Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)
gestikulierende Mädchen zuraste. Dann brach der Wagen ganz plötzlich nach rechts aus, schleuderte haarscharf an Kim vorbei und landete mit einem Ruck im flachen Straßengraben.
Sekundenlang saß Josh benommen da, ehe er realisierte, was geschehen war. Dann blinzelte er heftig und tastete mit zittrigen Fingern nach dem Verschluss des Sicherheitsgurts.
»Kim!« Er kletterte aus dem Wagen und lief zu Shellys Tochter, die mit schreckgeweiteten Augen dastand – scheinbar unfähig, sich zu rühren. Erst als er sie umarmte, ging ein Beben durch ihren Körper, und sie schluchzte auf. »Kleines,ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte er besorgt. Er hielt sie auf Armeslänge von sich und musterte sie eindringlich. »Was machst du denn hier mitten auf der Straße?«
Kim schluchzte jetzt so heftig, dass sie kaum in der Lage war, einen zusammenhängenden Satz hervorzubringen. Nur mit Mühe verstand Josh vereinzelte Worte, darunter »Messer« und »verletzt«, die seine Besorgnis verständlicherweise noch weiter wachsen ließen.
»So, jetzt noch einmal ganz langsam.« Er schüttelte Kim sanft. »Was ist passiert? Stimmt zu Hause etwas nicht? Ist was mit deiner Mutter?«
Kim atmete zitternd ein und schloss die Augen. Als sie anschließend sprach, klang ihre Stimme beinahe wie immer: »Du musst meiner Mom und Lenny helfen. Mein Vater … Adrian ist auf einmal aufgetaucht. Er hat Mom mit einem Messer bedroht.« Sie bebte am ganzen Körper, und ihre Augen schwammen in Tränen. »Lenny und ich wollten abhauen, um Hilfe zu holen. Er ist gestürzt. Ich glaube, es hat ihn ziemlich schwer erwischt. Ich …« Sie stockte, fing sich aber wieder. »Ich habe Angst, dass Adrian Mom etwas antut! Bitte, Josh, du musst Lenny und ihr helfen!«
Josh hatte nur die Hälfte von dem, was Kim gesagt hatte, wirklich begriffen; er wusste weder, was es mit ihrem Vater auf sich hatte, noch was genau mit Kims Freund passiert war. Doch eines war mehr als klar: Shelly und Lenny waren in Gefahr. Und deshalb galt es, keine Zeit zu verlieren!
Kurzerhand verfrachtete er Kim auf den Beifahrersitz seines Jeeps. Der Wagen war hart im Nehmen und hatte auch den Sturz in den Straßengraben schadlos überstanden. Ein paar Beulen und Kratzer hatte er sicherlich davongetragen, doch er sprang ohne Murren an.
Josh verfluchte sich dafür, dass er bei seinem überstürztenAufbruch von Emerald Downs sein Handy vergessen hatte. Doch er musste ohnehin erst einmal Kim in Sicherheit bringen, ehe er Shelly und dem Jungen zur Hilfe eilen konnte. Zum Glück war das Haus von Megan Raleighs Familie nicht weit entfernt.
»Um Himmels willen, Josh, was ist denn mit der Kleinen los?«, fragte Julia Raleigh, als sie die Tür öffnete und die in Tränen aufgelöste Kim erblickte.
»Kim!« Megan drängte sich an ihrer Mutter vorbei und schloss ihre Freundin in die Arme. »Was hast du denn?«
»Mein Vater …«, stieß sie schluchzend aus. »Er ist hier … Er hat meine Mom und Lenny … O Gott, ich glaube, er ist verrückt geworden! Ich hab solche Angst, Megan!«
»Ist dein Mann da, Julia?«, wandte Josh sich an Megans Mutter. »Ich weiß nicht genau, was da bei Shelly los ist, aber ich glaube, ein bisschen Hilfe könnte nicht schaden.«
»Tut mir leid, Aaron ist geschäftlich nach Dunedin, aber … Warte mal kurz!« Sie verschwand im Haus und kehrte keine zwei Minuten später mit einem Gewehr und einer vollen Schachtel Munition zurück. »Hier«, sagte sie. »Nur für den Fall der Fälle …«
Er nickte dankbar. »Kümmert euch um die Kleine, ja?«
»Nein!«, schrie Kim entsetzt und klammerte sich an Josh. »Bitte, nimm mich mit! Ich will nicht hierbleiben!«
Sanft legte Julia ihr eine Hand auf die Schulter. »Komm schon, Mädchen. Du würdest Josh doch nur im Weg herumstehen. Wir informieren jetzt die Polizei, damit er so schnell wie möglich Verstärkung bekommt.«
Zögernd nickte Kim und ließ sich von Julia und Megan ins Haus führen. Josh warf das Gewehr auf die Rückbank seines Jeeps und klemmte sich anschließend hinters Steuer.
Dann machte er sich auf den Weg zur Makepeace-Farm.
»Bitte, Adrian, so nimm doch Vernunft an.« Verzweifelt zerrte Shelly an ihren Fesseln, doch alles, was sie erreichte, war, dass sich die dünnen Plastikschnüre noch schmerzhafter in ihr Fleisch gruben. Adrian hatte sie, nachdem er den bewusstlosen Lenny draußen vor dem Haus entdeckt hatte, in den Geräteschuppen der Farm gezerrt und sie mit einem Stück Wäscheleine an einen von den
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