Das Flüstern der Stille
nicke abwesend. „Haben Sie meinen Sohn gefunden?“, frage ich aufgeregt.
„Ja, Mrs. Clark. Er ist auf dem Weg hierher ins Krankenhaus.“
„Geht es ihm gut?“ Mein Herz klopft wie wild.
„Es scheint so, Mrs. Clark. Er sollte innerhalb der nächsten Stunde hier eintreffen. Wir müssen jetzt aber mit Ihrer Tochter sprechen, Ma’am.“
„Haben Sie Petra gefunden? Geht es ihr gut?“
„Es tut mir leid, aber ich bin nicht befugt, Informationen über Petra Gregory weiterzugeben. Mrs. Clark, wir müssen jetzt wirklich dringend mit Ihrer Tochter sprechen. Sie ist sehr wichtig für die Untersuchungen.“
In diesem Moment taucht Dr. Higby wieder auf. „Hallo, Mike, Russ. Was kann ich für euch tun?“, fragt er.
„Wir haben gerade Mrs. Clark erklärt, dass wir Calli darüber befragen müssen, was heute passiert ist.“
„Erst einmal müssen wir sicherstellen, dass Callis Zustand stabil ist, bevor irgendjemand mit ihr spricht. Das versteht ihr sicher.“
„Ja, natürlich, das verstehen wir. Was meinen Sie, wann werden wir mit ihr reden können?“
Dr. Higby und ich sehen einander an, und ich nicke, gebe ihm die Erlaubnis, sie über Callis Situation zu informieren.
„Calli spricht nur selten. Sie wird vielleicht nicht in der Lage sein, euch zu sagen, was ihr wissen wollt. Eine Kollegin von mir ist auf dem Weg, um uns zu helfen. Wir müssen sehr behutsam mit ihr vorgehen.“
Die Enttäuschung steht den beiden Polizisten deutlich ins Gesicht geschrieben. Aber sie sind klug genug, nichts zu sagen. „Können Sie uns anrufen, sobald Sie das Gefühl haben, sie ist bereit, uns zu sehen? Es ist wirklich wichtig. Und, Mrs. Clark, wir müssen uns auch mit Ihrem Sohn treffen, nachdem er untersucht worden ist. Und mit Ihnen.“
„Mit mir?“, frage ich. „Warum?“
„Nur ein paar Abschlussfragen. Wir haben endlich Roger Hogan, den Freund Ihres Mannes, aufgetrieben. Mr. Hogan hat uns nicht viel erzählt, außer dass Ihr Mann nicht bei ihm war. Viel Glück, Mrs. Clark“, verabschiedet sich der große Officer. „Ich bin froh, dass Ihr kleines Mädchen heil und gesund wieder da ist.“
Für einen Moment erstarre ich, versuche, die Neuigkeiten zu verarbeiten. Griff ist nicht bei Roger? Wo ist er dann? Ich erlaube mir nicht, darüber nachzudenken, was das bedeutet. Dr. Higby und ich kehren zu Calli zurück. Sie ist jetzt ganz wach und zittert vor Kälte.
„Ich weiß, dass es hier drinnen kalt ist, Calli“, sagt Dr. Higby. „Wir werden dich bald in ein gemütliches, warmes Bett stecken. Davor muss ich dich aber noch untersuchen. Ich werde dir genau sagen, was ich jeweils tue, bevor ich es mache, okay? So kannst du mir Fragen stellen, wenn du welche hast.“
Eine junge Krankenschwester betritt den Raum. Sie hat ein fröhliches Lächeln und trägt einen rosafarbenen Kittel. „Hey, Calli, ich heiße Molly und bin deine Krankenschwester, solange du bei uns bist. Ich werde die ganze Zeit bei dir sein.“ Calli sieht schnell zu mir herüber und greift nach meiner Hand.
„Keine Angst, Mäuschen, deine Mom bleibt auch bei dir“, versichert Molly ihr.
Dr. Higby klopft mir auf den Rücken und entschuldigt sich. „Manchmal fühlen sich die Patientinnen wohler, wenn nur Frauen im Raum sind. Ich komme nachher noch mal bei Ihnen vorbei.“ Er schenkt mir ein mitfühlendes Lächeln und geht.
Ich beuge mich zu Calli hinunter und gebe ihr einen Kuss. Und zum ersten Mal an diesem Abend fällt mir ein leichter Uringeruch auf. Mein Magen zieht sich zusammen bei dem Gedanken daran, was heute passiert ist.
„Also, das Erste, was wir tun, ist, dich von diesem Nachthemd zu befreien und in dieses hübsche Hemdchen zu stecken.“ Vorsichtig zieht Molly Calli das pinkfarbene Nachthemd aus und steckt es in eine Plastiktüte. Calli liebt dieses Nachthemd; ich habe sie schon oft erwischt, wie sie es mitten am Tag trug. Wenn sie nicht weiß, dass ich sie beobachte, tanzt sie in diesem Nachthemd oft zu Musik, die nur sie hören kann. Sie ist anmutig und grazil, und wenn sie tanzt, erinnert sie mich an die Pusteblumensamen, die wir fangen und dann mit einem Wunsch wieder fliegen lassen. Ich wünsche mir immer das Gleiche, wenn sie sich dreht und hüpft – bitte, sprich mit mir, Calli, bitte sprich. Stumm verspreche ich, Calli das schönste Nachthemd zu kaufen, das ich finden kann. Eines, das sich auf ihrer Haut wie Seide anfühlt und sie wie Wasser umfließt, wenn sie sich bewegt.
„Jetzt werde ich dich untersuchen, Calli.
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