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Das fünfte Verfahren

Das fünfte Verfahren

Titel: Das fünfte Verfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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nicht in
der Vielfrucht. Später dann hat Korb das Hotel wieder verlassen, und ich
bin ihm gefolgt. Als wir bei den Docks ankamen, war es schon dunkel. Ein
finsterer Ort, kann ich Ihnen sagen! Und ein Gestank! Also, ich halte genug
Abstand zu meinem Objekt... dachte ich! Plötzlich, von einer Sekunde auf die
andere, startet er seinen Angriff. Ehe ich mich verseh, lieg ich unter ihm und
werde k. o. geschlagen. Der Kerl muß wohl einen Schlagring benutzt haben...“
    „Nein, nur einen gewöhnlichen Ring.
Das reicht, wenn man kräftig zuschlägt. Und das hat er getan! Sogar sein
Handschuh ist dabei draufgegangen.“
    „Na, dann bin ich ja nicht der einzige
Leidtragende. Freut mich zu hören, daß er Handschuhe trug. Wie würde ich jetzt sonst wohl
aussehen...!? Also, ich weiß nicht, wie viele Stunden später ich wieder zu mir
gekommen bin. Ich lag vor irgendeinem Schuppen, ausgesetzt dem Regen, eiskaltem
Wind und... Ratten. Mein Schädel hat gebrummt wie’n Hornissenschwarm. Das kam
von den Schlägen und von dem Zeug, das mir Korb zum Einatmen unter die Nase
gehalten hat, damit ich mich ruhig verhielt. Ja, der vorsichtige Deutsche!
Fragen Sie mich nicht, wie ich zurück zum Hotel gekommen bin! Denn irgendwie
muß ich es geschafft haben, sonst läge ich ja nicht hier. Ich erinnere mich nur
noch daran, daß ich dem Burschen ein paar passende Worte sagen wollte und an
der Rezeption nach ihm gefragt habe. Aber da hat man mir gesagt, er sei
ausgezogen.“
    „Stimmt“, bestätigte ich. „Er hat das
Weite gesucht, zusammen mit Dédé. Wahrscheinlich wollen Sie sich mit Jackie
Lamour treffen, weiß der Himmel wo. Gestern im Laufe des Tages muß Dédé von ihr
eine Nachricht erhalten haben. Vielleicht hat die Tänzerin bei Fernese
erreicht, was sie erreichen wollte. Wenn Sie noch nie einen Menschen gesehen
haben, der gegen eine Mauer gerannt ist, dann sehen Sie mich an! Ich bin so
einer.“
    Covet faßte sich mit beiden Händen an
den schmerzenden Kopf.
    „Ich möchte auch mal gegen eine Mauer
rennen“, sagte er. „Das gibt weniger blaue Flecken als ein Gespräch unter vier
Augen mit einem Profiboxer.“
    „Ach ja, Ihre blauen Flecken!“ rief
ich. „Das ist das Unerklärlichste in dem unerklärlichen Durcheinander. Seit
einigen Tagen stolpere ich über eine Überraschung nach der anderen. Aber das
hier, Ihre blauen Flecken, das ist der Gipfel! Also wirklich! Da gibt es einen
deutschen Flic, der jede Mutter von Porzellankisten in den Schatten stellt, so
vorsichtig ist der! Schreibt Briefe, zieht es vor, seine Leute zu besuchen oder
von ihnen besucht zu werden, anstatt mit ihnen zu telefonieren. Weitere
Beispiele seiner Vorsicht schenke ich mir. Und anstatt sich von einem lästigen
Verfolger zu befreien, indem er ihn einsperren läßt, begnügt er sich mit einer
ganz gewöhnlichen Tracht Prügel. Ein ziemlich ungewöhnliches Verhalten für
einen Angehörigen der Gestapo oder einer ähnlichen Gruppierung, finden Sie
nicht auch? Mir ist das völlig unverständlich, aber er hat Sie geschont, mein
Lieber! Freut mich für Sie, doch ich versteh’s einfach nicht. Ich hab das
unbestimmte Gefühl, daß ich wie ein Blödmann eine sogenannte günstige
Gelegenheit verpaßt habe...“
    „Würden Sie mir verraten, was Sie
damit meinen?“ erkundigte sich der Journalist.
    Doch, die Sache interessierte ihn
immer noch, trotz der Schläge, die er eingesteckt hatte. Ich musterte meinen
arg zerschundenen Freund, zuckte die Achseln und... schwieg. Ich konnte ihm
wirklich nicht erklären, was ich mit der „günstigen Gelegenheit“ meinte.

16

Überraschungsparty
     
     
    Das Mädchen goß die opalfarbene
Flüssigkeit ins Glas. Garantiert verdächtig, dieses Getränk. Kein Vichy-Wasser,
trotz der Regierung gleichen Namens.
    Vierundzwanzig Stunden waren seit der
motorisierten Flucht von Rotkartoffel und Dédé verstrichen. Ich hatte förmlich
gespürt, wie sie verrannen, Sekunde um Sekunde. Für mich waren sie wie eine
Ewigkeit. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals so schreckliche Stunden erlebt
zu haben. Auf dem Höhepunkt meines Unglücks hatte ich glücklicherweise dieses
nette Bistro entdeckt. Doch leider hatte auch das mich nicht aufrichten können.
Ich füllte mich mit Pastis ab.
    Die Kellnerin sah aus, als verschlinge
sie meterweise Liebesromane. Auch sie mußte mich für einen „komischen Heiligen“
halten, der seinen Liebeskummer im Alkohol ertränkte. Dabei wollte ich nur
meinen Grips stimulieren. Das Doping zeigte aber

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