor Schreck im Schnee liegen.
»Eisern!« So hallte es von allen Seiten. Wo Matz auftauchte, rissen die Feinde aus. Sie flohen einzeln. Sie flohen in Scharen.
Nur Egerland hielt stand. Er blutete; er zog ein finster entschlossenes Gesicht und sah aus wie ein verlassener, unglückseliger König. Das Fässchen rannte auf ihn los.
Aber Martin stellte sich vor den feindlichen Anführer und rief:
»Wir bewilligen ihm freien Abzug. Er allein war anständig und tapfer bis zuletzt.«
Egerland drehte sich um und verließ, geschlagen und einsam, das Schlachtfeld.
Dann kam Fridolin auf die Freunde los. »Ist Kreuzkamm befreit?«
Martin nickte.
»Und die Diktathefte?«, fragte das Fässchen neugierig.
»Die hab ich im Taschentuch«, sagte Martin und zeigte der
Weitere Kostenlose Bücher