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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen
Autoren: Boris Akunin
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Jadekette. Sie konnten Ihr Glück nicht fassen, griffen mit zitternder Hand nach der Lupe, dankten dem Himmel und so weiter und so fort. Was geschah dann?«
    Chruzki öffnete die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus.
    »Ja, als Prjachin mir die Kette zeigte und fragte, ob er dem Opiumsüchtigen nicht zu viel gezahlt habe, hatte ich mich nicht in der Gewalt. Ich hätte achtlos die Achseln zucken und die Kette mit herablassender Miene für fünf Rubel kaufen sollen. Aber ich hatte völlig den Kopf verloren, weinte wohl sogar … Ich bot Prjachin auf Anhieb fünfhundert, aber er lachte nur. Mit vor Glück bebender Stimme versprach ich ihm tausend – er lehnte ab. Da erhöhte ich gleich auf zehntausend, obwohl, um eine solche Summe aufzubringen, hätte ich meine Sammlung verkaufen und außerdem das Haus verpfänden müssen. Aber Prjachin schnappte über. Jeder Antiquitätenhändler hat einen Traum: einmal im Leben eineRarität von märchenhaftem Wert zu ergattern. Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich der einzige Mensch in Russland bin, für den diese Kette eine Kostbarkeit darstellt. Er glaubte mir nicht. Er sagte:
    ›Wenn Sie als unvermögender Mann zehntausend geben wollen, rückt ein Millionär wie Mamontow oder Chludow hunderttausend heraus …‹ Ich sann lange darüber nach, wie ich in den Besitz der Kette kommen könnte, und beschloss zu guter Letzt, sie zu stehlen. Ich betäubte den Gehilfen, kehrte das Unterste zuoberst, fand sie aber nicht. Prjachin erzählte mir dann, man habe ihn bestohlen. Dem Ärmsten wäre natürlich nie in den Sinn gekommen, dass Graf Chruzki zu einem Raubüberfall fähig sein könnte …«
    »Sie brauchen nicht fortzufahren«, stoppte Fandorin den Grafen. »Das Weitere ist klar. Als Sie die Kette nicht fanden, gerieten Sie in Raserei und beschlossen, die Reliquie um jeden Preis, und sei es um einen b-blutigen, in Ihren Besitz zu bringen. Aber Prjachin erwies sich als harte Nuss … Herrgott, Lew Aristarchowitsch, Sie haben die Universität absolviert! Wie kann man, aus welchem Grund auch immer, und sei es, um hinter das Geheimnis der Unsterblichkeit zu kommen, einen lebendigen Menschen mit dem Beil zerstückeln? Außerdem ist es eines Gelehrten unwürdig, an solche Albernheiten zu glauben.«
    »Euer Hochwohlgeboren«, flehte der Reviervorsteher. »Seien Sie so gut und erklären Sie mir, worum es geht! Was für Albernheiten? Was für ein Geheimnis?«
    »Dummheiten eben!« Fandorin winkte ärgerlich ab. »Märchen. Laut Überlieferung hat Te Huanji viele Jahre lang versucht, das Geheimnis des ewigen Lebens zu finden, seinerzeit entdeckt von dem großen Lao-tse, der somit unsterblich geworden war. In einem alten Buch steht geschrieben, dass Te Huanji die Erleuchtung zuteil wurde, die höchste Weisheit, und dass er den Tod besiegte, indem er eine grüne Jadekette durch die Hände gleiten ließ. Er lebte dreimalje achtzig Jahre, dann überwand er sogar die Schwelle zur Ewigkeit, was die Zahl fünfundzwanzig symbolisiert – dreimal Langlebigkeit plus eins.«
    Der Graf schüttelte den Kopf und sah den Beamten mit echtem Mitgefühl an.
    »Verstand und Logik sind nichts vor der Größe des Geistes. Armer glückhafter Erast Petrowitsch, wie blind Sie doch sind! Was hat Sie zweimal vor dem sicheren Tod gerettet, wenn nicht der Besitz der heiligen Kette? Warum, warum nur wurde sie einem gleichgültigen Laien zuteil und nicht mir?«
    »Weil Sie, Euer Erlaucht«, erwiderte der Hofrat streng, getroffen von dem Wort »Laie«, »das Wesentliche der Legende nicht begriffen haben. Die Kette des Te Huanji gibt sich nicht in die Hände eines Menschen mit bösem Herzen. Ich fürchte, dass Sie in Ihrem Kloster das Geheimnis des Lebens doch nicht ergründet haben – Sie waren zu sehr mit dem Zerhauen von Bambusstäben beschäftigt.«
    Vor den dunklen Fenstern hielt polternd eine Droschke, ein Wagenschlag klappte.
    »Der Untersuchungsführer ist eingetroffen«, erklärte der Reviervorsteher und erhob sich.
    Herein kam ein magerer Herr mit Zwicker, mit galligem verschlafenem Gesicht – Sergej Sergejewitsch Lemke von der Staatsanwaltschaft. Er begrüßte Fandorin mit Handschlag, verneigte sich vor dem Verhafteten und nickte dem Reviervorsteher zu.
    »Wohin?«, fragte Fandorin. »In die Kleine Gouverneurstraße?«
    »Nein.« Lemke unterdrückte ein Gähnen. »Dort sind alle Adelszellen belegt. Ich bringe ihn auf die Hauptwache der Krutizkaja-Kaserne. Dort verhören wir ihn. Kommen Sie mit?«
    »Mit
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