Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Götter

Das Geheimnis der Götter

Titel: Das Geheimnis der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
Vom Netzwerk:
einschüchtern.
    »Macht das Schiff gut fest und bringt euch in Sicherheit«, befahl Isis.
    Obwohl bereits die ersten Regentropfen vom Himmel fielen, begleiteten der Esel und der Hund die junge Frau. Sekari folgte ihnen wie immer mit etwas Abstand, um im Notfall schnell eingreifen zu können.
    Die Stadt war menschenleer.
    Nicht ein einziges Haus stand offen.
    Isis entschied sich für den Prozessionsweg zum Tempel. Aber die beiden Tiere blieben stehen, und Fang fing an zu knurren.
    Und dann erschien der Hüter des Tempels.
    Ein gewaltiger schwarzer Stier von zwei Metern am Widerrist. Er war stärker als ein Löwe, hatte nicht einmal Angst vor Feuer, konnte sich verstecken, um seine Feinde zu erschrecken, und wurde bei der kleinsten Herausforderung wütend. Nicht einmal die besten Jäger wagten ihn zu stellen und überließen diese Aufgabe dem Pharao. Schließlich trug das gefährliche Tier den ka in seinem Namen, die unzerstörbare Schöpfungskraft, die von Herrscher zu Herrscher übertragen wurde.
    »Ganz ruhig«, sagte Isis und streichelte Nordwind und Fang,
    »ganz ruhig.«
    Sekari kam dazu.
    »Wir sollten uns vorsichtig zurückziehen«, schlug er vor.
    »Das macht ihr drei, und ich gehe weiter«, entschied Isis.
    »Bist du verrückt geworden!«
    »Ich habe keine Wahl, Iker erwartet mich.«
    Als ausgezeichneter Familienvater, guter Erzieher und Beschützer seiner verletzten Artgenossen war der wilde Stier inmitten seiner Herde gesellig und friedlich. Auf sich allein gestellt, konnte er unglaublich gewalttätig sein. Trotzdem ging Isis auf ihn zu.
    Der einzige Tod, den sie fürchtete, war der von Iker. Weder der Esel noch der Hund oder Sekari machten sich davon. Sollte das Ungeheuer Isis angreifen, würden sie ihr zu Hilfe eilen.
    Der Stier scharrte wütend mit den Hufen und hatte Schaum vor dem Maul.
    Irgendwann gelang es Isis, ihm in die Augen zu schauen, und sie begriff, warum die Einwohner und Priester von Athribis ihre Stadt verlassen hatten.
    »Du leidest an Schmerzen, habe ich Recht? Darf ich dir helfen?«
    Als Antwort bekam sie nur ein klägliches Gebrüll. Da ging sie so weit vorwärts, bis sie das geschwächte Ungetüm berühren konnte.
    »Vereiterte Augen,
    fiebrige Schläfen, entzündete
    Zahnwurzeln… Das ist eine Krankheit, die ich kenne und die ich heilen kann. Leg dich auf die Seite.«
    Auf die Bitte der Priesterin hin eilte Sekari zum Schiff und holte die erforderlichen Heilmittel. Nordwind und der Hund blieben bei Isis, die dem Stier Augentropfen gab, die die Entzündung hemmten, und ihm erst das Zahnfleisch, dann den ganzen Körper mit einer Kräuterlösung einrieb.
    Der Regen hörte auf, der Sturm zog ab.
    Der Tempelwächter war voller Schweiß.
    »Das ist ein gutes Zeichen«, meinte die Priesterin. »Die Krankheit verlässt deinen Körper, das Fieber geht zurück, du wirst wieder stark und gesund.«
    »Wäre es nicht besser wegzugehen?«, schlug Sekari vor.
    »Von diesem wertvollen Verbündeten haben wir nichts zu befürchten.«
    Das gewaltige Tier erhob sich und sah seine Retter einen nach dem anderen an. Sekari wollte sich nicht recht beruhigen, weil die spitzen Hörner des Stiers bei einer ungestümen Bewegung seine Brust streiften.
    Isis kraulte ihm die große Stirn.
    »Ich gehe jetzt in den Tempel der Mitte«, kündigte sie an. Der schwarze Stier hatte nichts gegen die Anwesenheit von Esel und Hund, beobachtete Sekari aber äußerst misstrauisch. Der zwang sich zu einem Lächeln und zog es vor, sich zu setzen und nicht zu bewegen, in der Hoffnung, dass die Oberpriesterin von Abydos möglichst bald zurückkam. Das große Eingangstor stand halb offen.
    Vor lauter Entsetzen über den bösen Fluch, der ihren Schutzgeist quälte und die ganze Stadt unbewohnbar machte, hatten die Priester das Heiligtum im Stich gelassen. Da erschienen auf einmal einundsiebzig Schutzgeister und beeilten sich, die Kapelle mit dem Herzen des Osiris zu bewachen. Diese raubtierhaften, entflammten, Seelen verschlingenden Zwitter bildeten eine unbesiegbare und gnadenlose Armee.
    Isis schwang Thots Messer aus schwerem Silber.
    »Dies ist das große Wort. Es zerschneidet die Wirklichkeit und findet den richtigen Weg. Ich komme nicht als Diebin, sondern als Dienerin von Osiris. Möge sein Herz das Ägyptens beleben und das Große Geheimnis bewahren.«
    Die Schutzgeister ließen ihr freies Geleit und kehrten als gemeißelte Gestalten oder Hieroglyphen in den Stein zurück. Vor der Schale mit der kostbaren Reliquie saß ein

Weitere Kostenlose Bücher