Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
sein. Nach dem Unterricht nimmt er dich mit ins Kloster zurück. Solange kannst du in der Küche bleiben und dich stärken.«
Ihr war nicht entgangen, wie groß der Appetit des Jungen war. Wahrscheinlich wurde er bei den Mahlzeiten recht kurz gehalten, doch er war in einem Alter, wo ein Bursche essen musste. Wieder lächelte Matteo und griff nach einem weiteren Stück Brot.
Nwuma saß am Bett des Principe und hielt seine Hand. Sie war kalt, genauso wie der Leib und die Füße des Fürsten, deren Sohlen eine ungewöhnlich dicke, wuchernde Hornhaut bedeckte. Er wusste, hier würde seine Medizin kaum Wirkung zeigen. Die Vergiftung hatte dem Körper di Naninis schon zu sehr geschadet. Sein Schlaf war unruhig; er träumte, und im nächsten Moment erwachte er, vollkommen orientierungslos. Seine Augen blickten leer; er erkannte den Nubier nicht. Und solange sein Geist nicht klar war, konnte Nwuma keinen Zugang zu seiner Seele finden.
Der Schwarze war ratlos. Seltsam, dass die Pilze solche Symptome hervorriefen. Gewöhnlich verursachten sie rauschhafte Zustände, die sich bis zum Delirium steigern konnten, aber ein kalter Leib und kalte Füße? Und was ist, überlegte der Nubier, wenn es gar nicht die Pilze sind? Er sprang auf, er wusste, er war der Lösung nahe. Jemand wollte den Principe umbringen und nutzte dafür wohl ein langsam wirkendes Gift. Aber welches? Er durchsuchte das ganze Gemach nach verräterischen Kästchen und Phiolen, roch am Weinpokal des Fürsten. Nichts.
»Wie lange schon kann der Principe schlecht laufen?«
Nwumas Stimme schallte laut durch die Küche des Palazzo. Mit schnellen Schritten trat er auf Umberto zu.
»Du bist der Leibdiener und hilfst ihm beim Ankleiden – ist dir in der letzten Zeit nie etwas aufgefallen?«
Umberto schüttelte den Kopf. Aus seinem Blick sprach echtes Entsetzen. Der Nubier wandte sich an Bruder Angelo, der sich inzwischen im Palazzo eingefunden hatte und damit beschäftigt war, einen kleinen Kuchen zu essen.
»Habt Ihr medizinische Bücher in Eurer Bibliothek?«, wollte er wissen. Der Mönch nickte.
»Dann lasst uns keine Zeit verlieren. Wenn der Fürst an dem leidet, woran ich denke, ist höchste Eile geboten, wenn wir sein Leben retten wollen.«
Er zog den immer noch kauenden Mönch von seinem Schemel hoch und blickte zu Benedetto:
»Lass uns reiten, Freund, vier Augen sehen mehr als zwei.«
Ein lautes Murren ging durch die Reihen des Scriptoriums, als Bruder Angelo seinen beiden Gästen mit wiegenden Hüften in die Bibliothek vorauseilte. Der Abt hatte unter den besonderen Umständen die Erlaubnis erteilt, dass Nichtangehörige des Ordens die Räume betreten durften. Nun standen die drei Männer vor den riesigen, mit kunstvoll geschnitzten Motiven versehenen Bücherregalen.
»Wonach suchen wir eigentlich?«, fragte der Mönch. »Ich denke, es ist eilig. Also sagt schon.«
»Der Principe wurde vergiftet. Gibt es ein Buch über Gifte und wie sie wirken?«
Der Mönch lächelte.
»Nicht nur das. Auch welches Gegengift helfen kann, steht darin.«
Leichtfüßig stieg er auf eine Leiter und holte einen Folianten aus dem Regal. In der Hauptsache befasste sich das Buch mit giftigen Pflanzen; sie waren in großen Abbildungen vortrefflich dargestellt.
»Der Fürst ist nicht bei Sinnen, er hat kalte Glieder und wuchernde Hornhaut an den Füßen. Und es muss ein Gift sein, das unauffällig in kleinen Dosen gegeben werden kann«, beeilte sich Nwuma zu sagen.
Gebannt schauten er und Benedetto zu, wie sich der Mönch gewissenhaft durch den Atlas arbeitete. Die Minuten wurden zur Ewigkeit. Unruhig schritten der Gaukler und der Nubier vor den Regalen auf und ab, während Bruder Angelo Seite um Seite betrachtete. Endlich schien er das Gesuchte gefunden zu haben. Er las etwas auf Lateinisch vor, doch sofort fiel ihm ein, dass seine Gäste dieser Sprache nicht mächtig waren, und er bemühte sich sogleich um eine Übersetzung.
»Arsenicum Album. Scherbenkobalt.« Jetzt wurde der Mönch ganz aufgeregt. »Und hier steht … Knoblauch. Dem Kranken soll regelmäßig frischer Knoblauch zugeführt werden, am besten als Saft.«
Die frohe Kunde ließ ihn über das ganze Gesicht strahlen.
»Und wo bekommen wir nun frischen Knoblauch her?«, brummte Benedetto.
»Macht euch keine Sorgen.«
Bruder Angelo klappte den Atlas fast liebevoll zu und stellte ihn zurück an seinen Platz. Dann winkte er die beiden Männer zu sich.
»In unserer Küche findet Knoblauch häufig
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