Das Geheimnis der Heiligen Stadt
bemühte, den Sattel und die verhedderten Steigbügel loszuwerden. Doch der Schlag gegen das Kinn hatte Geoffrey benommen gemacht, und er konnte nichts weiter tun, als wacklig auf die Beine zu kommen. Er tat einen schwachen Satz auf Hugo zu und griff ihn mit dem Dolch an, aber Hugo stieà ihn zurück und kam wieder frei.
Als Geoffreys Blickfeld nicht mehr von den explodierenden Lichtern getrübt war, stellte er fest, dass er Dolch und Schild verloren hatte und Hugo unbewaffnet gegenüberstand. Mit blitzenden Augen und dem Schwert in der Hand rückte Hugo vor. Er hob den Arm zu einem Streich, der ihn von dem Mann befreien sollte, der all seine Pläne zunichte gemacht hatte. Geoffrey wich seinem Blick nicht aus.
Der Schlag kam nie. Hugos Gesichtsausdruck wandelte sich von verzerrter Bosheit zu Ãberraschung, und sein Schwert sank langsam hin. Roger stand hinter ihm, und Hugo brach zusammen. In seinem Rücken steckte ein gebogener Dolch mit edelsteinbesetztem Griff.
»Das Ding hatâs mir angetan, seit ich es in seinem Zimmer gefunden habe«, sagte Roger. Er setzte einen Fuà auf Hugos Rücken und zog den Dolch heraus. Er zeigte ihn Geoffrey und drehte ihn in der Hand herum. »Hübsch, nicht?«
Geoffrey löste mühsam den Blick von dem blutigen Dolch und schaute wieder Roger an. »Haben wir es geschafft?«
»Allerdings, Geoff. Courrances und seine Mönche haben in der Mitte kräftig aufgeräumt. Und als Hugos Männer, die da eingeschlossen waren, rauskommen wollten, waren sie denen im Weg, die vorne und hinten kämpften. Ich habe diesen verräterischen Vater Almaric getötet â er trug tatsächlich ein Kettenhemd, kannst du das glauben? Und er hatte ein Schwert! Ich hab auch Marias Burschen erwischt, Adam, und Courrances hat Armand getötet und viele andere.« Er hielt inne und schaute befriedigt auf die Leichen, die überall auf der StraÃe verstreut lagen. »Die Sache mit den Ziegen hat gut geklappt.«
Gerade eben, dachte Geoffrey müde. Er hielt nach seinem Hund Ausschau und sah, dass dieser irgendetwas Blutiges zwischen seinen Pfoten abnagte. Geoffrey hoffte, dass es sich nur um ein Tier handelte. Er schaute zum Dorf hinüber und sah, wie Courrances und dâAumale die wenigen Ãberlebenden von Hugos Streitmacht zusammentrieben und sie die Gefallenen aufsammeln lieÃen. Anscheinend hatte der Kampf in einem Massaker geendet, und Geoffrey wurde plötzlich übel.
»Als hätten wir nichts Besseres zu tun«, sagte er zu dem verwirrten Roger. »Das ganze Land ist von feindseligen Sarazenen umgeben, und wir bringen nichts anderes zu Stande, als uns gegenseitig umzubringen! Vielleicht sind wir gar nicht würdig, überhaupt hier zu sein, und sollten unsere Ansprüche aufgeben.«
»Red keinen Blödsinn, Geoff«, widersprach Roger. Er zeigte auf den langsam anwachsenden Haufen Leichen auf der StraÃe. »Ohne solche Kerle ist die Welt besser dran.«
Vom Boden her lieà Hugo ein leichtes Stöhnen vernehmen und drehte sich auf den Rücken. Geoffrey und Roger tauschten einen Blick und schauten kühl auf ihn hinab. Hugo sah sie und lächelte.
»Ich hielt es stets für ruhmreich, mit meinen Freunden in der Schlacht zu sterben.«
»Aber du hattest erwartet, mit deinen Freunden in die Schlacht zu ziehen, nicht gegen sie«, bemerkte Roger leicht entrüstet. »Und ganz nebenbei: Wir sterben nicht.«
Hugos Lächeln wurde noch breiter und entblöÃte blutbefleckte Zähne. Geoffrey kniete neben ihm nieder, von der ganzen verräterischen Angelegenheit abgestoÃen.
»War es das wert, Hugo?«, fragte Geoffrey leise. Er wies auf den Haufen mit den toten Kriegern. »Deine Leute sind tot, und du wirst ihnen bald folgen.«
»Das war es wert«, entgegnete Hugo. »Vor zwei Wochen sandte ich eine Botschaft an Bohemund, dass ich Gottfried töten würde und dass er sich bereithalten solle, Jerusalem zu beanspruchen. Während wir hier miteinander reden, sammelt er schon seine Truppen in Erwartung dieser Ereignisse.«
»Aber er wird feststellen, dass der Vogt noch lebt«, sagte Geoffrey. »Und niemand wird Bohemund unterstützen, wenn er versucht, die Macht mit Gewalt an sich zu reiÃen. Gottfried wurde vom Patriarchen selbst als Vogt des Heiligen Grabes eingesetzt.«
»Ja, ja«, sagte Hugo müde. »Aber Gottfried ist schwach, und selbst
Weitere Kostenlose Bücher