Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
nur ein paar kurze Gesten, um ihnen klarzumachen, was er von ihnen erwartete. Laut bellend jagten die Tiere gleich einem rotbraunen und einem schwarz-weißen Blitz über das Gelände. Die Schafe bemerkten sie sofort, hörten auf zu grasen und hoben die Köpfe.
Fasziniert beobachtete Shelly, wie der lohfarbene Abraxas, kurz bevor er die ausgerückten Tiere erreichte, abrupt abbremste und eines der Schafe mit starrem Blick fixierte, während Nemesis die übrigen zusammentrieb.
»Was tut er denn da?«, fragte sie kopfschüttelnd.
»Er ist der sogenannte strong eyed dog «, erklärte Josh. »Abraxas erkennt aus Erfahrung das unsicherste Tier in der Gruppe. Er fixiert es mit einem so starren, intensiven Blick,dass der angeborene Fluchtreflex des Schafes greift und es davonläuft – selbstverständlich in die gewünschte Richtung. Nemesis treibt derweil die anderen Schafe zusammen, die instinktiv dem fliehenden Tier folgen – er ist der Huntaway , der mehr für die groben Hütearbeiten zuständig ist. Die beiden sind ein absolut eingespieltes Team.«
Shelly war ehrlich beeindruckt. Innerhalb kürzester Zeit hatten die beiden Hunde es geschafft, die Ausreißer auf das Gelände hinter dem Unterstand zu treiben.
»Komm, wir gehen zurück zum Jeep und folgen ihnen über die Straße.« Als sie Shellys fragenden Blick bemerkte, lächelte er. »Keine Sorge, Nemesis und Abraxas haben die Situation im Griff. Sie wissen aus Erfahrung, dass Sie die Tiere zurück zur Farm treiben müssen. Meine Hilfe brauchen sie dafür nicht, die beiden kommen hervorragend allein klar.«
Obwohl es inzwischen nicht mehr regnete, gestaltete sich der Rückweg zu Joshs Wagen schwierig. Es ging steil hangabwärts, und der Boden war aufgeweicht und glitschig, sodass Shelly immer wieder ins Rutschen geriet.
Und dann passierte es: Sie glitt aus, und ein heiserer Schrei entfuhr ihrer Kehle. Hilfe suchend ruderte sie mit den Armen, doch es gelang ihr nicht, das Gleichgewicht zu halten, und sie kippte nach hinten weg. Nur Joshs beherztes Zugreifen verhinderte, dass sie schmerzhafte Bekanntschaft mit dem Boden machte.
Er zog sie in seine Arme.
»Hoppla!«, rief er lachend. »Was war das denn?«
Ein wohliger Schauer durchrieselte Shelly. Sie schaute zu Josh auf, sein Blick hielt sie gefangen. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals, und sie hatte weiche Knie. Die Zeit schien stillzustehen.
Zärtlich strich Josh ihr übers regennasse Haar und zeichnetemit den Fingerspitzen die Konturen ihres Gesichts nach. Es war ein Gefühl, als würde sie auf Wolken schweben, und sie sehnte sich danach, seine Lippen auf ihren zu spüren.
Doch als er den Kopf herabsenkte, um sie zu küssen, machte sie sich von ihm los. »Nein, nicht …!«
»Was ist los?« Er trat auf sie zu, wollte sie wieder umarmen, doch sie wandte sich ab und verschränkte die Arme vor der Brust.
Was los war? Genau auf diese Frage hätte sie selbst gern eine Antwort gehabt. Sie hatte sich so sehr gewünscht, dass er sie küssen würde. Doch als es dann so weit war, meldete sich plötzlich eine warnende innere Stimme zu Wort. Konnte sie wirklich absolut sicher sein, dass Josh auf ihrer Seite stand? Dass er nichts mit den gemeinen Intrigen zu tun hatte, mit denen seine Mutter versuchte, sie und ihre Familie aus dem Tal zu vertreiben?
Shelly atmete tief durch und drehte sich wieder zu ihm um. »Josh, ich muss dich etwas fragen.«
»Wenn’s weiter nichts ist …« Er zuckte mit den Achseln. »Schieß los.«
»Sag mir die Wahrheit: Hast du es immer noch darauf abgesehen, mir die Farm meines Großvaters abzukaufen?«
Shellys innere Anspannung stieg, während sie auf Joshs Antwort wartete. Er hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass er ebenso wie seine Mutter das Grundstück kaufen wollte. Doch in den vergangene Wochen waren sie einander so nahegekommen, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Er hatte ihnen so oft geholfen – sie konnte, nein sie wollte nicht daran glauben, dass er noch immer gegen sie arbeitete.
Aber zu ihrer völligen Überraschung nickte Josh. »Natürlich«, sagte er. »Das weißt du doch.«
Seine Worte trafen sie bis ins Mark. Mit einem Mal warihr eisig kalt. Abrupt kehrte sie ihm den Rücken zu, damit er nicht bemerkte, wie aufgewühlt sie war. Sie schlang die Arme um ihren Körper. »Dann haben wir das ja geklärt«, entgegnete sie kühl. »Du bist eben doch nur der Sohn deiner Mutter.«
»Was soll das heißen?« Er griff nach ihrem Arm und wollte sie zu sich
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