Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das fünfte Verfahren

Das fünfte Verfahren

Titel: Das fünfte Verfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
Vom Netzwerk:
alles gesagt habe, werden Sie
einsehen müssen, daß es für Sie nicht neu ist.“
    „Versuchen Sie’s trotzdem“, ermunterte
er mich.
    „Moment. Sie interessieren sich für
den Fall, ja? Nun, ich auch.“
    „Warum? Das ist genau der Punkt, den
Sie mir erklären sollen.“
    „Ich habe Herzensgründe dafür. Jawohl!
Sie brauchen gar nicht so hämisch zu lachen. Zunächst hatte ich geglaubt, daß
man mich umlegen wollte, aber irrtümlich den Kroaten erwischt hat. Ich bin nach
Marseille zurückgekommen, um ein paar Sätzchen mit dem Mann zu wechseln, den
ich als Mörder in Verdacht hatte. Doch inzwischen ist dieser Mann ebenfalls
tot. Mit ihm starb meine Selbstjustiz-Aktion. Dann hat sich ein weiterer Mann
für immer von der Liste der Wehrpflichtigen streichen lassen. Bestimmt sind Sie
auf die Leiche eines gewissen Maillard gestoßen, als die Herren des
Bistums...“, ich wies mit dem Kopf auf Bonvalet, „Paul Clément in Saint-Barnabé
abgeholt haben. Ja, die Ereignisse haben mich tatsächlich ein wenig überrollt!
Aber vor allem will ich den Tod des jungen Mannes rächen.“
    Grégoire und Bonvalet hüstelten.
Florimond Faroux schlug sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche.
    „Ich wußte doch, daß es interessant
sein würde, Ihnen zuzuhören, Burma!“ rief er aus. „Als der Stein in die Scheibe
flog und ich Sie danach aus den Sträuchern kommen sah, hab ich zu meinen
Kollegen gesagt: ,Der Vogel kommt genau zur rechten Zeit angeflogen! Mal sehen,
was er zu zwitschern hat.’ Diesmal hatten Sie kein Glück mit Ihrer Masche, sich
von hinten anzuschleichen. Sonst hätten Sie nämlich das Polizeiauto vor der Tür
stehen sehen.“
    „Ganz im Gegenteil, Florimond!“ lachte
ich. „Wenn ich Ihre Kiste gesehen hätte, wäre ich wahrscheinlich sofort wieder
abgehauen. Wo ich mich doch so freue, Sie hier zu treffen ..
    „Nicht so sehr wie ich.“
    „Sagen wir... genauso“, entschied ich
salomonisch. „Die Namen Maillard und Clément haben Sie überrascht, stimmt’s?
Sollten Sie sie zum ersten Mal gehört haben? Wissen Sie nicht, was in
Saint-Barnabé passiert ist? Und ich dachte, ein pflichtbewußter Staatsbürger
hätte die Flics alarmiert. Hab ganz vergessen, daß wir uns in einem Land
befinden, in dem man nicht kollaboriert! Sonst wäre ich bei Monsieur Clément
geblieben und wüßte jetzt mehr…“
    „Ich hab so das Gefühl, daß Sie so
schon ‘ne ganze Menge wissen“, fiel mir Faroux ins Wort. „Es ist doch immer
dasselbe mit Ihnen. Eine richtige Informationsquelle! Wenn sie erst mal anfangt
zu sprudeln...“
    „Nur daß die Quelle nicht ohne
Gegenleistung sprudelt. Ich nehme an, Sie haben auch so einiges rausgekriegt.
Zum Picknick sind Sie jedenfalls nicht hergekommen! Eine Hand wäscht die
andere, Florimond. Wenn wir unser Wissen in einen Topf schmeißen, müßte ‘ne
saubere Sache daraus werden. Jetzt sieht’s noch ziemlich trübe aus, das
versichere ich Ihnen!“
    Kommissar Faroux lächelte auf eine
ganz besondere Art, die eine gute Zusammenarbeit versprach.
    „Waren Sie schon ein einziges Mal in
einen einfachen Fall verwickelt?“ fragte er.
    „Wenn ja, dann ist es meinem
Gedächtnis entfallen“, gab ich lachend zurück.
    „Das heißt also: Von nun an
marschieren wir gemeinsam?“
    „Ich glaube, das liegt in unser beider
Interesse. Wir brauchen uns gegenseitig, mein Lieber.“
    „Einverstanden. Dann schießen Sie mal
los! Erzählen Sie mir doch zum Beispiel, was Sie mit dieser Villa verbindet.“
    „Nun, uns verbinden gemeinsame
Erinnerungen, die Villa und mich. Wir erinnern uns an dreißigtausend Francs,
die mich veranlaßt haben, hier einzubrechen.“
    Ohne mich um die staunenden Augen
meiner Zuhörer zu kümmern, schwelgte ich in Erinnerungen. Ich erzählte, was ich
wußte. Na ja, nicht alles. So überging ich zum Beispiel die Anwesenheit von
Rotkartoffel in Marseille und die Existenz von Dédé. Ich hoffte, mit Hilfe des
Deutschen zu Paulots Komplizen vorzustoßen, um ihm eigenhändig das Geheimnis
der geheimnisvollen Briefe zu entreißen. Das sollte meine Privatangelegenheit
bleiben. Auch das traurige Intermezzo in der psychiatrischen Klinik verschwieg
ich Faroux. Der Fall war ohnehin schon irre genug. Und was Frédéric Delans Tod
anging, so versprach ich mir von Florimond Faroux keine große Hilfe.
    Das Ende meiner lückenhaften
Berichterstattung quittierte der Kommissar mit einem Zungenschnalzen.
    „Scheint ja ‘ne ganz heiße Kiste zu
sein“, bemerkte er. „So

Weitere Kostenlose Bücher