Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
machte, auf ihn, beugte sich lachend zu ihm hinab, küsste und neckte ihn und zwang ihn dabei in ihren Rhythmus hinein. Giacomo sah in der Dunkelheit der Kammer nur die weichen, weiblichen Umrisse seiner Frau, spürte ihre Bewegungen, schmeckte die salzige Nässe ihrer Haut. Sie war ein herrliches Weib, sie gab ihm alles, was er sich von einer Frau wünschen konnte. Gott hatte es gut mit ihnen gemeint. Wieder suchten ihre Lippen seinen Mund, sie war voll Verlangen, seine Anna, und Giacomo gab ihr alles zurück, was sie ihm gab, und dann kam der köstlichste Augenblick. Die Liebste wurde stumm in seiner Umarmung, ihr Atem ging so schnell, sie versteifte sich auf ihm, und er fühlte, wieder und wieder, dieses heftige innerliche Pulsieren, es erregte ihn unglaublich, ihren Höhepunkt zu spüren, und er ließ sich selbst mitreißen in diesem Strudel der Lust. Anna!
»Ich werde Magdalena nach Lucca bringen.«
Giacomo hielt seine Frau fest umschlungen. Es war eine merkwürdige Nacht. Sie redeten, sie liebten sich, aber sie schliefen nicht. Er konnte dieses Kind nicht ins Herz schließen, aber war es richtig, es fortzugeben? Erschöpft von der Leidenschaft und vom Reden wandte sich Anna ihm zu. Sie nickte nur. Sie wusste, auch sie konnte dem Mädchen nicht die Liebe geben, die es brauchte, um glücklich zu sein. Vielleicht war es ja ein Wink des Schicksals, vielleicht war es dem Kind bestimmt, in Lucca zu leben, am Hof des Conte. Gabriella würde schon dafür sorgen, dass ihr nichts geschah, würde sie von den Herrschaften fernhalten. Ascanio hatte das Mädchen erkannt, damals, aber danach hatte er das Kind nie wieder beachtet … Wie schnell die Zeit vergangen war, dachte Anna, sie erinnerte sich genau an den Moment, als sie Magdalena zum ersten Mal im Arm gehalten hatte. Fast neun Jahre war das her. In dem Alter hatte sie selbst ihre Eltern verloren. Anna wusste, wie es sich anfühlte, mit neun Jahren ganz allein zu sein. Ob sich ihre Tochter auch so allein fühlte wie sie damals? Sie legte wieder den Kopf auf Giacomos Brust und lauschte seinem Herzschlag. Sein Atem ging ruhig und regelmäßig. Sie lächelte. Er war eingeschlafen. Sie drängte sich noch näher an ihn heran und genoss die Wärme seines Körpers. Vielleicht würde sie auch noch etwas Schlaf finden.
»Nein, nein und nochmals nein!«
Gianni war außer sich. Diese beiden Burschen hatten alles Mögliche im Sinn, aber zu guter Arbeit taugten sie nicht. Er betrachtete Rocco, der sich gerade mit einer Zuckerspeise abmühte. Er musste sich auf die Knöchel beißen, um ihm nicht die Schüssel mit den Eiern, die er verschlagen sollte, abzunehmen. Und das war noch gar nichts gegen diesen Nichtsnutz Benedetto, für den es nichts Wichtigeres gab, als mit irgendeiner streunenden Katze im Gebüsch zu liegen. Der Bengel hatte es vorgezogen, heute überhaupt nicht in der Küche zu erscheinen. Was soll nur werden?, dachte der Koch bestürzt. Was sollte nur werden, wenn er, Gianni, eines Tages seine feine Nase für die richtige Kräutermischung und das treffliche Auge für die knusprigste Bratenkruste verlieren würde? Er war ein alter Mann, die tägliche Arbeit machte ihm zunehmend Mühe, und es war nur eine Frage der Zeit, wann der Conte das Nachlassen seiner Kräfte bemerken und ihn davonjagen würde. Er brauchte dringend einen Nachfolger. Es musste doch möglich sein, die beiden jungen Kerle für sein Handwerk zu begeistern! Gianni schüttelte seinen inzwischen schütter gewordenen, aber immer noch feuerrot leuchtenden Lockenkopf und nickte der Küchenmagd, die gerade eine Soße bereitete, aufmunternd zu. Er musste mit Benedetto und Rocco sprechen. So ging es einfach nicht weiter.
Ein Geräusch ließ ihn aufschrecken. Rocco hatte die Schüssel fallen lassen. Ein zäher Brei aus Eiern, Sahne und Gewürzen ergoss sich über den festgetretenen Boden der Küche. Gianni wurde langsam zornig. Dieser junge Mann war ein Trampeltier. Wütend trat der Koch gegen den Tisch, an dem sein erster Geselle einen großen Fisch ausnahm und den Ausbruch seines Meisters geflissentlich übersah.
»Rocco! Zur Hölle mit dir!«
Er trat auf den Burschen zu, der sichtlich erschrocken die Scherben der Schüssel zusammenklaubte. Von der Eierspeise war indes nichts mehr übrig. Die Katzen hatten die Gunst des Augenblicks genutzt und sich in Windeseile darüber hergemacht.
»Bella …«, wollte sich der Koch ereifern, doch der Jüngere sprang wie auf Kommando hoch und fiel ihm ins Wort.
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