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Das geheime Prinzip der Liebe

Das geheime Prinzip der Liebe

Titel: Das geheime Prinzip der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hélène Grémillon
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Badezimmer gestürzt. »Sie sind da!« Man hatte sie gesehen. Ich schickte sie sofort los, um Vorräte in den Keller zu tragen und die
Schlafstellen bereitzumachen, die wir vorausschauend dort eingerichtet hatten, auch die Wiege von Camille, falls sie das Haus plünderten oder wir uns verstecken mussten.
    Mechanisch fing ich wieder an, mich zu kämmen. Ich war bedrückt. Die Deutschen waren da. Ich spürte die Derringer, die in der Tasche meines Morgenrocks bei jedem Bürstenstrich gegen meine Hüfte schlug.
    Da hörte ich plötzlich ein Geräusch. Kopflos drehte ich mich mit einem Satz um. Alto war hereingekommen und auf den Badewannenrand gesprungen, wo er nach Katzenart umherspazierte. Ich weiß nicht, was mich gepackt hat, ich kann es mir bis heute nicht erklären. Ich konnte den Blick nicht von ihm lösen. Lautlos legte ich die Bürste zur Seite, zog die Pistole aus der Tasche, zielte und drückte den Abzug.
    »Haut endlich alle ab!«
    Als der Schuss losging, renkte mir der Rückstoß fast den Arm aus. Ich weiß nicht, ob ich geschrien habe. Altos Körper glitt in die Wanne, und das Wasser wurde binnen Sekunden rot vor Blut. Ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Ich rührte mich nicht. Ich sah, ohne zu reagieren, zu, wie Alto starb. Ich sah mich wieder in der Wanne, an dem Tag, als ich Annie alles erzählt hatte. Alto ertrank wie ein Mensch, ohne einen Ton. Hätte ich ihr nichts erzählt, wäre nichts von all dem geschehen. Als Alto aufhörte, sich zu bewegen, erkannte ich ihn nicht wieder. Es war wie eine Entladung. Alles musste aufhören. Jetzt. Unser merkwürdiges Zusammenleben konnte nicht andauern. Camille war einen Monat alt. Noch wechselte sie mit Gleichgültigkeit von einem Arm zum anderen, bald aber würde sie die eine oder die andere besonders anlächeln und »Maman« zu ihr sagen, und das wollte ich sein.

    Das Gebären ist etwas Geheimnisvolles, es entzieht eine Frau für einige Zeit der Gesellschaft und gibt sie ihr eines Tages einfach so, übergangslos, zurück. Nach Wochen des Dämmerns und der Glückseligkeit tritt man wieder ins Leben und wird die, die man zuvor war, nur konzentrierter, stärker, gefährlicher, denn nunmehr kämpft man nicht nur für sich, sondern auch für das Kind. Mit diesem Schuss setzte sich das Leben gegen die schützende Ära der Mütterlichkeit durch.
    Ich eilte zu Annie, nahm ihr Camille aus dem Arm, ging in mein Zimmer und schloss die Tür ab. Camille weinte, aber das berührte mich nicht. Mein Herz konnte sich nicht noch mehr zusammenziehen, nicht einmal ihretwegen, ich spürte nur ein schweres Gewicht in meiner Brust . Der Schock war so heftig gewesen, dass es mir den Atem raubte. Ich verstand nicht, was passiert war. Nie hätte ich für möglich gehalten, dass die Derringer geladen war.
    Es war Camilles erstes Fläschchen. Anfangs wollte sie es nicht, irgendwann nahm sie es doch. Ich hörte, wie Annie an die Tür klopfte, hin und her rannte, um Hilfe rief. Ich legte Camille auf den Teppich, schloss sie in das Zimmer ein und ging zur Treppe. Annie stand unten an der Haustür. Sie fragte mich, was ich ihrem Kind angetan hätte. Ebenso kalt, wie sie aufgeregt war, antwortete ich, dass ich nicht verstünde, worüber sie spreche, weil sie kein Kind habe. Dann schleuderte ich ihr hämisch die folgenden Sätze ins Gesicht: »Paul hat mir alles gestanden. Ich weiß alles von eurer Geschichte, von euren Rendezvous.«
    Dann beschrieb ich ihr Liebesspiel mit den intimsten und direktesten , selbst für eine Schamlose unerträglichen Worten . Sie hörte mir zu, sie schüttelte den Kopf, als dachte sie nein, nein. Sie hielt sich vor Scham und Erniedrigung die
Ohren zu. Ich hatte erwartet, dass sie in Schluchzen ausbrechen würde, aber ihre Augen blieben trocken. Tränen lenken ab, und sie musste auf der Hut bleiben, aufmerksam zuhören. Die Aufmerksamkeit obsiegte über die Verzweiflung.
    »Und der Nachmittag, an dem er dir gezeigt hat, was du machen sollst, während du auf ihn wartest, an dem er dich gebeten hat, dich auf das Bett zu legen und deinen Rock hochzuziehen, an dem er deine Finger – die der linken Hand – ergriffen hat und sie, nachdem er sie geküsst hat, genau auf die Stelle zwischen deinen beiden Lippen oben auf dein Geschlecht gelegt hat. Zugleich legte er deine andere Hand auf deine Brüste. Er saß nackt neben dir. Sein Penis war steif, er hat dich aufgefordert, ihn anzuschauen. Er hat dich nicht berührt. Hat dir nur zugeflüstert, was du machen

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