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Das Geheimnis der Herzen

Das Geheimnis der Herzen

Titel: Das Geheimnis der Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire Holden Rothman
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Sieg überzeugt war.
    »Sind Sie auch eine Bewerberin?«, rief Andrew Morely ihr nach. »Es sind doch fünf Medizin-Aspirantinnen, oder?«
    »Ach, kommen Sie«, fügte Huntley hinzu. »Was ist schon dabei, uns die Namen zu nennen? Sie sollten stolz sein und sich nicht verstecken.«
    Ich hob den glänzenden Messingklopfer von Mrs Drummonds Tür und ließ ihn laut ans Holz knallen. Dann starrte ich eine halbe Ewigkeit auf die Tür, versuchte sie mit meinem Blick dazu zu zwingen, sich zu öffnen.
    Der Raum war brechend voll. Alle waren festlich gekleidet, und das Büfett, das Mrs Drummond bereitgestellt hatte, war einfach umwerfend. Geschnittenes Obst, darunter auch sonnengelbe Scheiben von etwas, das vermutlich Ananas war, leuchtete auf Porzellanplatten. Es gab auch kleine, dreieckige Sandwichs ohne Kruste und eine riesige Auswahl an Torten, Teekuchen und Keksen. Alles mir zu Ehren. Ich konnte es kaum ertragen.
    Hinter diesem reich bestückten Tisch stand Großmutter im vertrauten marineblauen Kleid. Weniger vertraut war allerdings das strahlende Lächeln auf ihrem Gesicht. Ich hob die Hand, um ihr zu winken, aber Mrs Drummond erschien und schloss mich unbeholfen, aber gut gemeint in die Arme. Mrs D., wie ich sie nannte, war von Anfang an mir gegenüber sehr besitzergreifend gewesen, auf mütterliche Art. Sie umarmte mich immer wie eine Tochter und erteilte mir gute Ratschläge, wie ich mich anziehen und was ich zu Lady Soundso oder deren Gatten sagen sollte, um sie für unsere Sache zu gewinnen. Sie hatte mir sogar abgelegte Kleider von sich vermacht, die mir zwar etwas zu groß waren, aber aus Stoffen, die ich mir nie hätte leisten können.
    »Mrs Drummond«, begann ich, doch weiter kam ich nicht, weil sie sich bereits Felicity zugewandt hatte. Mrs D.s Schwägerin, Lady Dunston, hatte mich jetzt im Visier, und auch Miss McLea kam, um mir die Hand zu schütteln. Niemand erwähnte den Termin beim Dekan.
    Ich wollte das ganze Theater durchbrechen und die Last von meiner Seele bekommen. »Mrs Drummond«, setzte ich noch einmal an und fasste um ihre Schwägerin und Felicity herum nach ihr. »Ich habe schlechte Nachrichten.«
    Mrs Drummonds große braune Augen schauten mich an. »Aber Agnes – Sie sind doch gerade erst gekommen. Das Geschäftliche kann warten. Legen Sie den Mantel ab. Ich hole Ihnen beiden einen Tee. Und, wenn ich das sagen darf, die Marmeladenplätzchen sind hervorragend gelungen.«
    Ich blickte zu Felicity hinüber, die gerade von wohlmeinenden Händen zum Teebüfett gezogen wurde. Sie waren merkwürdig, diese Damen der Gesellschaft: Bei unseren Zusammenkünften galt ein Protokoll, das auf mysteriöse Art und Weise alle zu kennen schienen. Jede Frau, die zur Tür hereinkam, musste begrüßt, auf eine Sitzgelegenheit platziert und mit Tee versorgt werden, ehe irgendetwas Wesentliches passieren konnte.
    Wenig später saß ich auf einem von Mrs D.s zierlichen, geschnitzten Stühlen, Teetasse und Untertasse auf den Knien, und hörte zu, wie die Gastgeberin über eine kürzlich erworbene Katze plauderte. Ich blickte mich verzweifelt um und sah Großmutter mit Laure auf mich zukommen.
    »Agnes«, sagte Großmutter und schloss meine Hand in ihre beiden Hände, »du siehst großartig aus.« Es folgte eine Diskussion über das Kleid, das ich trug. Es stammte von Mrs D., und Großmutter hatte es geändert, packte jetzt aber mit zwei Fingern eine Falte in der Taille. »Es sitzt zu lose«, sagte sie unglücklich. »Meine Augen sind nicht mehr das, was sie mal waren. Ich weiß nicht, wie mir das entgehen konnte.«
    »Es liegt nicht an deinen Augen«, sagte ich. »Ich glaube, ich habe abgenommen.«
    Großmutter hatte vor Kurzem ihren achtzigsten Geburtstag gefeiert und war mit einem Schlag alt geworden. Laure und ich mussten uns erst an die Verwandlung gewöhnen, aber das Seltsame war: Je steifer und welker sie äußerlich wurde, desto nachgiebiger und weicher wurde sie innerlich. Im vergangenen Jahr hatte sie mir mehr Zuneigung gezeigt, als ich je für möglich gehalten hätte. Das hing natürlich auch damit zusammen, dass ich erfolgreich war und dass jetzt Frauen wie Mrs Drummond und Lady Dunston meine Sache unterstützten. Aber was würde passieren, wenn sie von meinem Scheitern erfuhr?
    Laure, die sich bisher neugierig im Raum umgeschaut hatte, wandte sich mir zu, um meine Taille zu inspizieren.
    »Huntley Stewart ist hier«, verkündete ich.
    Sie wurde rot.
    »Er ist jetzt beim Herald «, fügte ich hinzu.

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