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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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Zimmer war heiß, und er hatte während der letzten Tage wenig Schlaf gefunden. Das Bedürfnis nach Ruhe überwältigte ihn schließlich. Er schlief unruhig, und seine Träume waren angefüllt mit Bildern von Roger, wie er durch die Straßen Jerusalems schlich, mit bluttriefenden Händen.
    Als Geoffrey die Augen aufschlug und Roger über sich gebeugt sah, schrie er erschrocken auf und griff nach dem Dolch. Er hatte allerdings den Gürtel zum Schlafen abgelegt, und er hing mitsamt dem Dolch an einem Wandhaken. Geoffrey war wehrlos! Roger beugte sich dichter zu ihm hinab, und Geoffrey blickte ihn entsetzt an. Er war sich seiner Verwundbarkeit nur allzu bewusst, während Roger über ihm aufragte. Er spürte den Stein unter seinem Bein und tastete danach. Er fragte sich, ob er damit Roger den Schädel einschlagen konnte. Genau so hatte Roger versucht, Hugo loszuwerden – mit einem kräftigen Schlag auf den Hinterkopf.
    Â»Nur die Ruhe!«, sagte Roger, und Sorge zeichnete sich auf seinem breiten, groben Gesicht ab. »Hast du Fieber?«
    Eine schwere, feuchte Hand drückte seinen Kopf hinab, und Geoffrey versuchte, nicht zurückzuzucken. Sein Herz schlug heftiger als in jeder Schlacht, und er fragte sich, ob er je so viel Angst gehabt hatte. Jetzt! Mach es jetzt!, forderte eine Stimme in seinem Kopf, und seine Finger umfassten den Stein fester.
    Â»Allerdings. Du wirkst ein wenig heiß«, sagte Roger und zog die Hand zurück. »Ich spring mal eben in meine Stube rüber und hol dir was Wein.«
    Dann entdeckte Roger den Stein, den Geoffrey so fest umklammert hielt, dass seine Finger vor Anspannung weiß waren. Roger wirkte verwirrt.
    Â»Was hast du denn da? Ist das die neueste Errungenschaft der Waffenkunst von euch Südengländern?«
    Er brüllte vor Lachen und richtete sich auf. Als er den Raum verließ, lachte er immer noch schallend über den eigenen Witz. In Schweiß gebadet und zitternd schaute Geoffrey ihm nach.

8. Kapitel
    A m liebsten hätte Geoffrey Abduls Palast der Freuden ohne Roger aufgesucht. Aber Roger war begeistert und ließ sich nicht von dem Besuch abbringen. Geoffrey wagte es nicht, allzu auffällig Einwände zu erheben, um nicht Rogers Verdacht zu erregen. Er dachte daran, auch noch Hugo anzusprechen. Aber Hugo war zu anspruchsvoll, um an einem Ort wie Abduls Palast Vergnügen zu finden, und außerdem fand Geoffrey, dass Hugo umso sicherer wäre, je weniger er mit der Sache zu tun hätte. Der Hund hatte versucht, ihnen zu folgen. Aber Geoffrey sperrte ihn im Zimmer ein und ignorierte das empörte Geheul. So machten Geoffrey und Roger sich spätabends gemeinsam auf den Weg. Rasch schritten sie durch die stillen Straßen, ihre Schwerter klirrten, und die Stiefel wirbelten den Staub vom ausgedörrten Boden auf.
    Roger war in bester Stimmung und summte beim Laufen vor sich hin. Er hatte einige Mühe auf sich genommen, um ein wenig begehrenswerter zu erscheinen: Er hatte sich rasiert; sein Haar war mit einem Messer gekürzt, und der Ring aus fettigem Schmutz, der die meiste Zeit seinen breiten Hals umgab, war beinahe verschwunden. Außerdem trug er unter dem Kettenpanzer sein bestes Hemd, ein edles Kleidungsstück aus blassblauer Seide, das er nach der Belagerung von Antiochia dem Leichnam eines Kaufmanns abgenommen hatte. Es hatte einen grob vernähten Riss am Rücken, umgeben von einem unheilvollen dunklen Fleck. Aber Roger hielt dieses Hemd für ein ausgezeichnetes Stück und trug es beinahe immer, wenn er in Freudenhäusern verkehrte.
    Unmittelbar neben ihm trottete Geoffrey dahin und trug schwer an seinen Sorgen und Zweifeln. Nur eine Sache war während des dreijährigen Kreuzzuges stets beständig geblieben – außer glühender Hitze, eisiger Kälte, auszehrenden Krankheiten, Fliegen und immer wiederkehrender Knappheit an Essen und Trinken: seine Freundschaft mit Roger und Hugo. Jetzt hatte der eine versucht den anderen zu ermorden. Geoffrey war das Heilige Land und den Kreuzzug gründlich leid, und erst recht die Politik, die einen guten Mann wie Roger zum Verräter werden ließ.
    Da es schon spät war, herrschte bei Abdul bereits lebhaftes Treiben. Schon vom anderen Ende der Straße her hörten sie schrille Entzückenslaute, das Gelächter von Männern und eine laut tönende Musik. Abdul sah Geoffrey und Roger eintreten und eilte herbei, um sie

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