Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman
nur leicht den Kopf.
»Wie geht es Konrad?«, fragte sie Jeels.
»Er hat das Schlimmste schon überstanden. Das Fieber ist gesunken und die Gliederschmerzen sind erträglich. Natürlich wird es noch dauern, bis er das Bett verlassen kann. Der Geheimrat lässt ihn gut versorgen.« Ein anerkennendes Lächeln flog über Jeels’ Gesicht. »Dieser alte Knabe nötigt mir Respekt ab. Er hat es geschafft, trotz etlicher Ausfälle den Badebetrieb aufrechtzuerhalten und die Leute zu beruhigen. Kaum ein Gast hat die Flucht ergriffen.«
»Und wie geht es den anderen Kranken? Hat sich die Lage im Dorf etwas entspannt?«
»Es steht eigentlich insgesamt ganz gut. Die Insulaner nehmen die Windpocken gelassen hin. Bedenklich steht es eigentlich nur um Dina, eins der Badeweiber. Sie hat ein Herzleiden und wohl schon während der Saison Mühe gehabt, ihre Arbeit überhaupt durchzustehen. Und nun belasten die Windpocken sie noch zusätzlich.« Jeels’ Mine verdüsterte sich. »Ich habe ihr versprochen, morgen wieder vorbeizuschauen. Allerdings kann
ich ihr kaum helfen, sondern nur die Krankheitsbeschwerden lindern und hoffen, dass sie in ihrem schwachen Zustand alles gut übersteht.«
Ein leises Wimmern aus dem Nebenzimmer ließ Wemke aufspringen.
»Geh du man gleich hinterher, Jeels«, drängte Krischan mit besorgter Miene und nickte zur Wohnkammer. »Wemke wollte nicht mit der Tür ins Haus fallen, wo du doch schon so erschöpft bist, aber Freya geht es gar nicht gut. Wir haben ihr den ganzen Tag kalte Wickel gemacht, doch das Fieber will nicht sinken.«
Freya lag in dem Wandbett in der Wohnkammer. Die blauen Vorhänge waren an beiden Seiten zusammengerafft und in der Dunkelheit dahinter konnte man ein blasses kleines Gesicht ausmachen. Das Fieber trieb den Atem in Stößen aus dem Mund des Kindes. Freya keuchte und ihre Hände wanderten über die Bettdecke, als suchten sie einen Halt.
Wemke stand mit angstvoll geweiteten Augen am Butzenbett, die Hand auf Freyas Stirn. »Ach Jeels! Sie glüht förmlich und scheint gar nicht bei sich zu sein. Es wird immer schlimmer. Dabei habe ich wieder und wieder die kühlenden Tücher gewechselt. Ich habe solche Angst um sie!« Tränen rannen Wemke über die Wangen.
Sanft schob Jeels sie zur Seite und trat näher an das Bett. »Magst du eine Lampe aus der Küche holen, damit ich besser sehen kann?«
Lange und gründlich untersuchte er Freya, die unruhig weiterschlief.
»Du hast Recht«, sagte er schließlich zu Wemke, »sie hat immer noch hohes Fieber. Ansonsten kann ich aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Die Krankheit hat sie besonders schlimm erwischt. Wir können nicht viel mehr tun, als auch weiterhin zu versuchen, die Temperatur zu senken. Ich werde
Freya jetzt noch etwas einflößen, damit sie ruhiger schläft. Wechsel du die Wickel und lege ihr auch ein kühles Tuch auf die Stirn.«
Als sie den Wohnraum wieder betraten, kam Krischan gerade zur Tür herein.
»Es sieht nicht so aus, als ob das Wetter besser wird.« Er blickte ernst von Tedamöh zu Onno. »Ich meine wohl, dass ihr beiden heute Nacht besser hierbleiben solltet.«
»Ich könnte dann im Notfall auch sofort auf deine Hilfe zurückgreifen«, ergänzte Jeels an die alte Hebamme gewandt.
»Juchhu!«, freute sich Onno, doch seine Oma machte ein saures Gesicht.
»Altes Gewächs schläft im eigenen Bett am besten«, murrte sie.
Doch Jeels ließ keine Widerrede gelten. »Krischan und ich schlafen ja schon seit einigen Tagen in der Scheune. Ich denke, dass Wemke heute Nacht bei Freya in der Wohnkammer Wache halten wird. Somit kannst du, Tedamöh, den Alkoven in der Küche haben, und für Onno bauen wir ein Schlaflager auf dem Fußboden.«
Gerade wollte Tedamöh zu einem erneuten Protest ansetzen, da ließ ein gewaltiger Platzregen sie verstummen.
»Ist ja schon gut«, sagte sie schließlich ergeben. »Wenn es denn sein muss!«
Später, nach einem Branntweingrog und einer heißen Suppe, saßen die Freunde in warme Decken gehüllt in der Küche versammelt. Ein Feuer knisterte anheimelnd. Von der Feuerstelle zog ein feiner würziger Rauch durch den Raum.
Das Kind im Zimmer nebenan war in einen unruhigen fiebrigen Schlaf gefallen. In regelmäßigen Abständen gingen Wemke und Jeels herüber, um nach ihr zu sehen und etwas gegen das Fieber zu tun.
»Sag mal, Tedamöh«, setzte Jeels an. Seine Augen blickten neugierig zu der Alten, die in einem großen Holzstuhl ganz nah beim Feuer saß und genüsslich ihren
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