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Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)

Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Maori-Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Stevens
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alten Stühlen gebunden, die Hal aufarbeiten wollte. Der verletzte Lenny lag reglos vor ihr am Boden und sah mehr tot als lebendig aus. Und das würde er auch bald sein; Adrian war gerade mit einem Kanister in den Schuppen zurückgekehrt, dem ein unverkennbarer Geruch entströmte.
    Und dann würde nicht nur Lenny tot sein, sondern auch sie selbst.
    Es war der durchdringende Gestank von Benzin, der jetzt den winzigen Raum erfüllte und nicht nur das Atmen, sondern auch das Denken erschwerte.
    »Ich verstehe ja, dass du dich an mir rächen willst«, versuchte Shelly weiter, an die Vernunft ihres Exmannes zu appellieren. Sie wusste nicht, was mit Lenny passiert war, aber sie wollte auf keinen Fall, dass Adrian ihn in diese hässliche Sache mit hineinzog. »Aber lass um Himmels willen den Jungen aus dem Spiel. Er hat doch überhaupt nichts damit zu tun!«
    Ungerührt fing Adrian an, das Benzin überall zu versprengen. Ohne sie nur eines Blickes zu würdigen, sagte er: »Es ist mir scheißegal, was aus dem Bengel wird, verstehst du? Ich bin sowieso nur auf Kaution draußen, und wenn ich mit dir fertig bin, werde ich den Rest meines Lebens im Knast verbringen – was macht da schon ein Toter mehr oder weniger? Wichtig ist nur, dass du deine Strafe bekommst, Miststück!«
    Shelly spürte, wie ihr die Tränen kamen, doch sie blinzelte sie weg. Denk nach! Denk nach, verdammt noch mal!
    Doch so sehr sie sich auch das Hirn zermarterte – die Situation war ausweglos. Sie würde hier und heute sterben. Ihre einzige Hoffnung war, dass Lenny irgendwie heil aus dieser Sache herauskam. Und sie dankte dem Himmel, dass Kim und Will in Sicherheit waren. Adrian schien völlig den Verstand verloren zu haben. Sie traute ihm zu, dass er auch ihre gemeinsamen Kinder in seinen Rachefeldzug mit einbezog.
    Sie keuchte erschrocken auf, als einige Spritzer Benzin auf sie niederregneten. Doch als sie Adrians hasserfülltes Lachen hörte, biss sie sich auf die Lippe, schloss die Augen und zwang sich, an etwas Schönes zu denken. Sollte Adrian sie doch töten – sie würde ihm nicht den Triumph gönnen, dass er sie um ihr Leben flehen hörte.
    Seltsamerweise waren alle schönen Erinnerungen, die Shelly in den Sinn kamen, mit Josh verknüpft. Josh und die Kinder, wie sie gemeinsam die Herde zusammentrieben. Josh und sie am Nugget Point, im Stall in der Nacht des Pfarrfestes …
    Shellys Herz zog sich zusammen vor lauter Liebe zu ihm. Warum erkannte man immer erst zu spät, was ein Mensch einem bedeutete? Nun würde sie nie die Gelegenheit bekommen, ihn um Verzeihung zu bitten und ihm alles zu erklären. Er würde nie erfahren, warum es ihr so schwergefallen war, Vertrauen zu ihm zu fassen. Und dass sie nach der bitteren Erfahrung mit Adrian geglaubt hatte, nie wieder einen Mann von ganzem Herzen lieben zu können.
    Erst jetzt war ihr klar geworden, wie sehr sie sich getäuscht hatte.
    »Zeit zum Sterben«, sagte Adrian und holte sie damit wieder in die grausame Realität zurück.
    Er hielt ein Feuerzeug in der Hand und machte Anstalten, es zu entzünden.
    »Neeeiiiin!«, schrie Shelly und bäumte sich verzweifelt auf – doch statt ihre Fesseln zu sprengen, geriet nur der Stuhl, an den sie gefesselt war, ins Kippeln. Sie versuchte noch, das Gleichgewicht wiederzuerlangen, doch es war zu spät.
    Ein unvorstellbarer Schmerz zuckte durch ihren Schädel, als sie mit dem Hinterkopf auf dem harten Steinboden aufprallte.
    Dann wurde es schwarz um sie herum …

 
    3
    Emerald Downs, Aorakau Valley – am Vormittag des 26. September 1954
    »Du wirst schon sehen, May«, sagte Callum schwärmerisch. »Stewart Island wird dir gefallen, da bin ich ganz sicher. Von Bluff aus brauchen wir mit dem Schiff über die Faveaux Strait ungefähr zwei Stunden bis zur Halfmoon Bay. Und von der Hauptstadt Oban aus sind es noch einmal knapp sechzig Minuten bis zur Fischerhütte. Ich war das letzte Mal als kleiner Junge dort, aber ich fand es schrecklich aufregend. Der Wind, die hohen Wellen und die raue Felsküste …«
    »Mit anderen Worten, es ist das Ende der Welt«, seufzte May betrübt, und im Stillen fügte sie hinzu: Wenn ich erst mal dort bin, werde ich Ben niemals wiedersehen …
    Beim Gedanken an Ben wurden ihre Augen feucht. Sie wusste inzwischen, warum er vor zwei Tagen so überraschend alle Heimlichkeiten beendet hatte. Callum war einerihrer Briefe in die Hände gefallen. Zwar glaubte sie nicht, dass ihr Cousin damit gleich zu seinem Vater gegangen wäre,

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