Das fünfte Paar
Urlaub auf Hawaii gemacht.« Ich merkte, daß er immer wütender wurde.
»Doris hat den größten Teil ihres Lebens mit Ihnen verbracht: Sie hat sich dafür entschieden und nicht für Reisen nach Hawaii.«
»Hawaii ist eine ganz miese Touristenfalle«, konstatierte er geringschätzig und zündete sich eine Zigarette an. »Ich fahre lieber nach Buggs Island zum Angeln.«
»Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, daß Doris es leid sein könnte, Ihre Mutter zu sein?«
»Sie ist nicht meine Mutter!« schnappte er.
»Warum sehen Sie dann, seit sie weg ist, so aus, als brauchten Sie dringend eine?«
»Weil ich keine Zeit habe, Knöpfe anzunähen, zu kochen, sauber zu machen und den ganzen Kram.«
»Ich glaube, Sie werden mir recht geben, wenn ich sage, daß ich ebenfalls ziemlich eingespannt bin - aber ich finde trotzdem Zeit für diesen "Kram".«
»Sie haben immerhin eine Putzfrau - und außerdem verdienen Sie wahrscheinlich hunderttausend im Jahr.«
»Ich würde mich auch nicht vernachlässigen, wenn ich nur zehntausend verdiente«, antwortete ich. »Und zwar, weil ich es meiner Selbstachtung schuldig bin - und weil ich nicht will, daß jemand für mich sorgt: Ich möchte, daß jemand sich um mich sorgt - das ist ein großer Unterschied.«
»Wenn Sie so schlau sind, Doc - warum sind Sie dann geschieden?
Und warum ist Ihr Freund Mark in Colorado, und Sie sitzen hier? Sieht nicht so aus, als seien Sie zur Autorin eines Ratgebers für Beziehungen geeignet.«
Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. »Toni sorgte sich nicht wirklich um mich - und als ich das herausfand, verließ ich ihn. Und was Mark betrifft - der hat Probleme mit Bindungen.«
»Und Sie nicht?« Marino starrte mich fast feindselig an. Ich antwortete nicht.
»Weshalb sind Sie nicht mit ihm in den Westen gegangen? Möglicherweise liegt Ihnen ja mehr dran, Chief zu sein.«
»Wir hatten Schwierigkeiten miteinander - und zum Teil war das sicherlich meine Schuld. Mark war wütend und ging in den Westen... vielleicht, um seine Unabhängigkeit zu dokumentieren - vielleicht aber auch, weil er es nicht mehr mit mir aushielt«, sagte ich, zornig darüber, daß meine Stimme zitterte. »Ich hätte wegen meines Jobs nicht mitgehen können - aber es stand nie zur Debatte.«
Marino sah mich beschämt an. »Tut mir leid - das wußte ich nicht.«
Ich schwieg.
»Sieht so aus, als säßen wir im selben Boot«, sagte er versöhnlich.
»In gewisser Weise«, gab ich zu - doch ich wollte mir nicht eingestehen, in welcher. »Aber ich vernachlässige mich nicht. Falls Mark je zurückkommen sollte, wird er mich nicht in einem desolaten Zustand vorfinden - weder privat noch beruflich. Verstehen Sie: Ich liebe ihn - aber ich komme auch ohne ihn zurecht. Vielleicht sollten Sie Ihre Einstellung Doris gegenüber auch in diese Richtung ändem.«
»Kann schon sein.« Er schien wieder Mut zu fassen. »Es wäre einen Versuch wert. Jetzt hätt' ich nichts gegen einen Kaffee.«
»Wenn Sie ihn machen...«
Er sah mich fassungslos an. »Was?«
»Lektion eins: Kaffeekochen. Kommen Sie mit.«
Während ich ihn in die technische Wunderwelt einer Kaffeemaschine einführte, deren Bedienung einen IQ von höchstens fünfzig erforderte, resümierte er die Erlebnisse des Tages. »Etwas in mir wehrt sich, Hilda ernst zu nehmen«, sagte er.
»Aber ich muß zugeben, daß sie mich ins Grübeln gebracht hat.«
»In welcher Hinsicht?«
»Deborah hatte ein Neun-Millimeter-Geschoß im Rücken. Was ist aus der Patronenhülse geworden? Ist doch unwahrscheinlich, daß unser Großer Unbekannter sich die Zeit nahm, sie zu suchen. Das bringt mich auf den Gedanken, daß Morrell und die anderen möglicherweise nicht an der richtigen Stelle geschaut haben. Hilda sah "einen anderen Ort" - und etwas, das jemand verloren hatte: etwas "Metallenes, das mit Krieg zu tun hat". Das könnte doch eine Patronenhülse sein.«
»Sie sagte auch, das Objekt sei nicht gefährlich.«
»Eine leere Hülse ist ja auch völlig harmlos. Die Kugel ist gefährlich - aber auch nur, wenn sie abgefeuert wird.«
»Die Fotos, die sie gesehen hat, wurden im Herbst gemacht«,fuhr ich fort. »Wenn wir davon ausgehen, daß der Täter die Patronenhülse in der Mordnacht liegenließ, ist doch wohl anzunehmen, daß er sie inzwischen längst geholt hat.«
»Hilda hat doch gesagt, die Person, die das Metallstück verloren habe, denke ab und zu daran - warum sollte der Mörder das tun, wenn er es hat verschwinden
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