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Das gefrorene Lachen

Das gefrorene Lachen

Titel: Das gefrorene Lachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ueberreuter
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Blättchen raschelten. Das ganze Theater lachte über die Gedichte des Kochs. So ein großer, starker Kerl und so kleine, zarte Zettelchen. Und die Worte darauf – so zierlich gesetzt, so wunderschön gepinselt und in so schlechte Gedichte gegossen. Pippa ärgerte sich immer schrecklich, wenn sie einen der Schauspieler darüber spotten hörte.
    Zarter Blütenzauber hatte kurzerhand seine große, weiße Schürze über den himmelblauen Mantel gebundenund schlug Eier in eine Schüssel. Pippa stellte erleichtert fest, dass er lächelte, während er das tat.
    Sie holte Gewürze aus dem Küchenschrank und reichte ihm den Schneebesen. Dann schwang sie sich auf die Arbeitsfläche und saß neben ihm, während er rührte und abschmeckte und mit einem riesigen Messer Kräuter ganz fein hackte.
    Draußen schlug die Tür gegen die Wand und Augusts Stimme rief: »Zarter Blütenzauber? Pippa? Ist jemand da?«
    »Wir sind in der Küche«, antwortete Pippa und sprang auf den Boden. Es gehörte sich bestimmt nicht, auf einer Küchenarbeitsfläche herumzusitzen, aber so befand sie sich wenigstens halbwegs auf Augenhöhe mit dem Koch.
    »Da seid ihr«, sagte August atemlos und lehnte sich in den Durchgang. Seine linke Gesichtshälfte schillerte grün, blau und schwarz und das Auge schien etwas kleiner als das rechte, weil es noch immer geschwollen war.
    »Wie geht es dir?«, fragte Pippa, die bemerkt hatte, dass August sich steif und vorsichtig bewegte. Sie musste an die Clownsnummer denken, an der sie vorhin vorbeigelaufen war. Gobbo, das lustige Pferd. Sie schüttelte sich.
    August grinste. »Mir tut der Hintern weh«, sagte er. »Und von gestern noch die Rippen, die eine ist durch. Sie knackst immer, wenn ich einatme. Und ich habe Kopfschmerzen. Aber sonst geht es mir blendend.«
    Pippa riss die Augen auf. So viel redete August sonst nicht.
    Der junge Mann sah den Koch an. »Danke«, sagte er rau. »Das war sehr nett von dir, Zarter Blütenzauber. DeineSalbe ist übrigens toll, die könnte ich öfter gebrauchen.« Er verzog ein wenig das Gesicht.
    »Du musst von dem alten Weißgesicht weg«, sagte Pippa heftig.
    August zuckte die Achseln. »Bei wem sollte ich sonst lernen? Ich bin doch für alles zu blöd, Pippa.«
    »Bist du nicht!«, schrie Pippa. Zarter Blütenzauber zuckte zusammen und ließ den Schneebesen in die Schüssel fallen.
    »Entschuldigt«, murmelte Pippa. »Ich hatte einen harten Tag.«
    »Du auch?« August musterte sie mitfühlend. »Du hast da einen blauen Fleck«, stellte er überrascht fest.
    Pippa hob die Hand zur Wange und presste die Lippen aufeinander. »Hör mal, was blaue Flecken angeht, lasse ich mir von dir nichts vorwerfen«, versuchte sie zu scherzen, was nicht besonders gut gelang.
    Zarter Blütenzauber tippte ihr sacht auf die Schulter. Das Omelett war fertig und lag golden gebräunt und duftend auf einer Platte. Rundum war saftig grüner Salat geschichtet.
    »O Mann«, seufzte August mit einem sehnsüchtigen Blick auf das Omelett.
    Der Koch stellte drei Teller auf den Tisch und bedeutete den beiden, sich hinzusetzen. Dann verteilte er das Essen auf ihre drei Teller, band die Schürze ab und lächelte zufrieden.
    »Das war sehr, sehr lecker«, lobte Pippa und genoss das Gefühl, warm und satt dazusitzen.
    August stützte das Kinn in die Hände und starrte grübelnd auf die Wand der Gedichte. »Ich habe mir die nie aus der Nähe angesehen«, sagte er. »Aber sie erzählen eine Geschichte, habe ich recht?« Er stand auf und stellte sich vor die Wand, begann zu lesen, hob Zettel um Zettel an, um die darunterliegenden zu lesen, nickte und lächelte.
    Pippa sah ihn mit großen Augen an. Zarter Blütenzauber räumte die Teller zusammen und schenkte Tee nach. Seine Hand zitterte dabei ein wenig und er verschüttete ein paar Tropfen auf die Tischplatte.
    »Was meinst du damit: ›Sie erzählen eine Geschichte‹?«
    »Warte«, sagte August. »Ich glaube, das hier gehört hierher.« Er begann, einzelne Gedichte von der Wand zu nehmen und vor sich auf dem Boden aufzureihen.
    »Pass auf, dass sie nicht wegfliegen«, warnte Pippa und stand auf, um einen der davonflatternden Zettel festzuhalten, aber der Koch schob sie sanft beiseite und stellte Dinge vom Wandbord auf die einzelnen Blätter – die Tänzerin aus Porzellan, den kleinen Hund, einen geschnitzten Elefanten, eine winzige Vase aus buntem Glas.
    August beachtete sie nicht. Er wanderte leise murmelnd an der Gedichtwand entlang, berührte die dünnen

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