Das Geheimnis der Contessa - Historischer Roman
wieder auf den Jüngeren. Die Augen des Stadtvogts blitzten vor Hass, doch Benedetto erwiderte den Blick nicht und blieb ruhig.
»So sei es«, sagte Hector laut, »du bekommst Nachricht von Benedetto, den ganzen Sommer hindurch, und unsere Familie lagert im kommenden Winter geschützt hinter den Mauern deiner Stadt.«
Martini erwiderte darauf zunächst nichts. Er machte den Mund auf und zu wie ein erstickender Fisch, aber kein Laut verließ seine Kehle. Es war ihm anzusehen, dass ihn die schnelle Einigung überraschte.
»Eines noch«, setzte der Anführer der Gaukler nach, »da es ein feierlicher Handel zwischen uns ist, möchten wir den Segen des Pfarrers erbitten. Ich habe meinen Sohn nach ihm geschickt. Er müsste gleich da sein.«
Wieder schnappte der Vogt nach Luft. Wenn Hector dermaßen vorausschauend gehandelt hatte, musste an dem Braten etwas faul sein. Aber was? Sicher war, er hatte sich übervorteilen lassen, er würde es schon noch herausbekommen. Ein Grunzen entfuhr seiner Kehle. Es nützte alles nichts, er brauchte dieses Pack. Beherzt griff er zum Steinkrug und füllte die Becher.
»Dann lasst uns auf den Handel anstoßen, bevor der Pfaffe kommt«, sagte er und grinste anzüglich, »unser Prete hat nämlich einen gesegneten Durst.«
Kaum hatte er den Satz beendet, klopfte es an der Tür zum Hof. Kurze Zeit später erschien Francesca, immer noch missmutig.
»Der Pfarrer ist da«, sagte sie erstaunt, »und er hat einen Jungen bei sich. Sie sagen, sie werden erwartet.«
»So ist es, so ist es, liebe Schwester«, beeilte sich Martini zu antworten und breitete überschwänglich die Arme aus. »Sag ihnen, sie sollen sich zu uns setzen, und du, hol uns noch ein wenig Wein und Brot.«
Francescas Augen glitzerten vor Zorn. Sie war nicht die Dienstmagd hier, aber ihr Bruder vergaß das nur zu gern, wenn er Gäste im Haus hatte. Sie ließ den Prete und Momo an sich vorbeigehen und warf die Tür laut hinter sich zu. Martini lächelte schief wie zur Entschuldigung und begrüßte den Pfarrer mit unterwürfiger Höflichkeit.
»Martini hasst dich.«
Hector sah seinen Freund ernst an. »Du musst bei ihm auf der Hut sein. Versprich mir das.«
»Was zählt, ist, dass der Handel gilt. Vor Gottes Angesicht. Alles andere ist unwichtig«, versuchte ihn der Jüngere zu beschwichtigen. In Gedanken vertieft nahmen sie ihren Weg auf und waren bald wieder im Lager. Momo kam ihnen entgegengelaufen; er hatte sich, sofort nachdem der Pfarrer Platz genommen hatte, auf den Heimweg gemacht. Seine Augen leuchteten.
»Vater, lass mich mit Nwuma gehen«, bettelte er. »Er kann einen Helfer gebrauchen. Ich kenne die Wege, die Wälder …«
»… und die Macchia«, ergänzte sein Vater und schüttelte den Kopf.
»Nein, mein Sohn, du bist zu jung. Wenn dem Nubier etwas passiert, bist du nirgendwo sicher. Und deine Familie ist vielleicht Tagesreisen entfernt.«
Momos Augen füllten sich mit Tränen. Er stampfte wütend mit dem Fuß auf. Als Nwuma sich zu ihnen gesellte, rief er ihm entgegen:
»Ich hab’s dir ja gesagt, Vater lässt mich nicht.«
Der Schwarze legte den Kopf schief und blickte Hector fragend an.
»Hast du kein Vertrauen zu mir, Anführer der Gaukler? Ich werde für ihn sorgen wie für einen Sohn. Außerdem kann er mir wirklich helfen. Er kennt viele Gesichter, ist sein Leben lang in der Toskana umhergezogen. Du gibst ihm eine wichtige Aufgabe, wenn du ihn mit mir ziehen lässt. Und …«, er blinzelte Momo zu, »im Übrigen wird es Zeit, einen Mann aus ihm zu machen. Wie soll er das werden, zwischen all den Weibern und Kindern?«
Momo wischte seine Tränen fort und sah seinen Vater flehend an. Die drei Männer wechselten Blicke. Hector seufzte und schaute seinen Sohn an. Er sagte nichts, aber es war ihm anzumerken, dass er abwägte, was die richtige Lösung sei.
»Gut«, meinte er schließlich, »ich vertraue dich der Obhut unseres Freundes Nwuma an. Aber sollte mir zu Ohren kommen, dass du ihm nicht gehorchst, bist du am nächsten Tag wieder in unserem Lager. Hast du mich verstanden?«
Momo nickte heftig und warf jauchzend seine Mütze in die Luft. Hector berührte den Nubier an der Schulter und sagte so leise, dass es niemand sonst hören konnte:
»Sollte ihm etwas zustoßen, brate ich dich am Spieß. Bei lebendigem Leibe. Und ich meine es ernst, mein Freund.«
»Ich werde auf sein Leben so achten, als wäre es meines«, versprach Nwuma und gab dem Anführer der Zigeuner die Hand. Hector nahm seinen
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