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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Schwiegermutter die Finger lecken.« Er hielt dem Jungen den Korb mit winterfesten Äpfeln entgegen, und Onno griff gerne zu. Krachend biss er hinein und betrachtete zufrieden kauend die Menschen um sich herum.

    »Was für ein Glück für die Wangerooger, dass du auf dem Eiland geblieben bist«, sagte Wemke lächelnd zu Tedamöh.
    »Glaub nicht, dass es immer leicht war. Als Jeels’ Mutter noch lebte, hatten wir einen ganz entsetzlichen Pastor hier auf der Insel. Er hielt von Frauen nicht viel und von Hebammen rein gar nichts. Fast hätte er es geschafft, die anderen gegen mich aufzuhetzen. Aber wenn ein Mensch krank wird, dann ist ihm alles egal. Hauptsache es hilft jemand. Und dagegen konnte der Pastor nicht an.«
    Eine Windböe heulte ums Haus und ließ die Scheiben klirren. Krischan griff nach seinem gefüllten Krug, führte ihn aber nicht zum Mund.
    «Das klingt fast wie bei Sturmflut auf See«, murmelte er, und seine Stimme zitterte leicht. Er sah aufgewühlt aus…
    Tedamöh runzelte die Stirn. »Was weißt du schon von Stürmen, die man auf See erlebt? Du hast doch zeitlebens keinen Fuß auf Schiffsplanken gesetzt.«
    »Habe ich doch.« Die drei Worte kamen ganz leise aus Krischans Mund, aber alle hatten ihn gehört und wandten sich ihm neugierig zu. Der Hüne sah mit einem entrückten Ausdruck im Gesicht ins Feuer.
    »Sag bloß!«, bemerkte Tedamöh verblüfft. Sie kniff die Augen zusammen. »Der Strandstreicher ist also zur See gefahren. Ich habe immer gewusst, dass es ein Geheimnis um dich gibt, Krischan. War wohl vor deiner Zeit auf Wangerooge, hä?«
    Krischan nickte. Er starrte auf die Tischplatte. »Das ist lange vorbei. War in einem anderen Leben, ist alles einem anderen Krischan passiert. Ich dachte, ich hätte es vergessen. Und jetzt, ganz plötzlich, ist alles wieder da. Wie das nur sein kann?« Er warf Tedamöh von der Seite einen Blick zu, als habe sie Schuld daran. »Dabei habe ich mir damals geschworen, niemals wieder daran zu denken.« Verzweiflung lag jetzt in seiner Stimme.

    »Was ist denn passiert? Ist dein Schiff abgesoffen oder haben euch Piraten gekapert? Was war so schrecklich auf See, dass du dich nicht daran erinnern magst?« Onno brannte vor Neugier.
    Krischan jedoch machte eine abwehrende Handbewegung. »Lass man gut sein, Onno. Die See hat es sich ein für alle Mal mit mir verdorben. Von der Insel aus will ich dem Wasser gerne zuwinken, aber freiwillig auf ein Schiff? Niemals wieder!«
    »Darum also bist du niemals mit den Fischern rausgefahren.« Tedamöh hob ihren Krug und Jeels schenkte nach. »Mehr als einer hat dich gefragt. Und ich glaubte, du seiest zu faul oder dir wäre die Arbeit nicht gut genug.«
    »Nun komm schon, Krischan. Erzähl uns von deinen Erlebnissen mit dem Meer«, drängte Jeels.
    »Ich weiß nicht, ob ich’s tun soll. Hab noch nie darüber gesprochen.«
    »Was du uns auch erzählst, wir können schweigen!«, sagte Tedamöh in verschwörerischem Ton.
    »Ich hab nichts verbrochen, wenn es das ist, was du glaubst!« Der Bärtige funkelte Tedamöh an. Die Alte schmunzelte zufrieden vor sich hin. Sie hatte Krischan da, wo sie ihn haben wollte.
    »Na gut. Ihr habt es so gewollt. Und glaubt ja nicht, dass es Seemannsgarn ist, was ihr zu hören kriegt.« Nun führte Krischan den Krug doch zum Mund und nahm einen langen Schluck. »Meine Wiege stand in Dornum«, begann er. »Außer dass meine Mutter früh starb, hab ich es eigentlich ganz gut getroffen gehabt. Eine Tante hat mich großgezogen. Mein Alter fuhr im Sommer zur See und kehrte winters zu mir zurück. So wie bei Tedamöh und ihrem Vater. Das hat wohl auch die Bilder von damals wieder in meinen Kopf gebracht. Auch ich habe immer nur auf den Winter gewartet. Nur dass Vater mir nichts beibringen konnte, ich meine, nicht schreiben und lesen. Und darum hab ich’s auch nicht gelernt. Er sagte immer,
zum Arbeiten helfe es sowieso nichts. Aber Geschichten erzählen, das konnte Vater wohl.
    Als die alte Tante starb, da war ich dreizehn Jahre alt und wollte nichts lieber, als mit ihm zur See fahren und was erleben. Und so wurde ich Schiffsjunge auf der Margarete . Mein Vater war Matrose dort. Dass das Seemannsleben kein Herrenleben ist, fand ich schneller raus, als mir lieb war. Doch um nichts in der Welt hätte ich stattdessen den Kuhstall eines Bauern ausmisten wollen.
    Im zweiten Sommer heuerten Vater und ich zusammen mit vierzig anderen Seeleuten auf einem Grönlandfahrer an, um den Wal zu jagen. Das auch

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