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Das fuenfte Imperium

Titel: Das fuenfte Imperium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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Ozeanüberquerung, während der der Reisende Zeit hat zu vergessen, wer und woher er ist. Vampire hingegen können in Sekundenschnelle von dem einen Zustand in den anderen springen.
    Das von mir gebissene Mädchen hatte mich zuvor registriert - und ich war ihr sympathisch, wie ich nun wusste. (Es war, als sähe ich mein Konterfei in ihrem Gefühlsspiegel.) Für den Moment war ich verblüfft, dann verlegen. Schließlich nahmen meine Gedanken eine etwas unanständige Färbung an und waren nicht mehr ganz zu kontrollieren.
    Wir bogen in die Bolschaja Bronnaja. Ich lief ihr nach, betrachtete schamlos ihre Synapsen und überlegte, wie ich mir das Gesehene zunutze machen konnte. In Höhe Puschkinskaja Ploschtschad war mein Plan fertig.
    Ich überholte sie, lief zehn Meter voraus, drehte um und ging ihr mit strahlendem Lächeln entgegen. Verwundert schaute sie mich an und ging vorbei. Ich wartete ein Weilchen und wiederholte das Manöver - überholte, machte kehrt, lächelte. Sie lächelte zurück, lief aber wieder stumm vorbei. Als ich die Nummer zum dritten Mal abzog, blieb sie stehen und fragte: »Ist was?«
    »Erkennst du mich nicht?«, fragte ich.
    »Nein. Wer bist du?«
    »Roma.«
    Ich nannte meinen richtigen Namen, weil sie sowieso nicht mehr wusste, wie der Mann hieß, für den sie mich halten sollte.
    »Roma? Welcher Roma?«
    Nun zog ich mein Ass aus dem Ärmel und spielte es aus.
    »Erholungsheim >Stille Azoren<. Neujahr. Zimmer mit Tannenbaum. Der Strom war weg. Und alle waren draußen, ihre Feuerwerke abbrennen. Sag bloß, das weißt du nicht mehr?«
    »Ach«, sagte sie und wurde sogar ein bisschen rot. »Du warst das?«
    Ich nickte. Sie senkte den Kopf, wir liefen nun nebeneinander her.
    »Ich war nie im Leben so besoffen«, sagte sie. »Das war peinlich. Hat ewig gedauert, bis ich wieder zurechnungsfähig war.«
    »Siehst du, und für mich gehört es zum Schönsten, was ich je erlebt habe«, log ich unverschämt. »Klingt vielleicht hochtrabend, ist aber wahr. Hinterher hab ich dich noch anzurufen versucht. Tausendmal.«
    »Mich? Welche Nummer denn?«
    Ich sagte ihre Handynummer auf, absichtlich mit einer 7 statt der 5 am Ende. Das tat sie auch immer, wenn sie nicht ihre richtige Nummer herausrücken, dies aber nicht unverblümt sagen wollte. Dann konnte sie sich hinterher immer noch herausreden, der andere habe sich wohl verhört.
    »Nanu, du kennst sie auswendig? Aber du hast sie falsch aufgeschrieben. Die letzte Zahl ist eine Fünf.«
    »Mist!«, sagte ich. »Dass so was immer wieder passieren muss ... Aber sag mal, können wir unser Wiedersehen nicht irgendwie feiern?«
    Der Rest war ganz einfach.
    Als Erstes gingen wir in ein Cafe an der Twerskaja. Von da ins nächste, wo ich sie gleich noch einmal beißen musste -um herauszukriegen, welcher Small Talk sich anbot. (Diesmal blieb ein Blutströpfchen am Hals hängen.) Ich sprach nur Themen an, die sie interessierten, und sagte ausschließlich das, was sie dazu hören wollte. Es war kein Problem.
    Ich kam mir vor wie Casanova. Auf den Gedanken, dass ich eine Gemeinheit beging, kam ich gar nicht - bestand der Unterschied zum typisch männlichen Balzverhalten doch höchstens darin, dass das menschliche Männchen auf Verdacht und überfallartig lügt, während ich genau wusste, was ich wie zu sagen hatte. Es war wie ein Kartenspiel, bei dem man das Blatt in der Hand des Gegners kennt. Falschspielerei, na klar. Aber die Menschen haben doch in solchen Fällen, wenn auch vielleicht den Anschein von Manierlichkeit wahrend, auch immer nur das eine im Sinn: den anderen möglichst schnell an die Wand zu spielen.
    Wir gingen spazieren. Ich redete ohne Unterlass. Unsere Füße trugen uns wie zufällig bis vor ihr Haus - den Stalin-Wolkenkratzer an der Ploschtschad Wosstanija. Dass bei ihr keiner zu Hause war, wusste ich. Also ging ich »noch auf einen Tee« mit hinauf. Selbst die für mich heikelste Phase der Anbaggerei - der Übergang vom Reden zum Tun, bei dem ich mich immer extrem linkisch anstellte - verlief reibungslos.
    Das Problem trat an der Stelle ein, wo ich am wenigsten damit rechnete. Und ohne die erhellenden Lektionen im Fach Diskurs hätte ich mir wohl nicht zusammenreimen können, was da geschah.
    Der Liebesakt, wo er nicht aus gegenseitiger Zuneigung, sondern aus Gewohnheit geschieht (und das ist bei den Menschen eher die Regel), hat mich in seiner traurigen Routine immer an politische Wahlen bei uns denken lassen: Erst wird lange genug gelogen, dann der

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