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Das Flüstern der Nacht

Das Flüstern der Nacht

Titel: Das Flüstern der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter V. Brett
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felsenfest davon überzeugt wären, dass du, du und kein anderer, diese Bürde schultern sollst. Der Tod des Par’chin war ein notwendiges Übel, so wie du Amadeveram töten musstest. Wenn es möglich gewesen wäre, hättest du beide verschont.«
    Sie schmiegte sich in seine Arme, und als er sie an sich zog, spürte er, wie etwas von seiner Stärke zurückkehrte. Ein notwendiges Übel. Der Evejah sprach davon, als Kaji schilderte, wie er die chin des Nordens unterwarf. Jeder getötete alagai trug dazu bei, die Waagschalen, in denen die guten gegen die bösen Taten aufgewogen wurden, auszubalancieren, und Jardir beabsichtigte, alle alagai zu töten, ehe er vor den Schöpfer trat, um ihn über sein Lebenswerk urteilen und richten zu lassen.

    Der Kundschafter ritt mit seinem Kamel zu Jardir, der auf einem weißen Pferd saß, hielt in einer respektvollen Entfernung an und schlug sich mit einer Faust gegen die Brust.
    »Shar’Dama Ka«, begrüßte er ihn. »Wir haben die verlorene Stadt entdeckt. Sie liegt halb unter dem Sand begraben, aber ein großer Teil scheint noch erhalten zu sein. Es gibt mehrere Brunnen, die wir vermutlich instand setzen können, aber an Nahrungsmitteln oder Futter für die Tiere herrscht großer Mangel.«
    Jardir nickte verstehend. »Everam hat uns die Heilige Stadt bewahrt. Entsende eine Vorhut, die Karten von der Stadt anfertigt und die Brunnen instand setzt. Wir schlachten das Vieh und machen das Fleisch haltbar. Wenn wir uns davon ernähren, brauchen wir unsere Getreidevorräte nicht anzubrechen.«

    »Das ist riskant«, gab Abban zu bedenken. »Wenn alle Tiere geschlachtet werden, gibt es keine Möglichkeit mehr, den Bestand aufzufrischen.«
    »Wir müssen darauf vertrauen, dass die Grünen Länder uns ernähren«, meinte Jardir. »Vorerst brauchen wir möglichst viel Zeit, um die Heilige Stadt zu erforschen.«
    Die Masse seines Volkes bewegte sich nur schwerfällig, und erst nach Tagen holten sie die Kundschafter ein, die inzwischen ziemlich genaue Pläne von der sich über ein großes Gebiet erstreckenden Stadt gezeichnet hatten. Aber Anochs Sonne war wesentlich größer als der Wüstenspeer, und man konnte davon ausgehen, dass weite Teile noch gar nicht entdeckt worden waren. Obendrein stimmten die Karten der Kundschafter in mancherlei Hinsicht nicht mit den uralten Plänen aus dem Sharik Hora überein.
    »Wir teilen die Stadt unter den Stämmen auf, und jeder Damaji überwacht die Ausgrabungen seines Gebiets, wobei die gelehrtesten dama und Bannzeichner ihm als Berater zur Seite stehen. Jeder gefundene Gegenstand muss aufgelistet und mir gezeigt werden. Ich erwarte tägliche Berichte.«
    Ashan nickte. »So soll es geschehen, Erlöser«, versprach er und entfernte sich, um die anderen Damaji zu informieren.
    Im Verlauf der nächsten Woche räumten die Stämme die uralte Stadt aus. Sie durchbrachen Wände, plünderten Gräber und versetzten ganze Abschnitte von Mauern und Säulen, auf denen Siegel zu finden waren. Bei ihrer Ankunft hatten nur wenige Spuren auf die frühere Anwesenheit des Par’chin hingedeutet, doch die Krasianer gaben sich nicht so viel Mühe wie er, die Stadt unversehrt zu lassen. Überall türmten sich Trümmer, und an vielen Stellen brachen Straßen und Gebäude ein, als die darunter liegenden Tunnel beschädigt wurden.
    An jedem Nachmittag traten die Damaji vor Jardir und häuften die geborgenen Schätze vor ihm auf. Hunderte von neuen Siegeln, viele davon dazu gedacht, Dämonen Schaden zuzufügen oder andere
magische Wirkungen zu entfalten. Mit Siegeln ausgestattete Waffen und Rüstungen, Mosaiken und Gemälde von längst vergangenen Schlachten; auf manchen war sogar Kaji zu sehen.
    In jeder Nacht wurde gekämpft. Immer noch suchten Dämonen scharenweise die Stadt heim, und bei Sonnenuntergang legten Jardirs Männer ihre Arbeit nieder, um Handwerkszeug gegen Speer und Schild einzutauschen. Da selbst der schwächste Speer kraftvolle Siegel trug, starben die alagai zu Tausenden, und bald gab es keine Dämonen mehr, die den Heiligen Sand entweihten. Sharum setzten die Patrouillen fort, aber es schien, als sei die Stadt gesäubert; man fasste dies als ein Zeichen Everams auf, der dadurch bekunden wollte, dass ihr Weg der Richtige war.

    »Erlöser«, rief Ashan, der zusammen mit Asome und Asukaji das Zelt betrat. »Wir haben es gefunden.«
    Jardir musste nicht fragen, worum es sich handelte. Er legte die Landkarten von den Grünen Ländern zur Seite und warf sich

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