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Das Geheimnis der Krähentochter

Das Geheimnis der Krähentochter

Titel: Das Geheimnis der Krähentochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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gemacht.
    »Meine Güte«, drang die Stimme von Cornix erst nach einer Weile
wieder in ihre Gedanken, »es ist also noch viel schlimmer, als ich es
befürchtet hatte.«
    »Wie meinst du das?«
    »Zuerst sagte mir meine Ahnung, du wärst in Gefahr. In irgendeiner
Situation, aus der ich dich befreien könnte. Ich hatte Angst, die Reiter wären
vielleicht wieder aufgetaucht. Aber …« Der Blick der Krähenfrau veränderte
sich. »Aber an so etwas habe ich nicht gedacht.«
    Bernina schwieg.
    »Dass sich mein Mädchen verlieben könnte, das kommt wirklich mehr
als unerwartet.«
    »Ich bin nicht verliebt«, betonte Bernina.
    »Du kannst mir nichts vormachen.«
    »Cornix, ich kann doch nicht mein Leben in einer Hütte im Wald
fristen. Ich brauche eine Aufgabe.«
    »Du kannst noch so viel von mir lernen und das zu deiner Aufgabe
machen«, widersprach die Krähenfrau.
    »Nein«, ließ Bernina sich nicht umstimmen. »Eines Tages will ich
eine Familie haben, Kinder, für die ich sorge. Ich bin schon 20 Jahre alt. Ich
muss die Welt sehen, das ist mir jetzt klar geworden.«
    Die Härte in den Augen der Krähenfrau wich etwas anderem, einer
Mischung aus Enttäuschung und Angst, aus Widerwille und Panik.
    »Du darfst nicht gehen!«
    Völlig verwundert über diesen Ausbruch starrte Bernina sie an.
»Weshalb sollte ich nicht gehen?«
    »Glaub mir, du darfst nicht.« Cornix rückte nah an sie heran,
stülpte sogar ihre rissigen Finger über Berninas Hand. »Ich weiß, ich hätte es
dir schon früher sagen müssen, aber …«
    »Ja?«
    »Der Überfall auf den Petersthal-Hof …«
    »Ja, sprich bitte weiter.«
    »Der Überfall hatte nichts mit dem Krieg zu tun.«
    Stille breitete sich aus, stand in der Hütte, füllte sie
vollkommen aus.
    »Dann waren diese Reiter überhaupt keine
Söldner?« Berninas Stimme stach in die Ruhe. »Sie gehörten keiner Armee an?«
    »Sie verkaufen ihre Waffen an den, der am besten bezahlt. Insofern
sind sie wie Söldner. Aber nein, sie gehören keiner Armee an.«
    »Du weißt also mehr?« Berninas Verdacht hatte sich bestätigt.
»Warum dieses Schweigen?«
    »Um dich zu schützen, Bernina.« Die Krähenfrau ließ ihre Hand los
und wischte sich die Tränen von den Wangen. »In der Tat, ich weiß mehr. Doch
auch nicht alles. Der Petersthal-Hof birgt ein Geheimnis. Ein großes Geheimnis,
das mit seiner Vergangenheit zu tun hat. Der Anführer der Reiter …«
    »Du hast ihn also doch gesehen?«
    »Ja, das habe ich. Und früher, viel früher, bin ich ihm bereits
einige Male begegnet. Der Mann stammt nicht aus unserer Gegend, aber er hatte
hier zu tun. Er verkehrte auf dem Hof. Er kam öfter auf seinem Pferd
angeritten, traf sich mit Wolfram Vogt, wurde bewirtet.«
    »Wer ist dieser Mann?«
    Ein ganz leichtes Kopfschütteln. »Ich weiß es wirklich nicht,
Bernina.«
    »Sein Name?«
    »Ich habe seinen Namen nie gehört. Niemand kennt seinen Namen.«
    »Wolfram Vogt kannte ihn, nehme ich an.«
    »Wahrscheinlich.«
    »Also diente der Überfall dazu, den Hof in Flammen aufgehen zu
lassen und die Menschen zu töten, die dort lebten? Das war keine Plünderung wie
durch die Armee Arnims von der Tauber?«, wollte Bernina atemlos wissen.
    »Davon bin ich überzeugt. Und deshalb darfst du dich auch nicht
sehen lassen, darfst nirgendwo hingehen, bis keiner mehr von dieser
schrecklichen Sache redet und die Reiter nicht mehr in der Gegend sind.«
    »Sind sie denn noch hier?«
    »Oh ja, mein Kind, immer wieder hört man von ihnen. Schlimme
Geschichten.«
    »Aber warum sollte ich mich verstecken? Ausgerechnet ich? Ich war
doch bloß eine Magd auf diesem Hof. Ich bin doch für keine Menschenseele von
Bedeutung.«
    Cornix hob kurz ihre Schultern. »Ich sagte
dir, dass ich nicht viel weiß. Aber über eines bin ich mir sicher. Es kann für
dich sehr gefährlich werden, wenn Fremde erfahren, dass du vom Petersthal-Hof
stammst. Dieser Überfall diente dazu, den Hof untergehen zu lassen – und
jeden Menschen, der mit ihm zu tun hatte.«
    »Wie kannst du davon so überzeugt sein?«
    »Weil ich es gehört habe.«
    »Von wem?«
    »Da waren Stimmen.«
    »Stimmen?« Bernina forschte in Cornix’ Zügen.
    »Ja, tagsüber höre ich mich bei den Menschen der umliegenden
Dörfer um. Und nachts höre ich mich bei den Stimmen um.« Das Gesicht der
Krähenfrau überzog sich mit einem Schatten, ihr Blick richtete sich nach innen,
und die Worte kamen zischend über ihre Lippen. »Bei Stimmen, die mir
Geheimnisse zuflüstern. Und von

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