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Das Geheime Vermächtnis

Das Geheime Vermächtnis

Titel: Das Geheime Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Webb
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mehr. Ich glaube, es wäre leichter, den Steinen dieser Wand die Wahrheit zu entlocken, als sie meiner Schwester abzupressen. Frustriert steige ich wieder auf den Dachboden, klappe den Deckel der roten Reisetruhe auf, ohne wie sonst achtsam damit umzugehen, und streiche noch einmal mit den Fingern über Carolines Habseligkeiten. Hier muss noch mehr sein, irgendetwas, das ich übersehen habe. Etwas, das mir sagen kann, warum sie die Dinsdales so sehr hasste, dass in ihr nicht einmal Platz genug blieb, um ihr eigenes Kind zu lieben. Aber als ich alles herausgeräumt habe, bin ich kein bisschen klüger. Ich halte inne, lasse mich auf die Fersen zurücksinken und merke, dass meine Hände zittern. Als ich ein in Papier gewickeltes Bündel aufhebe, um es wieder in die Truhe zu legen, fällt mir etwas ins Auge. Da ist ein Riss in dem Papier, mit dem die Truhe innen ausgeschlagen ist; ein Riss am Boden, an dem nur noch ein loses Stück Papier hängt. Und halb verborgen unter dem Papier steckt ein Briefumschlag. Ich greife danach, stelle fest, dass das nicht Merediths Handschrift ist, und während ich den Brief darin lese, schlägt mein Herz immer schneller.
    Ich stehe hastig auf und eile hinunter ins Arbeitszimmer. Das Feuer verschlingt einen riesigen Haufen Holz und verbreitet eine gewaltige Hitze.
    »Beth – ich habe etwas gefunden! Oben bei Carolines Sachen.« Sie blickt mit angespannter Miene zu mir auf. Sie hat mir noch nicht verziehen, was ich am Teich zu ihr gesagt habe.
    »Was denn?«, fragt sie tonlos.
    »Einen Brief an Caroline – er war in der Truhe. Ich habe ihn in der Auskleidung gefunden, und er ist sehr alt – aus der Zeit, bevor sie nach England kam. Hör dir das an!« Auch dieser Briefumschlag ist sehr klein, das Papier darin so alt, dass die Tinte zu einem schwachen Braun verblasst ist. Die Seiten sind fleckig und rissig, als wären sie oft auseinander- und wieder zusammengefaltet worden, über Jahre hinweg immer wieder gelesen. Als ich die Blätter ausbreite, reißen sie entlang der Knickstellen ein wenig ein. Ich berühre sie, so vorsichtig ich kann. Hier und da kann ich die Worte kaum noch ausmachen, aber da ist genug – genug, um eine Theorie zu untermauern.
    »Zweiundzwanzigster April neunzehnhundertzwei«, lese ich vor. »Meine liebste Caroline – ich habe Deinen Brief erhalten und war sehr bestürzt zu lesen, dass mein Brief Dich nicht erreicht hat – ebenso wenig wie der Brief davor! Bitte sei versichert, dass ich Dir geschrieben habe – dass ich Dir fast jeden Abend schreibe. Hier ist so viel zu tun, damit alles für Deine Ankunft vorbereitet ist, dass ich am Ende jedes Tages recht erschöpft bin, aber trotzdem denke ich jeden Abend an Dich, das schwöre ich. Wir wurden hier leider durch die Frühjahrsstürme sehr behindert – vorgestern kamen faustgroße Hagelkörner in einem Schauer herab, der einen Mann glatt hätte erschlagen können! Dieses wilde Land braucht eine sanfte weibliche Hand, die es zähmt, Liebste. Und ich weiß, dass solche Unbilden mir nichts mehr werden anhaben können, wenn ich Dich erst hier an meiner Seite habe.
    Bitte quäle Dich nicht wegen der Abreise Deiner Tante – hier wirst Du so viel Heim und die Familie finden, wie Du es brauchst! Ich weiß, wie es Dich bekümmert, dass Ihr nicht im Guten auseinandergeht, aber gewiss … Ich kann nicht erkennen, was er als Nächstes schreibt. Fast der ganze Absatz ist unleserlich.« Ich kneife angestrengt die Augen zusammen. »Ich habe dafür gesorgt, dass … zu meinem Bedauern … Hab noch ein wenig Geduld, mein Liebling, und ehe Du Dich versiehst, sind wir zusammen. Ich habe neben dem Haus einen guten Platz gefunden, wo ich einen Garten für Dich anlegen werde. Ich erinnere mich, dass Du mir einmal erzählt hast, wie gern Du einen Garten hättest. Nun, du sollst einen Garten ganz für Dich allein bekommen, in dem Du wachsen lassen kannst, was immer Dir beliebt. Der Boden hier ist ein wenig sandig, aber dennoch wird vieles darin gedeihen. Und auch wir werden hier gedeihen, das weiß ich. Mein Herz erinnert mich tagtäglich an Deine Abwesenheit, und ich danke Gott dafür, dass wir bald wieder vereint sein werden.
    Dann kommt ein großer Teil, den ich gar nicht mehr lesen kann – es sieht aus, als wäre das Papier irgendwann einmal nass geworden«, unterbreche ich die Lesung und wende mich dem Ende der Seite zu. »Am Schluss steht dann: Ich sehne mich danach, Dich wiederzusehen, und mein Herz freut sich an dem Wissen, dass

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